Leitsatz:
Die öffentliche Annoncierung zur Untervermietung der Mietsache als Ferienwohnung ohne Erlaubnis des Vermieters stellt – nach Abmahnung – ein zur fristlosen Kündigung nach § 543 BGB berechtigendes Verhalten dar.
AG Charlottenburg vom 7.12.2015 – 237 C 280/15 –
Mitgeteilt von RAin Evelyn Meyer
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mieter wurde wegen unerlaubter Untervermietung der Wohnung an Touristen unter Bezugnahme auf eine Anzeige im Internet gekündigt. In dem Rechtsstreit konnte nicht nachgewiesen werden, dass er die Wohnung an Touristen nach der Abmahnung vermietet hatte.
Festgestellt wurde allerdings, dass die Wohnung einige Zeit nach der Abmahnung weiterhin im Internet als Ferienwohnung angeboten wurde.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit rechtskräftigem Urteil (vgl. Beschluss des LG Berlin vom 23.5. 2016 – 18 S 23/16 –) entschieden, das schon in dem Wohnungsangebot eine gravierende Pflichtverletzung liege, weil der Mieter damit der Öffentlichkeit und dem Vermieter gegenüber zum Ausdruck bringe, die vertragswidrige entgeltliche Überlassung der Mietsache an Touristen ungeachtet einer Abmahnung fortsetzen zu wollen. Dies sei eine gravierende Pflichtverletzung, die eine Kündigung rechtfertige. Ungehört blieb das Verteidigungsvorbringen des Mieters, der vortrug, er habe nicht gewusst, wie er das Wohnungsangebot im Internet löschen könne.
Urteilstext
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Räumung der von ihm gemieteten Wohnung in Anspruch. Der Beklagte mietete gemäß Mietvertrag vom 30.7.2002 ab 1.9.2002 die 37,68 m2 große 1-Zimmer-Wohnung im 4. OG rechts des·Quergebäudes G.-Str. xx in 10xxx Berlin.
In das mit der D. AG als Voreigentümerin des Hauses begründete Mietverhältnis trat schließlich die Klägerin durch Eigentumserwerb ein. Sie wurde am 12.11.2012 als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Laut Auskunft aus dem Melderegister vom 17.2.2015 ist der Beklagte nicht nur unter der Berliner Anschrift, sondern außerdem unter der weiteren Anschrift A. Weg xx, 27xxx Cuxhaven gemeldet. Die klägerische Hausverwaltung verfasste ein Kündigungsschreiben vom 10 3.2015.an den Beklagten unter der Anschrift in Cuxhaven, mit dem sie die fristlose Kündigung wegen unerlaubter Untervermietung der Wohnung an Touristen unter Bezugnahme auf Anzeigen im·Internet erklärte. Den Zugang dieses Schreibens bestreitet der Beklagte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 9.6.2015 wurde der Beklagte anschließend wegen der Vermietung der 1 Zimmer-Wohnung aus dem Bestand der Klägerin als Ferienwohnung für Berliner Touristen abgemahnt unter Hinweis darauf, er habe trotz der Kündigung vom 10.3.2015 sein vertragswidriges Verhalten nicht geändert und inseriere die Wohnung weiterhin als Ferienwohnung unter zwei unterschiedlichen lnternetadressen.
Der Beklagte wurde in dem Schreiben aufgefordert, es zukünftig zu unterlassen, die Wohnung unter den genannten Internetadressen oder in sonstigen Internetportalen als Ferienwohnung für Berlin-Touristen zu inserieren. ln dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass die entgeltliche Überlassung der vermieteten Wohnung an Touristen oder das·öffentliche Angebot dazu mangels Erlaubnis durch die Klägerin vertragswidrig sei und dass der Beklagte im Wiederholungsfall mit einer erneuten Kündigung des Mietverhältnisses rechnen müsste. Mit anwaltlichem Schreiben vom 3.7.2015 wurde sodann eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses erklärt unter Hinweis darauf, der Beklagte habe die Wohnung weiter als Ferienwohnung im Internet angeboten und die Wohnung vom 11. 1. bis 14.1.2016 an eine Frau N. vermietet. in dem Schreiben wurde der Beklagte auch zur Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 255,85 € mit einer konkreten Berechnung aufgefordert. Die Abmahnung vom 9.6.2015 und das Kündigungsschreiben vom 3.7.2015 ließ die Klägerin dem Beklagten unter der Anschrift in Cuxhaven durch einen Gerichtsvollzieher zustellen, wodurch ihr Kosten in Höhe von insgesamt 22,40 € entstanden. Die Zustellungen erfolgten am 1.7. und 9.7.2015.
Die derzeit von dem Beklagten gezahlte monatliche Miete beläuft sich auf insgesamt 229,96 €, wobei 143,96 € auf die Nettokaltmiete entfallen.
