Leitsatz:
Die im Rahmen des von einem Legal-Tech-Unternehmen im Internet betriebenen akquisitorischen Geschäftsmodells zur Erbringung von Inkasso- und Rechtsberatungsdienstleistungen zu dessen Gunsten erklärte Abtretung mietrechtlicher Ansprüche ist gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG unwirksam, auch wenn das Unternehmen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG als Inkassodienstleister registriert ist.
LG Berlin vom 28.8.2018 – 63 S 1/18 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Frage, ob ein Mieter Ansprüche wegen überhöhter Miete aufgrund der Vorschriften über die Mietpreisbremse an eine Inkassogesellschaft wirksam abtreten kann und ob diese Ansprüche dann gegenüber dem Vermieter durch die Inkassogesellschaft geltend gemacht werden können. Vorliegend war die Gesellschaft in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragen und damit befugt, Inkassodienstleistungen zu erbringen.
Die Mieter hatten ihre Daten in einen auf der Online-Plattform des Inkassobüros installierten „Mietpreisrechners“ eingegeben und dann diese Daten in Form einer computerbasierten und standardisierten Fallanalyse (sogenanntes legal tech) durch das Unternehmen prüfen lassen. Deutete diese Prüfung auf einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse hin, nahm das Unternehmen den Vermieter auf Auskunft in Anspruch und rügte dann gegebenenfalls die überhöhte Miete (§ 556 g BGB). Durch das Landgericht zu beurteilen war demnach, ob die von der Inkassogesellschaft erbrachten Tätigkeiten sich noch im Rahmen der erlaubten Inkassotätigkeiten bewegen oder darüber hinaus eine unerlaubte Rechtsdienstleistung darstellen und damit die Abtretung wirksam oder nichtig ist. Das Rechtsproblem wird mittlerweile von vier Miet-Berufungskammern des Landgerichts Berlin unterschiedlich bewertet. Während die Zivilkammer 65 (vom 20.6.2018 – 65 S 70/18 –) und die Zivilkammer 66 (vom 13.8.2018 – 66 S 18/18 –) zu dem Ergebnis kamen, dass die Inkassogesellschaft sich im Rahmen ihrer Inkassodienstleistungen wirksam
Ansprüche aus dem Mietverhältnis abtreten lassen könne, um sie dann im eigenen Namen vorgerichtlich und – bei fehlender Einigung – auch gerichtlich geltend zu machen, kommt die hier vorgestellte 63. Zivilkammer ebenso wie die 67. Zivilkammer (vom 3.7.2018 – 67 S 157/18 –) zum gegenteiligen Ergebnis, mit der Folge, dass die Mieter ihren Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Miete nicht über das Inkassounternehmen durchsetzen konnten.
Begründet wird die Ansicht, dass die Abtretung nichtig sei, damit, dass dadurch gegen das gesetzliche Verbot verstoßen werde, unerlaubt Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Wenn ein Mieter seine Daten durch ein sogenanntes Legal-Tech-Verfahren prüfen lasse, handele es sich bereits um eine Rechtsdienstleistung, die er in Anspruch nehme. Denn es komme nicht darauf an, ob dafür intensive und schwierige Rechtsfragen zu prüfen oder „schlicht“ die Daten mit dem Berliner Mietspiegel abzugleichen seien.
Soweit die Inkassogesellschaft gegenüber der Vermieterseite eine unzulässig überhöhte Miete rüge, liege eine weitere Rechtsberatung vor, die nicht von der Registrierung als Inkassodienstleister gedeckt sei. Es handele sich nicht um eine bloße Nebentätigkeit, sondern um eine Hauptleistung. Zum Zeitpunkt der Abtretung etwaiger Ansprüche bestehe nämlich noch gar kein Rückzahlungsanspruch, da dieser die Rüge erfordere. Zudem ergebe sich erst durch die Auskunft des Vermieters, ob die zulässigen Grenzen der Miete überschritten seien oder nicht. Schließlich sei das Wohnraummietrecht so komplex, dass die Sachkunde, die ein Inkassounternehmen vor der Registrierung nachweisen müsse, dafür nicht ausreiche.
Letztendlich wird der BGH durch Revisionsentscheidung diese Rechtsfrage klären müssen.
Urteilstext
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit der Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin.
Die Beklagte vermietete ab dem 1.12.2015 an Herrn B??? eine Wohnung im Hause ??? Straße ??? für 371,57 € nettokalt monatlich.
Nach dem Berliner Mietspiegel 2015 beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung 346,81 €, mithin 24,76 € weniger als zwischen der Beklagten und dem Mieter vereinbart.
