Eine für das Vormietverhältnis (§ 556 e Abs. 1 BGB) in einem Nachtrag vom Juni vereinbarte Miethöhe ist nicht gemäß § 557 Abs. 1 BGB zulässig, wenn nach dem zuvor unterschriebenen Vertrag das Mietverhältnis erst im August beginnen sollte. Allein der Abschluss eines bindenden Vertrages sorgt (noch) nicht für ein „laufendes Mietverhältnis“; ob eine solche Vormiete im Rahmen der Mietpreisbremse geschützt ist, hängt also davon ab, ob sie ihrerseits gegen §§ 556 d ff. BGB verstieß.
LG Berlin II vom 7.5.2024 – 66 S 33/24 –,
mitgeteilt von der ZK 66 des LG Berlin
Wenn Mieter die vereinbarte Miete mit der sogenannten Mietpreisbremse rügen, wird ihnen nicht selten vom Vermieter entgegnet, dass die (hohe) Miete gerechtfertigt sei, weil schon die Vormiete so hoch gewesen ist (§ 556 e Abs. 1 BGB). Allerdings kann sich der Vermieter nur dann auf die Vormiete berufen, wenn diese nicht ihrerseits gegen die Mietpreisbremse verstieß.
So war es aber in vorliegendem Fall: Zwar behauptete der Vermieter, dass die Vormiete nicht gegen die Mietpreisbremse des § 556 d BGB verstieß, weil sie im laufenden Vormietverhältnis gemäß § 557 Abs. 1 BGB vereinbart worden war. Das Landgericht kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Vorgang der Mieterhöhung anders zu beurteilen sei.
Denn für die höchstzulässige Miete stelle das Gesetz nicht auf den Abschluss des Vertrages ab (also auf das Datum der entsprechenden Unterschriften oder der sonstigen Abgabe der maßgeblichen Willenserklärungen), sondern auf den Beginn des Rechtsverhältnisses, welches durch die Willenserklärungen geschaffen werden soll. Sei also (wie vorliegend) in einem im Juni 2016 unterschriebenen Mietvertrag die Regelung „Der Mietvertrag beginnt am 01.08.2016 …“ enthalten, so komme es auch für die höchstzulässige Miete auf dieses Datum an.
Die bereits wenige Tage nach den Unterschriften unter den Mietvertrag der Vormieterin 2016 geschlossene vermeintliche „Nachtragsvereinbarung“ vom 10. Juni und vom
13.06.2016 sei ohne jede Frage vor dem Beginn des Mietvertrages abgeschlossen worden, weshalb eine darin enthaltene Miethöhenregelung nicht als eine nachträgliche Vereinbarung im laufenden Mietverhältnis zur Unanwendbarkeit der Mietpreisbremse führe.
Die Vorschriften der §§ 556 d ff. BGB seien demgemäß auch für die Frage der Wirksamkeit der vereinbarten Vormiete maßgeblich gewesen, weshalb der Verweis des Vermieters auf diese Vormiete die spätere unwirksame Mietvereinbarung mit dem jetzigen Mieter nicht habe „retten“ können.
Urteilstext
Gründe:
(…)
2) Die Berufung hat aber keine Aussicht auf Erfolg.
Das Amtsgericht hat die entscheidungserheblichen Fragen nach den Wirkungen der Mietpreisbremse zutreffend gestellt und beantwortet. Die Verurteilung ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht zu beanstanden.
a) Die grundlegenden Voraussetzungen für die Geltung der Mietpreisbremse in Berlin werden mit der Berufungsbegründung nicht mehr angegriffen. Sie sind auch nach Einschätzung der Kammer hinsichtlich der wirksamen Rechtsgrundlagen und der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen für Berlin inzwischen überzeugend geklärt.
b) Die auch rechnerisch zutreffend vom Amtsgericht ermittelte Höhe der höchstzulässigen Miete (die in der Berufungsbegründung inhaltlich ebenfalls nicht näher thematisiert wird) würde den titulierten Rückzahlungsanspruch nur dann nicht rechtfertigen, wenn die generell erhobenen Einwände der Beklagten durchdringen würden, insbesondere der Verweis auf eine im Vormietverhältnis vermeintlich maßgebliche Miete. Das ist allerdings nicht der Fall.