Die Klägerin hält ihre fristlosen Kündigungen für wirksam und meint, der Beklagte habe ihre Rechte dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache gewerblich an Touristen vermiete und hierzu die Mietsache an Dritte über das Internet angeboten habe, ohne zuvor bei ihr eine Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung einzuholen. Sie vertritt die Auffassung, der Beklagte sei außerdem zur Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten und der Zustellkosten verpflichtet.
Die Klägerin beantragt, wie aus dem Tenor ersichtlich zu erkennen, wobei sie jedoch Zinsen auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten schon seit dem 1.8.2015 fordert.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt er Räumungsfristverlängerung.
Der Beklagte beruft sich darauf, eine unerlaubte Untervermietung der streitbefangenen Wohnung durch ihn habe im Jahr 2015 tatsächlich nicht stattgefunden. Die Wohnung werde zwar im Internet geführt, sei aber im Jahr 2015 nicht als freivermerkt, und war weder vor der Abmahnung vom 9.6.2015 noch zu einem späteren Zeitpunkt. Insoweit bezieht sich der Beklagte auf eine Bestätigung der Agentur a.- F. vom 16.9.2015. Der Beklagte bestreitet, dass eine Buchung und Anzahlung durch eine Frau N. überhaupt stattgefunden haben. Außerdem bestreitet er, dass der vorgelegte Buchungsauftrag von einer Agentur stammt und trägt vor, die lnteressentin habe keinen Kontakt zu ihm aufgenommen. Der Beklagte vertritt die Auffassung, das bloße Anbieten einer Wohnung stelle noch keine Untervermietung und auch keine sonstige mietvertragliche Pflichtverletzung dar, die eine Kündigung rechtfertigen könnte. Er macht außerdem geltend, die Schreiben vom 9. 6. und 3.7.2015 seien nicht an seine ladungsfähige Adresse zugestellt worden, sondern an die seiner pflegebedürftigen Mutter, und zwar im Gegensatz zu sonstigen Schreiben betreffend das Mietverhältnis und zur Zustellung der Klageschrift. Der Beklagte beruft sich darauf, er zahle regelmäßig und pünktlich die monatliche Miete. Er verfüge über keinen Ersatzwohnraum und sei finanziell nicht in der Lage, deutlich höhere Mieten zu zahlen, was die Suche auf dem ohnehin angespannten Berliner Wohnungsmarkt erschwere.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und bis auf Zinsen auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten auch in vollem Umfang begründet.
Der Beklagte ist gemäß §§ 546 Abs. 1, 985 BGB verpflichtet, die von ihm gemietete Wohnung geräumt an die Klägerin herauszugeben. Denn das Mietverhältnis der Parteien ist jedenfalls durch die fristlose Kündigung vom 3.7.2015 wirksam beendet worden und dem Beklagten steht deshalb kein Recht zum Besitz an der Wohnung gemäß § 986 Abs. 1 S.1 BGB mehr zu.
Der Beklagte hat nicht bestritten, das Kündigungsschreiben vom 3.7.2015 und die dem Schreiben vorausgegangene Abmahnung vom 9.6.2015 erhalten zu haben. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, in Cuxhaven habe er keine ladungsfähige Anschrift, weil er ausweislich einer Melderegisterauskunft unter der dortigen Anschrift mit gleichwertigem, weiterem Wohnsitz gemeldet war. Es erscheint auch nicht treuwidrig, dass die Klägerin ihre Schreiben an die Anschrift in Cuxhaven geschickt hat, selbst wenn sonstiger Schriftwechsel während des Mietverhältnisses mit dem Beklagten unter der Berliner Anschrift erfolgt sein sollte. Denn da die Klägerin wegen der Angebote der Wohnung im Internet von einer vollständigen Überlassung der 1-Zimmer-Wohnung an Touristen ausgehen musste erscheint es nur folgerichtig, dass sie ihre Erklärungen unter der anderen ihr bekannten Anschrift an den Beklagten versandt hat.
