Leitsatz:
Mieter haben das Recht, zumindest eine Betriebskostenabrechnung von dem Vermieter zu verlangen, anhand derer sich die Beträge ermitteln lassen, die für haushaltsnahe Dienstleistungen erbracht worden sind. Dieser Verpflichtung kann sich der Vermieter nicht durch eine Formularklausel entziehen. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist zudem als überraschende Regelung unwirksam.
LG Berlin vom 18.10.2017 – 18 S 339/16 –
Mitgeteilt von RAin Anja Varduhn
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Nach § 35 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) können auch Mieter in den Genuss von Steuerermäßigungen kommen, weil auch in den Betriebskosten haushaltsnahe Dienstleistungen stecken. Zu denken ist vor allem an die Betriebskostenpositionen Gartenpflege, Hausreinigung, Hauswarttätigkeiten insgesamt, Schornsteinfegergebühren, Aufzugswartung und anderes mehr. Hier sind jeweils die Kosten für die Arbeitsleistungen (inklusive Fahrkosten) soweit vom Mieter einer Wohnung steuerlich absetzbar, wie sie seinem Anteil innerhalb der Wirtschaftseinheit entsprechen. Voraussetzung ist, dass der Mieter für diese Positionen Betriebskosten zu zahlen hat.
In Berlin hat sich in den letzten Jahren ergeben, dass durchschnittlich (!) ein Betrag von mindestens 0,51 Euro pro Quadratmeter monatlich steuerrechtlich relevant ist. Diesen Betrag unterstellt, ergibt sich bei einer 60 Quadratmeter großen Wohnung damit eine nach § 35 a EStG zu berücksichtigende jährliche Aufwendung von 367,20 Euro. Davon erhält der Mieter vom Finanzamt 20 Prozent zurück, also 73,44 Euro.
Im vom Landgericht entschiedenen Fall gab es im Mietvertrag eine Formularklausel, wonach der Vermieter nicht verpflichtet sei, dem Mieter eine Bescheinigung über haushaltsnahe Dienstleistungen auszustellen.
Der Mieter verlangte gleichwohl eine auf haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35 a EStG bezogene Rechnung, um in den Genuss der Steuervergünstigung zu gelangen. Die vorgelegte Betriebskostenabrechnung reiche nicht aus, weil die haushaltsnahen Dienstleistungen nicht gesondert ausgewiesen seien. Da der Vermieter sich weigerte, nahm der Mieter den Vermieter schließlich klageweise darauf in Anspruch, ihm für das Jahr 2014 eine solche Bescheinigung auszustellen, hilfsweise zumindest verschiedene Positionen, die Frisch- und Schmutzwasser und sonstige Nebenkosten betrafen, nach einzelnen Leistungen und Beträgen aufzuschlüsseln.
Das Landgericht gab dem Mieter hinsichtlich des eingeschränkten Hilfsklageantrages Recht. Der Vermieter müsse dem Mieter ermöglichen, die durch § 35 a EStG eröffneten Steuervorteile tatsächlich zu erlangen. Der Mieter habe das Recht, zumindest eine Betriebskostenabrechnung von dem Vermieter zu verlangen, anhand derer sich die Beträge ermitteln ließen, die für haushaltsnahe Dienstleistungen erbracht worden seien.
Der Vermieter müsse zwar weder eine „Steuerbescheinigung nach § 35 a EStG“ erteilen noch gewissermaßen steuerberatend tätig werden und einzelne Betriebskostenarten ausdrücklich als Aufwendungen „für haushaltsnahe Dienstleistungen“ einordnen und bezeichnen. Der Mieter müsse jedoch die Möglichkeit erhalten, selbst anhand der Betriebskostenabrechnung zu ermitteln, welche Dienstleistungen erbracht und welche Beträge dafür aufgewendet worden sind. Dafür sei erforderlich, dass Pauschalrechnungen aufgeschlüsselt und der Anteil der Dienstleistungen ausgewiesen würden.