Diesbezüglich sind die Inhalte der Berufungsbegründung in erheblichen Teilen bereits als unzulässig einzustufen und außer Betracht zu lassen, weil der Begründungsschriftsatz insoweit lediglich im Verfahren von copy/paste wörtlich den entsprechenden Vortrag aus dem Schriftsatz vom 06.10.2023 wiederholt, ohne dass dies in mindesten eine Auseinandersetzung mit dem Urteil des Amtsgerichts oder eine sonstige „gedankliche Leistung“ beinhaltet. Letzteres erweist sich darin, dass alle Details einschließlich derjenigen Umstände unverändert in 2. Instanz wiederholt werden, deren inhaltliche Unverständlichkeit und Sinnlosigkeit die Klägerin im Schriftsatz vom 09.10.2023 ausführlich und detailliert gerügt hatte. Sowohl die Beträge (etwa eine angeblich mit der Vermieterin vereinbarte Nettomiete von 539,52 €) als auch die Zeiträume der fraglichen Nachtragsvereinbarung (mit der Jahresangabe 2023) sind schlicht ungeachtet aller nachfolgenden Akteninhalte aus dem Schriftsatz vom 06.10.2023 übernommen und ohne jede Änderung oder ergänzende Einbettung nochmals (und immer noch ohne erkennbare Sinnhaftigkeit) vorgetragen worden. Da die Berufungsbegründung aufzuzeigen hat, aus welchen Gründen das Ergebnis des Amtsgerichts falsch erscheinen soll, stellt ein derartiges Vorgehen eine Berufungsbegründung inhaltlich nicht dar.
c) Auch die für die Berufungsklägerin aus einer vermeintlich insoweit einschlägigen Systematik anderer Mieterhöhungsvorschriften abgeleiteten Erwägungen verfangen nicht. Sie belegen lediglich, dass der Gesetzgeber für die Anknüpfung der Mietpreisbremse in § 556d Abs. 1 BGB eine andere Formulierung und damit auch andere Folgen als maßgeblich erklärt hat, als dies beispielsweise in § 557 Abs. 1 BGB oder in § 558 Abs. 1 BGB geschehen ist. Nach § 558 BGB ist es bekanntlich erforderlich, dass vor einem entsprechenden Mieterhöhungsverlangen der bisherige Mietzins 15 Monate lang gegolten haben muss; damit ist es bereits gedanklich ausgeschlossen, dass dort eine vergleichbare Konstellation zu beurteilen sein kann, wie sie hier in dem von der Berufungsklägerin angeführten Vormietverhältnis mit zwei rechtsgeschäftlichen Äußerungen innerhalb von weniger als einem Monat zu beurteilen ist.
Entsprechendes gilt für die Formulierung in § 557 Abs. 1 BGB, wonach eine Mieterhöhung „während des Mietverhältnisses“ vereinbart werden kann, denn genau diese allgemeine Formulierung hat der Gesetzgeber für die Mietpreisbremse nicht übernommen. Stattdessen enthält § 556d Abs. 1 BGB ausdrücklich die Differenzierung zwischen einerseits dem bloßen Abschluss eines Mietvertrages über Wohnraum („Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen…“) gegenüber andererseits der maßgeblichen „…Miete zu Beginn des Mietverhältnisses…“. Für die höchstzulässige Miete stellt das Gesetz (nach Ansicht der Kammer eindeutig) nicht auf den Abschluss des Vertrages ab (also auf das Datum der entsprechenden Unterschriften oder der sonstigen Abgabe der maßgeblichen Willenserklärungen), sondern auf den Beginn des Rechtsverhältnisses, welches durch die Willenserklärungen geschaffen werden soll. Ist also (wie vorliegend) in einem im Juni 2016 unterschriebenen Mietvertrag die Regelung „Der Mietvertrag beginnt am 01.08.2016…“ enthalten, so kommt es auch für die höchstzulässige Miete auf dieses Datum an.