Der Mieter beauftragte die Klägerin mit der Geltendmachung und Durchsetzung seiner Forderungen und etwaiger Feststellungsbegehren im Zusammenhang mit der sog. Mietpreisbremse.
Die Klägerin ist beim Kammergericht Berlin als Rechtsdienstleister (Inkasso) registriert.
Die Klägerin rügte gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20.03.2017 die Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete und verlangte unter Fristsetzung Auskunft über die Höhe der durch den Vormieter gezahlten Miete und vorangegangene Mieterhöhungen.
Der Mieter zahlte die Miete ab Zugang des Rügeschreibens unter Vorbehalt an die Beklagte. Die Klägerin hat ursprünglich auch die Auskunft über die Höhe der vorigen Miete und Mieterhöhungen im vorigen Mietverhältnis verlangt.
Nachdem die Beklagte nach Rechtshängigkeit die Auskunft erteilt hat und sich danach eine Überschreitung der Miete von 23,49 € monatlich ergab, hat die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich der Auskunftsansprüche teilweise einseitig für erledigt erklärt. Ferner hat die Klägerin die Klage in Bezug auf die Rückzahlung der überzahlten Miete in Höhe von 1,27 € teilweise zurückgenommen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 23,49 € sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 166,90 € nebst Zinsen zu zahlen. Sie hat ferner beantragt, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit bezüglich des Antrags zu 1.) (Auskunft) teilweise erledigt hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin gerügt und die Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin für verfassungswidrig gehalten.
Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Hauptforderung in Höhe von 24,76 € und der Feststellung der teilweisen Erledigung stattgegeben und die Klage hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei aktivlegitimiert. Ein Verstoß gegen das RDG liege nicht vor, da die Klägerin beim Kammergericht als Inkassodienstleister registriert sei. Auch sei die Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin nicht verfassungswidrig. Bloße Zweifel genügten nicht. Die Klägerin habe jedoch keinen Anspruch auf die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, da weder eine vorsätzliche Täuschung noch ein Verzug der Beklagten feststellbar sei. Dieser sei vielmehr erst mit der verzugsbegründenden Mahnung vom 06.04.2017 eingetreten. Die Kosten, die zuvor entstanden seien, seien nicht erstattungsfähig.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Klagabweisung im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Sie ist der Auffassung, der Verzug sei mit Ablauf der im Rügeschreiben gesetzten Frist eingetreten. Ferner mache sich der Vermieter durch die Nichterteilung der Auskunft als Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht schadenersatzpflichtig, so dass es gar keines Verzugs bedürfe. In der Vereinbarung einer gegen die §§ 556d ff. BGB verstoßenden Miete liege eine derart schwere Pflichtverletzung, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich sei. Dies gelte vor allem deshalb, weil es für den einzelnen Mieter nahezu unmöglich sei, seine Rechte gegen den Vermieter durchzusetzen. Aufgrund der zur Anspruchsbegründung erforderlichen Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die zur Beurteilung der Erfolgschancen beim Vermieter einzuholenden Auskünfte und die Prüfung von etwaigen Ausnahmetatbeständen sei dem Mieter nicht möglich und nicht zumutbar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 12.12.2017 – 6 C 194/17 – teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 166,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 12.12.2017 – 6 C 194/17 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt ihre erstinstanzliche Rechtsauffassung.
Die Kammer hat im Termin am 24.07.2018 darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund dessen, dass die erbrachten Leistungen nicht im Rahmen einer zulässigen Inkassotätigkeit erbracht wurden, sondern vielmehr auch über diese hinausgehende rechtsberatende Tätigkeiten erbracht wurden, bestünden.
Mit ihrer nachgelassenen Stellungnahme vom 06.08.2018 vertritt die Klägerin unter Berufung auf ein Urteil der ZK 65 (vom 20.06.2018 – 65 S 70/18) des Landgerichts Berlin die Auffassung, weder in der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch die Klägerin noch in der bloßen Anwendung von Rechtsnormen liege eine substanzielle Rechtsprüfung. Der Berliner Mietspiegel sei lediglich ein statistisches Rechenwerk. Selbiges gelte für die Rüge, da mit dieser isoliert keine rechtliche Prüfung vorhanden sei. Es handele sich offensichtlich um Nebenleistungen im Rahmen einer Inkassodienstleistung zur Rechtsdurchsetzung, vergleichbar der Dienstleistung, die privat- ärztliche Abrechnungsdienste erbrächten, die durch § 2 Abs. 2 RDG gedeckt sei. Auch schaffe die Klägerin durch die Rüge nicht erst die anspruchsbegründenden Voraussetzungen zur Entstehung des Anspruchs, da es sich bei der Rüge nach § 556g BGB lediglich um eine Form der Fälligkeitsstellung handele.