Dem Mieter sei nicht zuzumuten, selbst anhand der Geschäftsunterlagen bei der Hausverwaltung die Einzelrechnungen zusammenzustellen und zuzuordnen. Dies obliege vielmehr dem Vermieter. Für ihn falle kaum messbarer zusätzlicher Aufwand an, wenn er die Betriebskostenabrechnung erstelle beziehungsweise erstellen lasse und in diesem Rahmen die zuvor beschriebenen Erläuterungen in die Abrechnung mit aufgenommen würden.
Dieser Verpflichtung könne sich der Vermieter nicht durch eine entsprechende Klausel im Mietvertrag, nach der der Vermieter keinen Nachweis über haushaltsnahe Dienstleistungen schulde, entziehen. Eine solche Klausel benachteilige den Mieter unangemessen und sei zudem als überraschende Regelung unwirksam.
Im entschiedenen Fall musste der Vermieter die Betriebskostenabrechnung daher so erstellen, dass bestimmte Nebenkosten sowie Kosten für Frisch- und Schmutzwasser nach einzelnen Beträgen und zugrunde liegenden Leistungen aufgeschlüsselt werden.
Urteilstext
Gründe
I.
Der Kläger ist Mieter, die Beklagte ist Vermieterin einer Wohnung in Berlin. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Erteilung einer Bescheinigung der in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 enthaltenen Aufwände für haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne des § 35a EStG in Anspruch.
Der Kläger hat nach dem Mietvertrag eine Nettokaltmiete sowie Vorschüsse für „kalte“ Betriebskosten und Heizkosten zu zahlen, über die die Beklagte jährlich abrechnen soll. Nach § 3 Nr. 4 des Formularmietvertrages ist „vermieterseits kein Nachweis zu etwa in Betriebs- oder Heizkosten enthaltenen „haushaltsnahen Aufwendungen“ im steuerlichen Sinn geschuldet.“ Mit Schreiben vom 21. September 2015 erteilte die Beklagte dem Kläger die Nebenkostenabrechnung für das Jahre 2014, die keinen gesonderten Ausweis der Aufwände für „haushaltsnahe Dienstleistungen“ enthält; …
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Berufung zugelassen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Kläger bedürfe der begehrten Bescheinigung nicht, da er die angestrebte Steuervergünstigung auf Grundlage der ihm erteilten Abrechnung geltend machen könne. …
Der Kläger hat mit am 7. November 2016 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10. Januar 2017 mit an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet. Soweit das Amtsgericht das weitere Begehren des Klägers zurückgewiesen hat, Einsicht in weitere Belege zur Kostenposition Grundsteuer zu erlangen, hat der Kläger die Berufung zurückgenommen.
Der Kläger trägt vor, er benötige ach § 35a EStG eine auf haushaltsnahe Dienstleistungen bezogene Rechnung, um in den Genuss der Steuervergünstigung zu gelangen. Die ihm erteilte Abrechnung reiche nicht aus, weil die haushaltsnahen Dienstleistungen nicht gesondert ausgewiesen seien und den ausgewiesenen Kosten Pauschalverträge zu Grunde lägen, die jeweils eine Gesamtvergütung für Dienstleistungen und Sachkosten vorsähen. Die Regelung im Formularmietvertrag, wonach die Vermieterin eine Bescheinigung über haushaltsnahe Dienstleistungen nicht erteilen müsse, sei nach §§ 305c, 307 BGB unwirksam.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des am 30. September 2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg – 220 C 72/16 – zu verurteilen, dem Kläger kostenlos eine Bescheinigung zu den haushaltsnahen Dienstleistungen des Jahres 2014 gemäß § 35a EStG für das Objekt xxx Berlin auszustellen,
hilfsweise,
eine ergänzende Erläuterung zu der Betriebskostenabrechnung vom 21. September 2015 zu erteilen, in der die in den Positionen „Nebenkosten Frischwasser“, „Nebenkosten Entwässerung“ und „Sonstige BK“ zusammen geführten Einzelrechnungen nach Beträgen und zu Grunde liegenden Leistungen aufgeführt sind.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Regelung in § 3 Nr. 4 des Mietvertrages sei weder überraschend noch unangemessen benachteiligend. Sie weiche vielmehr überhaupt nicht vom Gesetz ab, welches eine Pflicht des Vermieters zur Bescheinigung der auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfallenden Aufwände nicht vorsehe. Der Vermieter müsse eine solche Bescheinigung hilfsweise jedenfalls nicht kostenlos erteilen, sondern habe Anspruch auf Vergütung dieser für den Mieter erbrachten Dienstleistung.