Die bereits wenige Tage nach den Unterschriften unter den Mietvertrag der Vormieterin 2016 geschlossene vermeintliche „Nachtragsvereinbarung“ vom 10. Juni und vom 13.06.2016 ist ohne jede Frage vor dem Beginn des Mietvertrages abgeschlossen, weshalb eine darin enthaltene Miethöhenregelung nicht als eine nachträgliche Vereinbarung im laufenden Mietverhältnis zur Unanwendbarkeit der Mietpreisbremse führt. Die Vorschriften der §§ 556 d ff. BGB waren demgemäß auch für die Frage der Wirksamkeit der vereinbarten Vormiete maßgeblich, weshalb der Verweis der Berufungsklägerin auf diese Vormiete die spätere unwirksame Mietvereinbarung mit der hiesigen Klägerin nicht „retten“ kann.
Der Appell der Berufungsklägerin, bereits im Juni 2016 sei der Mietvertrag „wirksam abgeschlossen worden“, wäre bei begrifflich strenger Sichtweise dahingehend zu korrigieren, dass er zu diesem Zeitpunkt „abgeschlossen wurde“. Wenn in einem geschlossenen Vertrag jegliche „Wirkung“ auf den Zeitpunkt eines ausdrücklich für später vorgesehenen Vertragsbeginn hinausgeschoben ist, so ist die Regelung bis dahin zwar bereits geschlossen und für die Parteien bindend, weitergehend „wirksam“ ist sie aber gerade nicht, solange sie eben nach ihrem eigenen Inhalt „Wirkungen“ (noch) nicht entfalten soll.
d) Der Verweis auf vermeintlich anderslautende Rechtsprechung ändert daran nichts. Insbesondere die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Aktenzeichen VIII ZR 300/21 betrifft eine ersichtlich gänzlich anders gelagerte Konstellation. Dort hatte unbestritten ein Mietverhältnis zwischen April 2016 und März 2020 bestanden, und in diesem zweifelsfrei „laufenden Mietverhältnis“ war im Juli 2017 eine Mieterhöhung nach § 558 BGB verlangt und eine entsprechende Zustimmung im September 2017 erteilt worden. Eine derartige Konstellation hat mit der hier zu beurteilenden Ausgangslage im Vormietverhältnis keinerlei Ähnlichkeit.
e) Ohne dass es entscheidend darauf ankäme, steht dem Erfolg der Position der Berufungsklägerin im Übrigen bereits der Umstand entgegen, dass sämtliches Vorbringen zu den behaupteten Mieterhöhungen (also sowohl die Nachtragsvereinbarung vom Juni 2016, als auch eine angebliche indexbasierte Mietanpassung vom September 2017) seitens der Klägerin im Schriftsatz vom 09.10.2023 explizit bestritten worden sind. Eine nähere Substantiierung und insbesondere ein substantiierter Beweisantritt erfolgten daraufhin weder in 1. Instanz noch in der Berufungsbegründung. Die vermeintlichen Beweisantritte vom 06.10.2023 (die einschließlich aller Unverständlichkeiten durch schlichtes Kopieren in 2. Instanz wiederholt worden sind) sind untauglich, weil ihre Berücksichtigung auf eine bloße Ausforschung hinauslaufen würde. Insbesondere ist in keiner Weise vorgetragen, was genau aus welcher Vereinbarung folgen oder was genau welcher der benannten Zeugen sollte bekunden können.
(…)
28.11.2024