Auch Hausverwaltungen erbrächten Dienstleistungen auf komplexen Rechtsgebieten, ohne dass sie eine überprüfte Sachkunde hätten.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, die der Beklagten begründet. Die der Beklagten ist bereits deshalb teilweise begründet, da das Amtsgericht im Tenor zu 1.) (Verurteilung zur Zahlung von 24,76 €) über den Antrag der Klägerin (Zahlung von 23,49 €) hinausgegangen ist.
Sie ist aber auch in der Sache hinsichtlich des übrigen Streitgegenstandes erfolgreich.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 23,49 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert. Die der geltend gemachten Aktivlegitimation zugrundeliegende Forderungsabtretung ist wegen eines Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot zur Erbringung unerlaubter Rechtsdienstleistungen gemäß den §§ 134 BGB i.V.m. den §§ 2 Abs. 1, 3, 5, 10 RDG nichtig. Die Nichtigkeit umfasst nach ständiger Rechtsprechung auch die Abtretungen, die auf gegen § 3 RDG verstoßenden Verpflichtungsgeschäften beruhen (BGH, Urt. v. 11.01.2017 – IV ZR 340/13 – juris).
Die Klägerin hat Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 2 RDG erbracht. Eine Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert und über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht (BGH Urt. v. 14.01.2016 – I ZR 107/14 – juris).
Die Klägerin ermittelt zunächst online unter Anwendung des Berliner Mietspiegels die ortsübliche Vergleichsmiete mittels eines „Mietpreisrechners“. Nach Auffassung der Kammer liegt hierin nicht lediglich bloßes „Rechenwerk“ eines computerbasierten Systems. Die Einordnung in den Berliner Mietspiegel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete erfordert vielmehr auch eine Subsumtion der Besonderheiten der streitgegenständlichen Wohnung und deren Merkmalen unter die jeweiligen Rasterfelder des Mietspiegels und der Orientierungshilfe.
Sofern vertreten wird, es handele sich hierbei bereits deshalb nicht um eine Rechtsberatung, da kein „Recht“ angewendet werde, da es sich bei dem Berliner Mietspiegel nicht um ein Gesetz handele (vgl. Landgericht Berlin, Urt. v. 20.06.2018 – 65 S 70/18 – juris), kann die Kammer dem nicht folgen. § 2 Abs. 1 RDG umfasst alle Tätigkeiten in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern, unabhängig davon, ob sie zeitintensiv oder schwierig sind (so auch Landgericht Berlin, Beschl. v. 03.07.2018 – 67 S 157/18 – juris m.w.N.).
Bei den durch die Klägerin erbrachten Rechtsdienstleistungen handelt es sich nach Auffassung der Kammer weder um solche, die von ihrer Registrierung als Inkassodienstleisterin gemäß § 10 RDG umfasst sind noch um solche, die als bloße Nebentätigkeit erlaubnisfrei gemäß § 5 Abs. 1 RDG wären.
Im vorliegenden Fall liegt nach Auffassung der Kammer der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin gerade nicht auf der Erbringung von Inkassodienstleistungen, sondern vielmehr im Bereich der Rechtsberatung mit angeschlossener Inkassodienstleistung. Die Klägerin erbringt bereits vor Abschluss der Abtretungsvereinbarung – wie zuvor ausgeführt – rechtberatende Tätigkeiten, indem sie mittels einer Onlineplattform („www.wenigermiete.de“) die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel ermittelt und die jeweiligen Merkmale prüft.
Sofern die Auffassung vertreten wird, dass die Befugnis zur Erbringung von Inkassodienstleistungen nach § 2 Abs. 2 RDG auch die Erbringung erheblicher Nebenleistungen umfasse (LG Berlin, Urt. v. 20.06.2018 – 65 S 70/18 – juris), ist dies zwar dem Grunde nach zutreffend, geht aber insofern an dem durch die Klägerin gewählten Geschäftsmodell vorbei, als diese eben nicht primär Inkassodienstleistungen mit Nebentätigkeiten erbringt, sondern vielmehr primär rechtsberatend tätig wird, um nach rechtlicher Prüfung durch sie für begründet erachtete Ansprüche im Wege der Inkassozession geltend zu machen, worin der wesentliche Unterschied zu einem Inkassodienstleister, der sich auch in Bezug auf die einzuziehende (bereits entstandene) Forderung rechtlich äußern darf und als Nebenleistung Rechtsberatung in gewissem Umfang erteilen darf, besteht.