II.
Die Berufung ist in Folge der Zulassung durch das Amtsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO. Sie ist nur hinsichtlich des Hilfsbegehrens begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Kläger hat entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung über die ihm im Jahre 2014 in Rechnung gestellten Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen, die sich allerdings im Sinne des Hilfsbegehrens auf eine ergänzende Erläuterung der bereits vorliegenden Betriebskostenabrechnung für 2014 beschränken kann.
Die Kammer geht mit der bisher veröffentlichten Judikatur und dem Schrifttum davon aus, dass der Vermieter den Mieter – sei es durch geeignete Gestaltung der Nebenkostenabrechnung, sei es durch Ausstellung einer gesonderten Bescheinigung – gemäß §§ 241, 242 BGB dabei zu unterstützen hat, die durch § 35a EStG eröffneten Steuervorteile tatsächlich zu erlangen. Dieser Nebenpflicht hat die Beklagte bisher nicht genügt, denn die Angaben in der dem Kläger erteilten Betriebskostenabrechnung für 2014 vom 21. September 2015 reichen entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht aus, um alle auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfallenden Kosten zu beziffern und gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen. Eine gesonderte Vergütung für die zu erteilende Bescheinigung steht der Beklagten nicht zu, da ihr Verwaltungsaufwand mit der Miete hinreichend abgegolten ist. Die Klausel in § 3 Nr. 4 des Mietvertrages steht dem Klageanspruch nicht entgegen.
1. Die bisher veröffentlichten Judikate bejahen einen Anspruch des Mieters auf gesonderten Ausweis der auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfallenden Nebenkosten (vgl. AG Charlottenburg – 222 C 90/09, Urt. v. 01.07.2009, GE 2010, 550; AG Hamburg – 49 C 157/09 -, Urt. v. 09.09.1009, juris [nur gegen Vergütung]; AG Lichtenberg –105 C 394/10, Urt. v. 23.05.2011, GE 2012, 1325). Auch in der Literatur wird ein solcher Anspruch fast durchgehend bejaht (Beuermann, GE 2006, 1600; Blümmel, GE 2006, 1597 ff., 1599 und GE 2007, 760 ff., 761 [nicht bei Bruttokaltmiete/ Betriebskostenpauschale]; Herrlein, WuM 2007, 54 ff., 56; Kinne, GE 2007, 764 [zweifelnd]; Sauren, NZM 2007, 231 ff., 232; Beck, GE 2007, 1540 ff., 1541 f.). Da der Steuerpflichtige nach § 35a EStG einer gerade auf die steuerbegünstigten Ausgaben bezogenen Rechnung bedürfe, um den Steuervorteil zu erlangen, sei der Vermieter nach §§ 241, 242 BGB verpflichtet, diese Kosten gesondert auszuweisen; das könne im Rahmen der Nebenkostenabrechnung oder vermittels einer gesonderten Bescheinigung erfolgen. Diese Nebenpflicht ergebe sich aus Treu und Glauben und dem Rechtssatz, dass eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestehe, wenn der Auskunftsverpflichtete die Auskunft unschwer geben könne und der Auskunftsberechtigte ohne die Auskunft an der Wahrnehmung von Rechten gehindert sei (vgl. AG Hamburg, a. a. O., m. V. a. BGH – X ZR 82/92 -, Urt. v. 17.05.1994, NJW 1995, 386 ff., 387). Dem folgt entgegen der Ansicht der Beklagten auch Langenberg (vgl. Schmidt/Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 556, Rn. 373, zitiert nach beck-online). Er führt zwar aus, der Vermieter müsse eine gesonderte Bescheinigung über die Ausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht erteilen, meint aber gleichzeitig, der Vermieter habe die Nebenkostenabrechnung so aufzumachen, dass der Mieter den steuerrelevanten Aufwand beziffern und nachweisen könne.