Die klägerische Kündigung vom 3.7 2015 wird schon gemäß § 543 Abs. 1 8GB für wirksam erachtet, ohne dass es noch darauf ankommt, ob eine unbefugte Gebrauchsüberlassung der Mietsache durch den Beklagten an Dritte im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB tatsächlich erfolgt ist. Denn schon deshalb, weil der Beklagte die Wohnung im Internet als Ferienwohnung für Touristen angeboten hat und die Inserate auch nach Abmahnung vom 9.6.2015 nicht entfernt hat bzw. hat entfernen lassen, war für die Klägerin ein wichtiger Grund zur Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 543 Abs. 1. BGB gegeben. Schon durch das Angebot der 1-Zimmer-Wohnung zur Untervermietung an Touristen verletzte der Beklagte nämlich seine mietvertraglichen Pflichten, weil er grundsätzlich nicht zur Untervermietung der Wohnung berechtigt war. Denn gemäß § 553 BGB kommt ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn lediglich ein Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch überlassen werden soll. Hier wurde jedoch die gesamte 1-Zimmer- Wohnung angeboten. Der Beklagte behauptet auch nicht, dass er mit der Klägerin oder ihren Rechtsvorgängern eine von der Gesetzeslage abweichende Vereinbarung getroffen hatte, die ihn zur Untervermietung berechtigen würde. Bei sachgerechter Interessenabwägung kann der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden. Denn der Beklagte hat zu erkennen gegeben, dass er nicht dazu bereit ist, die Wohnungsangebote im Internet zu löschen bzw. löschen zu lassen, obwohl er keinen Anspruch darauf hat, sich eine zusätzliche Einnahmequelle durch vertragswidrige Untervermietung zu verschaffen. Soweit der Beklagte mit erst im Verhandlungstermin überreichten Schriftsatz behauptet hat, er habe nicht gewusst, wie der Eintrag seiner Wohnung insgesamt gelöscht werden könnte und es sei ihm nur eine Blockierung der Wohnung im Internet bis zum 31.12. 2015 technisch möglich gewesen, kann dieser Vortrag ihn nicht entlasten. Denn es ist weder ersichtlich noch hat der Beklagte einen Nachweis dafür erbracht, dass die Vermittlungsagenturen, über deren Internetseiten die Wohnung angeboten wurde, nicht schon nach Zustellung der Abmahnung vom 9.6.2015 am 1.7.2015 eine komplette Löschung seines Wohnungsangebots hätten vornehmen können, wenn er sie unverzüglich dazu aufgefordert hätte. Aus der von dem Beklagten eingereichten Anlage 81 ergibt sich im Übrigen, dass sein Wohnungsangebot bei „a.“ erst am 13.7.2015, also erst nach Zugang der fristlosen Kündigung am 9.7.2015, überhaupt „deaktiviert“ wurde. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, das bloße Angebot einer Wohnung im lnternet berechtige noch nicht zu einer Kündigung, kann das Gericht dieser Auffassung auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Landgerichts Berlin nicht folgen. Denn danach liegt schon in dem Wohnungsangebot eine gravierende Pflichtverletzung, weil der Mieter damit der Öffentlichkeit und gleichzeitig dem Vermieter gegenüber schlüssig, aber gleichzeitig unmissverständlich zum Ausdruck bringt, die vertragswidrige entgeltliche Überlassung der Mietsache an Touristen ungeachtet einer Abmahnung fortsetzen zu wollen. Mit einem solchen Verhalten verletzt der Mieter seine vertraglichen Pflichten erheblich, indem er sich nicht nur über seine mietvertraglichen Befugnisse hinaus als Eigentümer der Mietsache geriert, sondern auch das Vertrauen des Vermieters in die künftige Redlichkeit seines Vertragspartners in schwerwiegender Weise erschüttert (so LG Berlin GE 2015, 452).
Die Klägerin kann gemäß § 280 Abs. 1 BGB auch die Erstattung der durch das Kündigungsschreiben vom 3.7.2015 veranlassten außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 255,85 € sowie der für die Zustellung der Abmahnung und der Kündigung angefallenen Kosten in Höhe von 22,40 € verlangen. Die Berechnung der zu erstattenden Anwaltskosten auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr nach dem Gegenstandswert des Jahresbetrages der derzeitigen Nettokaltmiete ist nicht zu beanstanden. Zinsen auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten können der Klägerin aber erst ab Rechtshängigkeit, nämlich nach Klagezustellung am 4.9.2015 ab 5.9.2015 gemäß §§ 187 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB zugesprochen werden. Denn Verzug des Beklagten ist nicht schon durch die erstmalige Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 3.7.2015 mit einseitiger Fristsetzung zum 31.7. 2015 eingetreten, weil § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur anwendbar ist, wenn durch vertragliche Vereinbarung ein Leistungszeitpunkt bestimmt ist. Eine einseitige Bestimmung durch den Gläubiger genügt grundsätzlich nicht (vgl. Palandt Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 286 BGB Rz. 22 m. w. N.).
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 7, 711 S. 1 ZPO. Im Hinblick auf § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO musste keine besondere Art der Sicherheitsleistung im Tenor bestimmt werden, obwohl die Klägerin ausdrücklich beantragt hat, die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft erbringen zu dürfen.
Eine Räumungsfrist gemäß § 721 Abs. 1 ZPO 1 kann dem Beklagten nicht gewährt werden.
Denn es ist zu befürchten, dass der Beklagte die Wohnung innerhalb dieser Frist weiterhin zum Gebrauch durch Dritte anbieten würde, zumal sich aus der Anlage B2 ergibt, dass die Wohnung nur bis zum 10.1.2016 durch Blockierung für Buchungen gesperrt ist. Die Versagung der Räumungsfrist erscheint auch deshalb nicht unbillig, weil der Beklagte durch sein Verhalten deutlich gezeigt hat, dass er offensichtlich nicht dringend auf eine eigene Nutzung der Wohnung zum Wohnen angewiesen ist.
23.12.2017