Leitsatz:
Folgende Klausel ist unwirksam: „Während der Geltung der Indexmiete muss die Miete, abgesehen von etwaigen Änderungen gemäß § 559 (bauliche Änderungen) und § 560 BGB mindestens ein Jahr unverändert bleiben.“
AG Mitte vom 17.5.2019 – 25 C 67/19 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Frage, ob eine Indexmieterhöhung unwirksam ist, weil die zugrundeliegende Indexvereinbarung gegen das Gesetz verstößt.
Das Amtsgericht bejahte die Frage und hielt die im Leitsatz wiedergegebene Indexvereinbarung für unwirksam, weil sie vom zwingenden Inhalt des § 557 b Abs. 2 Satz 2 BGB abweicht. Gemäß dieser Vorschrift könne – so das Gericht – eine Erhöhung nach § 559 BGB neben einer vereinbarten Indexmiete nur verlangt werden, soweit der Vermieter bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt hat, die er nicht zu vertreten hat. Dieser Regelung – von der gemäß § 557 b Abs. 5 BGB nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden dürfe – widerspreche die mietvertragliche Regelung, da sie keine Einschränkung dahingehend enthalte, aufgrund welcher baulichen Maßnahmen der Vermieter die Miete neben einer vereinbarten Indexmiete erhöhen dürfe. Die Indexmietvereinbarung sei bereits aufgrund des Widerspruchs zu § 557 b Abs. 2 S. 2
BGB nicht wirksam zustande gekommen, denn auch ein Weglassen gesetzlicher Einschränkungen stelle ein Abweichen im Sinne des § 557 b Abs. 5 BGB dar.
Schließlich ergebe sich etwas anderes auch nicht aus der Tatsache, dass die Mieterin bereits in den Jahren 2017 und 2018 die geltend gemachte erhöhte Miete leistete. Denn der Einwand des Rechtsmissbrauchs setze neben einem Umstandsmoment auch ein Zeitmoment voraus. Dieses Zeitmoment sei nach zweimaliger Erhöhung im Rahmen eines mittlerweile siebenjährigen Mietverhältnisses ersichtlich nicht erfüllt. Der Vermieter durfte deshalb nicht darauf vertrauen, dass die Mieterin die Rechtslage nicht würde prüfen lassen und einer weiteren Erhöhung nicht widersprechen würde.
Anmerkung: Im Ergebnis ebenso entschieden hat das AG Kreuzberg am 27.10.2022 (– 18 C 14/22 –), veröffentlicht in MM 4/2023, Seite 30.
Urteilstext
Entscheidungsgründe
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäߧ 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Der Rechtsstreit war auf den zulässigen Einspruch der Beklagten gemäß § 342 ZPO in die Lage vor der Säumnis zurückzuversetzen. Das Versäumnisurteil ist gemäß § 343 ZPO aufrechtzuerhalten, weil die Klage zulässig und begründet ist.
Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne des § 256 ZPO, da sich die Beklagte gegenüber der Klägerin auf ein ihr vermeintlich zustehendes Recht zur Erhöhung der Miete der Klägerin beruft.
Die Klage ist auch begründet.
Der Beklagten steht ein Recht zur Erhöhung der Miete lediglich in den Grenzen der §§ 557 ff. BGB zu. Gemäß § 557 b Abs. 2 S. 2 BGB kann eine Erhöhung nach § 559 BGB neben einer vereinbarten Indexmiete nur verlangt werden, soweit der Vermieter bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt hat, die er nicht zu vertreten hat. Dieser Regelung – von der gemäß § 557 b Abs. 5 BGB nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden darf – widerspricht die mietvertraglichen Regelung in § 2 Abs. 2.5 Nr. 1 des Mietvertrags, da diese Regelung keine Einschränkung dahingehend enthält, aufgrund welcher baulichen Maßnahmen der Vermieter die Miete neben einer vereinbarten Indexmiete erhöhen darf. Diese vertragliche Regelung unterliegt zwar als Preisabsprache nicht der Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Die Indexmiete ist aber bereits aufgrund des Widerspruchs zu § 557 b Abs. 2 S. 2 BGB nicht wirksam zustande gekommen, so dass es hierauf ebenso wenig wie auf die Regelung des § 134 BGB ankam (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Aufl. 2017, BGB § 557b Rn. 57-59). Denn auch ein Weglassen gesetzlicher Einschränkungen stellt ein Abweichen im Sinne des § 557 b Abs. 5 BGB dar.
Dem steht auch nicht § 2 Abs. 2.5 Nr. 5 des Mietvertrags entgegen, da diese Bestimmung ihrem Wortlaut nach voraussetzt, dass eine Indexmiete wirksam vereinbart wurde. Darüber hinaus ist der Gesetzeswortlaut in § 557 b Abs. 2 S. 2 BGB nebst der streitgegenständlichen Abweichung („soweit der Vermieter bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt hat, die er nicht zu vertreten hat“) in der aktuellen und der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2011 geltenden Fassung unverändert. Soweit im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen gelten sollen, begründet dies ebenfalls keinen Anspruch auf Erhöhung der Miete, da die Voraussetzungen des § 558 BGB oder eines anderen Erhöhungstatbestands nicht dargelegt und bewiesen wurden.
Schließlich ergibt sich etwas anderes auch nicht aus der Tatsache, dass die Klägerin bereits im Jahr 2017 und 2018 die geltend gemachte erhöhte Miete leistete. Denn der Einwand des Rechtsmissbrauchs setzt neben einem Umstandsmoment auch ein Zeitmoment voraus. Dieses Zeitmoment ist nach zweimaliger Erhöhung im Rahmen eines mittlerweile siebenjährigen Mietverhältnisses ersichtlich nicht erfüllt. Die Beklagte durfte deshalb nicht darauf vertrauen, dass die Klägerin die Rechtslage nicht würde prüfen lassen und einer weiteren Erhöhung nicht widersprechen würde.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs.4 S. 1 ZPO. Vorliegend geht es ausschließlich um eine einzelfallbezogene Rechtsanwendung. Das Urteil ist unanfechtbar.
25.04.2023