Im Ansatz folgt die Kammer den vorgenannten Quellen und ist ebenfalls der Ansicht, dass der Vermieter es dem Mieter ermöglichen muss, die durch § 35a EStG eröffneten Steuervorteile tatsächlich zu erlangen. Entgegen den oben zitierten amtsgerichtlichen Entscheidungen bedarf es dazu jedoch nicht grundsätzlich eines „gesonderten Ausweises“ der auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfallenden Nebenkosten. Der Vermieter muss weder eine „Steuerbescheinigung nach § 35a EStG“ erteilen, noch gewissermaßen steuerberatend tätig werden und einzelne Betriebskostenarten ausdrücklich als „Aufwände für haushaltsnahe Dienstleistungen“ einordnen und bezeichnen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Fassung des Hinweisschreibens des Bundeministeriums der Finanzen zu § 35a EStG vom 9. November 2016 (BStBl. I 2016, 1213 ff., Rn. 27, zitiert nach juris) reicht es vielmehr aus, wenn der Anteil des Mieters „an den vom Vermieter [für haushaltsnahe Dienstleistungen] unbar gezahlten Aufwendungen . . . aus der Jahresabrechnung hervorgeht . . . „. Dazu findet sich in der Anlage 1 zu dem vorgenannten Hinweisschreiben ein umfangreicher Katalog typischer mietvertraglicher Nebenleistungen, für die jeweils angegeben ist, ob die Aufwände steuerbegünstigt sind oder nicht. So lange und so weit der Mieter und ihm folgend die Finanzverwaltung an Hand der Nebenkostenabrechnung erkennen können, welche der abgerechneten Nebenkostenarten als haushaltsnahe Dienstleistungen einzuordnen sind und welche Einzelbeträge jeweils auf den Mieter entfallen, bedarf es folglich keiner ergänzenden Angaben oder Auskünfte des Vermieters, damit der Mieter die durch § 35a EStG eröffneten Steuervorteile erlangen kann.
Ausreichend aber auch erforderlich ist es, die Nebenkostenabrechnung so zu gestalten, dass der Mieter diejenigen Kosten abgrenzen und beziffern kann, die ihm gerade für erbrachte Dienstleistungen berechnet werden. Dazu wird der Vermieter bei Pauschalrechnungen den auf Dienstleistungen entfallenden Anteil ausweisen müssen, soweit dieser in den Rechnungen angegeben ist. Eine ausdrückliche Bestätigung des Vermieters, dass dessen Zahlungen auf die zu Grunde liegenden Rechnungen unbar erfolgten, erscheint entbehrlich; der Vermieter wird lediglich Ausnahmefälle offen legen und etwaige Barzahlungen beziffern müssen. Die Beurteilung, ob die auf Dienstleistungen bezogenen Aufwände steuerlich begünstigt sein können oder nicht, obliegt nicht dem Vermieter, sondern allein dem Mieter.
2. Die dem Kläger für das Jahr 2014 erteilte Betriebskostenabrechnung vom 21. September 2015 wird diesen Anforderungen nur teilweise gerecht. Die Beklagte führt zwar aus, der Kläger könne die auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfallenden Kosten an Hand der Abrechnung identifizieren und gegenüber dem Finanzamt geltend machen, und der Kläger hat auch nicht in Abrede gestellt, dass die Berliner Finanzämter Nebenkostenabrechnungen grundsätzlich als Rechnung im Sinne des § 35a Abs. 5 EStG akzeptieren. An Hand der Abrechnung ist jedoch nur für einen Teil der Betriebskostenpositionen erkennbar, ob und inwieweit die Aufwände auf Dienstleistungen entfallen.
