Leitsätze:
1. Führt ein Vermieter Modernisierungsmaßnahmen durch, ohne dass eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung vorliegt, kann der Mieter im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens Unterlassung und Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen.
2. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung darf nur dann von einer Sicherheitsleistung des Antragstellers nach §§ 921, 936 ZPO abhängig gemacht werden, wenn es an einer hinreichenden Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund fehlt.
LG Berlin vom 8.5.2014 – 63 T 49/14 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Urteilstext
Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Insbesondere ist sie statthaft. Gegen einen Beschluss, durch den die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung stattgegeben wurde, steht dem Antragsteller der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde zu, wenn er den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Sicherheitsleistung beantragt hat (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 921 Rn 6). Die sofortige Beschwerde wurde zudem form- und fristgerecht (§ 569 Abs. 1 u. 2 ZPO) eingelegt.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Das Amtsgericht hat die Vollziehung der einstweiligen Verfügung zu Unrecht davon abhängig gemacht, dass die Antragsteller eine Sicherheit in Höhe von 15.000,00 Euro leisten.
Ein Fall von §§ 921 S. 1, 936 ZPO liegt hier nicht vor. Es fehlt nicht an einer hinreichenden Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund.
Führt ein Vermieter Modernisierungsmaßnahmen durch, ohne dass eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung vorliegt, kann der Mieter im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens Unterlassung und Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen (Landgericht Berlin, Beschl. v. 12. März 2012 – 63 T 29/12 – NJW-RR 2012, 1229f; Palandt-Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 555d Rn 20).
Hier ist davon auszugehen, dass es sich bei den Arbeiten im Dachgeschoss um Modernisierungsarbeiten handelt. Modernisierungsmaßnahmen sind auch solche baulichen Veränderungen, durch die neuer Wohnraum geschaffen wird (§ 555b Nr. 7 BGB). Aus dem Schreiben der Hausverwaltung vom 17. Februar 2014 ergibt sich, dass das Dachgeschoss ausgebaut werden soll und drei neue Nutzungseinheiten im Loftstil geschaffen werden sollen.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ergibt sich aus dem Schreiben der Hausverwaltung vom 20. März 2014 gerade nicht, dass es sich bei den Arbeiten im Dachgeschoss um bloße Instandsetzungsarbeiten handelt. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass am 24. März 2014 mit vorbereitenden Arbeiten im Zusammenhang mit dem Dachgeschossausbau begonnen werden soll.
Wenn aber diese Arbeiten im Zusammenhang mit dem Dachgeschossausbau stehen und dessen Vorbereitung dienen, sind sie bereits als Teil der Modernisierungsarbeiten anzusehen und zwar selbst dann, wenn sie teilweise auch der Instandsetzung dienen. Die von der Hausverwaltung im letztgenannten Schreiben geäußerte Auffassung, beim Dachausbau handle es sich keineswegs um Modernisierungsarbeiten ist im Hinblick auf die bereits zitierte Vorschrift des § 555 b Nr. 7 BGB unzutreffend. Auch aus dem Schreiben der Hausverwaltung vom 19. März 2014 ergibt sich im Übrigen, dass das Gerüst aufgestellt werden soll, um mit dem Dachausbau beginnen zu können. Danach bedarf es keiner vertieften Erörterung, dass sich schon aus den von den Antragstellern mit dem Beschwerdeschriftsatz eingereichten Lichtbildern ergeben dürfte, dass die Dachkonstruktion bereits im Hinblick auf den geplanten neuen Wohnraum verändert wurde, um dort den Einbau großer Fenster zu ermöglichen.
Die Ankündigungsfrist (§ 555c Abs. 1 S. 1 BGB) ist nicht abgelaufen.
Nach den vorstehenden Ausführungen bedarf es keiner Entscheidung, ob ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund selbst dann bestehen würden, wenn es sich bei den bisher durchgeführten Arbeiten lediglich um Instandsetzungsarbeiten handeln würde (vgl. dazu Landgericht Berlin, Beschl. v. 7. August 2012 – 63 T 118/12 – Grundeigentum 2012, 1231).
Es besteht auch kein Grund für die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach §§ 921 S. 2, 936 ZPO. Voraussetzung dafür ist, dass [wegen nicht hinreichender] Glaubhaftmachung zum Schutz des Antragsgegners die Anordnung einer Sicherheitsleistung erforderlich erscheint, z.B. wegen der schlechten Vermögensverhältnisse des Antragstellers, welche die Durchsetzung eines späteren Schadensersatzanspruchs des Antragsgegners gefährden (Musielak/Huber, ZPO, 11. Aufl., § 921 Rn 7). Das Vorliegen solcher Umstände ist hier aber nicht ersichtlich. Insoweit wird insbesondere auch vom Antragsgegner in seiner Stellungnahme vom 7. Mai 2014 nichts vorgetragen. Nach den obigen Ausführungen sind auch keine sonstigen Defizite bei der Prüfung des Verfügungsanspruchs ersichtlich, die aufgrund des Charakters des vorliegenden Verfahrens als Eilverfahren zu Unsicherheiten hinsichtlich der getroffenen Entscheidung führen und die Anordnung einer Sicherheitsleistung rechtfertigen können (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 22. November 2011 – I-20 U 110/11, 20 U 110/11 – GRURPrax 2012, 69).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 GKG. Maßgeblich ist insoweit nicht die Höhe der vom Amtsgericht angeordneten Sicherheitsleistung. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die Antragsteller mit ihrem Rechtsbehelf die Vollziehbarkeit der vom Amtsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung ohne Sicherheitsleistung erstreben. Der Wert auch des Beschwerdeverfahrens ist deshalb gemäß den Angaben der Antragsteller in der Antragsschrift mit bis zu 1.000,00 Euro zu bemessen.
01.01.2018