Unter einer Inkassodienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 RDG ist die Einziehung fremder oder zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen zu verstehen, wenn gerade diese Tätigkeit als eigenständiges Geschäft betrieben wird.
Die Klägerin jedoch gibt dem rechtssuchenden Mieter erst die Möglichkeit der Abtretung und Geltendmachung der Forderung, nachdem sie bereits sämtliche Daten erfasst hat und eine rechtliche Einordnung vorgenommen hat. Demnach erteilt sie, was von § 10 RDG bereits aufgrund der Wertung des Gesetzgebers als Verbotsgesetz (der Rechtsberatung) mit Erlaubnisvorbehaltstatbeständen gerade nicht umfasst sein soll, Rechtsberatung unabhängig von einer späteren Beauftragung zu einer Inkassozession (vgl. auch BVerfG Beschl. v. 14.08.2004 – 1 BvR 725/03 – juris, Rn. 14).
So führt die Klägerin selbst im Rahmen ihrer Berufungsbegründung zur Rechtfertigung der Erforderlichkeit ihrer außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten aus, dass es dem Mieter nicht möglich sei, angesichts der schwierigen und umfangreichen Sachverhalte und der Prüfung, seine Rechte selbst durchzusetzen.
Hinzu kommt, dass die Klägerin nach Beauftragung die Tatbestandsvoraussetzungen der noch nicht entstandenen Forderung selbst durch die qualifizierte Rüge nach § 556 g Abs. 2 S. 2 BGB schafft und somit die Forderung erst nach Abtretung entstehen lässt.
Hierin liegt auch nach Auffassung der Kammer ein wesentlicher Unterschied zu den – durch die durch das Landgericht Berlin auch vertretene Auffassung einer anderen Kammer – in Bezug genommenen privatärztlichen Abrechnungsstellen. Diese nehmen gerade keine medizinische Prüfung vor und subsumieren vorgenommene Behandlungen anhand von übermittelten Patientendaten unter die Tatbestände der GOÄ, sondern bekommen die jeweiligen Gebührentatbestände bereits durch die Ärzte mitgeteilt. Sofern ergänzend angeführt wird, gemäß § 12 GOÄ sei die Erstellung der Rechnung auch Fälligkeitsvoraussetzung, womit eine privatärztliche Verrechnungsstelle ebenfalls die Forderung erst entstehen lasse, kann dieser Wertung durch die Kammer nicht gefolgt werden. Das Erstellen der Rechnung nach § 12 GOÄ erschöpft sich in der Auflistung der durch die behandelnden Ärzte mitgeteilten Gebührentatbestände ohne dass umfassende Prüfungen der Berechtigung der Behandlungen erfolgen.
Das Fälligstellen einer dem Grunde und der Höhe nach bereits bestehenden Forderung nach § 12 GOÄ ist nicht mit der Begründung und der Ermittlung eines noch nicht bestehenden Anspruchs, wie hier, vergleichbar.
Insbesondere teilt die Kammer die Auffassung, bei der qualifizierten Rüge nach § 556g BGB handele es sich um unselbständige „Hilfsrechte“, bzw. Nebenansprüche (so LG Berlin aaO), nicht.
Nach Auffassung der Kammer handelt es sich vielmehr um eine Tatbestandsvoraussetzung.
Nach § 556 g Abs. 2 S. 2 BGB muss die Rüge Tatsachen enthalten, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Es muss sich damit um eine qualifizierte Rüge handeln. Nach der Gesetzesbegründung soll damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Ermittlung der zulässigen Miethöhe mit Unsicherheiten verbunden ist. Solange der Mieter die Miete beanstandungslos zahlt, soll der Vermieter auf die Wirksamkeit der vertraglichen Abreden vertrauen dürfen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist aber nicht auf redliche Vermieter beschränkt.
Die Rüge muss Tatsachen enthalten. Rein formalisierte Beanstandungen der Mietpreisabrede ohne Bezug zum konkreten Mietverhältnis genügen nicht. Deshalb reichen standardisierte Formular- oder Musterschreiben ebenso wenig wie die Äußerung allgemeiner Bedenken gegen die Wirksamkeit der Preisabsprache. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Rügepflicht muss der Mieter konkret darlegen, worin er den Verstoß gegen § 556 d Abs. 1 BGB sieht, wobei keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Er muss also die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete bestreiten (Schmidt- Futterer/Börstinghaus BGB § 556g Rn. 17-24, beck-online).
Dies steht im Einklang mit der Auffassung der Kammer, die Klägerin entfalte primär rechtsberatende Tätigkeiten.
Auch handelt es sich nicht um eine erlaubnisfreie Nebentätigkeit zum Hauptgeschäftsfeld eines Inkassodienstleisters i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 RDG.