So beziehen sich die dem Kläger berechneten Betriebskosten für „Hausreinigung“, „Gartenpflege“ und „Hauswart“ in vollem Umfang auf Dienstleistungen und werden wohl als Ausgaben für haushaltsnahe Dienstleistungen berücksichtigungsfähig sein; das gilt entgegen den in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken des Klägers nach Anlage 1 zu dem oben zitierten Hinweisschreiben auch für Kosten von „Verbrauchsmitteln“ wie beispielsweise Reinigungs- oder Spülmittel, die von den Betriebskosten für „Hausreinigung“ umfasst sein mögen. Diese Aufwände können nach dem Hinweisschreiben gegenüber den Finanzbehörden durch bloße Vorlage der Betriebskostenabrechnung geltend gemacht werden. Auch die in den „Aufzugskosten“ enthaltenen Wartungskosten kann der Kläger an Hand der mit der Betriebskostenabrechnung übersandten Erläuterung beziffern und geltend machen. In der Erläuterung sind sowohl die Einzelrechnungen nach Betrag und zu Grunde liegender Leistung als auch die Vorwegabzüge aufgeführt, sodass der Kläger die ihm anteilig berechneten Wartungskosten abgrenzen und beziffern kann. Entsprechendes gilt schließlich für die in der Position „StraßenRg/Müll“ enthaltenen Kosten für Schnee- und Eisbekämpfung, die als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen steuerbegünstigt sein können; der Kläger kann die ihm insoweit berechneten Kosten an Hand der in der Erläuterung aufgelisteten Einzelrechnungen und Vorwegabzüge abgrenzen und beziffern.
Anders verhält es sich aber mit den Positionen „Nebenkosten Frischwasser“, „Nebenkosten Entwässerung“ und „Sonstige BK“. Zwar sind Kosten für die Abrechnung der Be- und Entwässerung sowie für die Ablesung nach dem Hinweisschreiben zu § 35a EStG vom 9. November 2016 (BStBl. I 2016, 1213 ff., Anlage 1, zitiert nach juris) nicht steuerlich begünstigt. Begünstigt sind aber die anteiligen Kosten für Arbeiten an Zu- und Ableitungen sowie für die Wartung, die sich an Hand der Betriebskostenabrechnung nicht abgrenzen und beziffern lassen. Die Erläuterung zur Abrechnung hilft dabei nicht weiter, denn anders als im Falle der Aufzugskosten sind die den „Nebenkosten“ für Frischwasser und Entwässerung zu Grunde liegenden Rechnungen dort nicht nach Betrag und Leistung aufgeführt.
Die als „Sonstige BK“ abgerechneten Kosten können jedenfalls insoweit steuerbegünstigt sein, als sie für die Reinigung oder Wartung von Anlagen aufgewandt werden. So verhält es sich beispielsweise mit den Kosten der Feuerlöscherwartung, die ausweislich der Erläuterung als „Sonstige BK“ abgerechnet und dem Kläger anteilig belastet wurden. In der Erläuterung nicht weiter aufgeschlüsselt ist aber ein Betrag von 5.013,93 €, hinsichtlich dessen unklar bleibt, ob er für möglicherweise steuerbegünstigte Dienstleistungen aufgewandt wurde oder nicht.
3. Kann der Kläger die ihm zustehenden Steuervergünstigungen auf Grundlage der vorliegenden Betriebskostenabrechnung nur teilweise erlangen, so ist die Beklagte ihrer Nebenpflicht bisher nur unvollständig gerecht geworden und hat folglich die begehrte Bescheinigung zu erteilen. Die Bescheinigung kann sich nach den vorstehenden Ausführungen auf eine ergänzende Erläuterung der erteilten Betriebskostenabrechnung beschränken, in der die in den Positionen „Nebenkosten Frischwasser“, „Nebenkosten Entwässerung“ und „Sonstige BK“ zusammen geführten Einzelrechnungen nach Beträgen und zu Grunde liegenden Leistungen aufgeführt sind; das weiter gehende Begehren des Klägers ist zurückzuweisen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2009, wonach ein Vermieter grundsätzlich nicht zur Erteilung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verpflichtet ist (vgl. BGH – VIII ZR 238/08, Urt. v. 30.09.2009, GE 2009, 1485 ff.), steht der ergänzenden Auskunftspflicht der Beklagten nicht entgegen. Der BGH (a. a. O., Rn. 16, zitiert nach juris) hat ausdrücklich den Grundsatz bestätigt, „dass eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung zwischen den Partnern einer rechtlichen Sonderverbindung auch ohne ausdrückliche Absprache bestehen kann, wenn die eine Seite in entschuldbarer Weise über den Umfang ihrer Rechte im Ungewissen ist, sie sich die zur Vorbereitung und Wahrnehmung dieser Rechte notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und die andere Seite die Auskünfte unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag.“ Er sah lediglich diese Voraussetzungen in jenem Fall nicht als gegeben an, da die damaligen Kläger über Art und Umfang ihrer Mietverbindlichkeiten nicht im Ungewissen waren und die begehrte Bescheinigung außerdem für den Vermieter nachteilige Rechtswirkungen mit sich bringen konnte.