Der Gesetzgeber hat ebenfalls die Auffassung vertreten, dass eine ausufernde Auslegung der Vorschrift oder gar die von Vertragsparteien willkürlich und ohne Zusammenhang mit der Haupttätigkeit zu vereinbarende Erbringung von Rechtsdienstleistungen als „Nebenleistung“ vermieden werden sollte. Aus diesem Grunde hat der Rechtsausschuss des Bundestages gegenüber dem RegE eine deutliche Straffung der Norm empfohlen, indem er lediglich auf die – objektive – Zugehörigkeit einer Rechtsdienst-Nebenleistung zu einem Berufs- oder Tätigkeitsbild abgestellt und die im RegE noch enthaltene subjektive Komponente einer vertraglichen Vereinbarung gestrichen hat. Die dementsprechend Gesetz gewordenen Tatbestandsmerkmale einer erlaubnisfreien Rechtsdienst-Nebenleistung sind mithin der Dispositionsbefugnis der handelnden Personen entzogen.
Sind Rechtsdienstleistungen nach Abs.1 S.1 des § 5 nur als „Nebenleistungen“ zu einer anderen Tätigkeit erlaubnisfrei, kommt diesem Tatbestandsmerkmal eine die Norm prägende Bedeutung zu. Zu seiner Konkretisierung hat der Gesetzgeber dem Kriterium der Zugehörigkeit zu einem Berufs- oder Tätigkeitsbild in Satz 1 der Vorschrift in ihrem Satz 2 mehrere ergänzende Kriterien hinzugefügt. Die Prüfung, ob eine bestimmte Dienstleistung eine erlaubte Rechtsdienstleistung i.S.d. Abs. 1 darstellt, ist dementsprechend in zwei Schritten vorzunehmen:
Zunächst ist zu prüfen, ob die Rechtsdienstleistung überhaupt zu dem jeweiligen Berufs- oder Tätigkeitsbild der Haupttätigkeit gehört. Bejahendenfalls ist dann weiter zu prüfen, ob es sich bei der Rechtsdienstleistung um eine Nebenleistung zu der Haupttätigkeit i.S.d. Abs. 1 S. 2 handelt (Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, RDG § 5 Rn. 7-9, beck-online m.w.N. hinsichtlich der Gesetzesbegründungen). Dies ist aufgrund der zuvor ausgeführten Akquisepraxis der Klägerin, die erkennbar darauf angelegt ist, Rechtsberatung lediglich zum Zwecke des – nicht zwingenden – Abschlusses einer Abtretungsvereinbarung zu schließen, nicht der Fall und geht weit über die zulässige rechtsberatende Tätigkeit eines Inkassounternehmens hinaus.
Hierfür spricht auch, dass die rechtberatende Tätigkeit der Klägerin nach der hier streitgegenständlichen Beauftragung unter Einbeziehung der AGB der Klägerin auch die Rechtsberatung umfasst.
Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob eine Einschränkung der Befugnisse der Klägerin wegen eines Eingriffs in ihre Berufsausübungsfreiheit einer aus dem Schutzzweck des RDG abgeleiteten Rechtfertigung bedürfe.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Feststellung der Erledigung des Auskunftsanspruchs aus § 256 ZPO zu. Durch die Auskunftserteilung der Beklagten hat sich der Rechtsstreit nicht i.S.d. § 91a ZPO erledigt. Die zulässige Klage war aus vorgenannten Gründen von Anfang an unbegründet.
Mangels Anspruch dem Grunde nach steht der Klägerin auch kein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen zu. Im Übrigen schließt sich auch die Kammer den insofern zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils an. Zwar hätte sich die Beklagte bei Bestehen des Auskunftsanspruchs entgegen der diesbezüglichen Ausführung des angefochtenen Urteils mit Fristablauf im Verzug befunden, jedoch erfolgte die Beauftragung der Klägerin bereits vor Verzugseintritt, weshalb der Schaden nicht kausal durch den Verzug entstanden ist (BGH, Urteil vom 25.11.2015 – IV ZR 169/14 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO bezüglich der Frage, ob die Tätigkeit der Klägerin gegen das RDG verstößt und ob § 556 g BGB eine Tatbestandsvoraussetzung darstellt, zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Beide vorgenannten Rechtsfragen werden in der Instanzrechtsprechung, insbesondere auch durch die Berliner Amtsgerichte und die Kammern des hiesigen Berufungsgerichts, unterschiedlich beurteilt und betreffend eine unbestimmte Vielzahl von Fällen, wie bereits aus den hier zitierten Entscheidungen ersichtlich wird.
21.10.2018