Vorliegend hat die Beklagte hingegen keinerlei Rechtsnachteile zu befürchten, wenn sie die geschuldete Auskunft über die den einzelnen Betriebskostenpositionen zu Grunde liegenden Dienstleistungen wahrheitsgemäß erteilt; ihr entsteht dadurch weder ein Haftungsrisiko noch ein unbillig ins Gewicht fallender Verwaltungsaufwand. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Kläger sich die benötigten Informationen auch selbst beschaffen könnte, indem er sich zu den Geschäftsräumen der Beklagten begibt und dort Einsicht in die der Abrechnung zu Grunde liegenden Unterlagen nimmt. Der damit verbundene Aufwand ist ihm aber nicht zuzumuten. Die Beklagte musste anlässlich der Erstellung der Betriebskostenabrechnung ohnehin alle Einzelrechnungen prüfen, zuordnen und verbuchen; der zusätzliche Aufwand, die Einzelrechnungen in der Erläuterung zur Betriebskostenabrechnung aufzuführen, wäre minimal gewesen. Es erscheint demgegenüber unverhältnismäßig, den Kläger auf den umständlichen Weg der Einsichtnahme zu verweisen, zumal dieser Umweg nicht nur dem Kläger, sondern allen Wohnraummietern zugemutet würde.
Da der Beklagten durch die geschuldete Ergänzung der Erläuterung zur Betriebskostenabrechnung kein dem Kläger zuzuordnender messbarer zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden wäre, steht ihr dafür auch keine zusätzliche Vergütung zu. Dass der Beklagten nun deshalb geringfügige Aufwände entstehen werden, weil sie die geschuldete Auskunft nicht schon in die Betriebskostenabrechnung aufnahm, ist dem Kläger nicht zuzurechnen und daher im Rahmen der Interessenabwägung nicht zu berücksichtigen.
4. Die Mietvertragsklausel des § 3 Nr. 4, wonach dem Mieter „vermieterseits kein Nachweis zu etwa in Betriebs- oder Heizkosten enthaltenen ‚haushaltsnahen Aufwendungen‘ im steuerlichen Sinne“ geschuldet sein soll, steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Ein gesonderter „Nachweis zu haushaltsnahen Aufwendungen“ im Sinne einer Steuerbescheinigung steht dem Kläger, wie oben ausgeführt, unabhängig von der Wirksamkeit der Klausel ohnehin nicht zu. Soweit die Klausel geeignet ist und darauf abzielt, die nach Treu und Glauben als Nebenpflicht geschuldete Mitwirkung der Beklagten an der Verwirklichung der dem Kläger eröffneten Steuervorteile einzuschränken, stellt sie sich als im Sinne des § 305 c BGB überraschende und den Kläger im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligende – nämlich den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechende – Regelung dar.
III.
Die Kostenentscheidung folgt §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gemäß § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die alle Wohnungsmietverhältnisse berührende Frage, ob und auf welche Weise Vermieter ihre Mieter dabei unterstützen müssen, die durch § 35a EStG eröffneten Steuervorteile zu erlangen, ist bisher nicht höchstgerichtlich geklärt.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 GKG, 3 ZPO.
17.12.2017