Eine vermieterseits gestellte Formularklausel, ausweislich derer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Mietsache vorhandene technische Geräte „als nicht mitvermietet gelten“, schließt Gewährleistungsansprüche des Mieters im Falle eines Defekts der Geräte nicht aus.
LG Berlin II vom 30.6.2024 – 67 S 144/24 –,
mitgeteilt von VRiLG Michael Reinke
Der Mieter nahm seinen Vermieter in Anspruch, den defekten Geschirrspüler zu reparieren oder auszutauschen. Der Geschirrspüler war zur Zeit des Mietvertragsschlusses in der Wohnung vorhanden und funktionstüchtig.
Der Vermieter lehnte ab und verwies auf die Regelung in § 2 Ziffer 2 Abs. 5 des Mietvertrags, wonach technische Geräte einer Einbauküche „[…] als nicht mitvermietet [gelten]“.
Das Gericht musste sich daher damit befassen, diese Klausel auszulegen.
Ausgehend von dem Wortlaut liege hierin keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend, dass der Geschirrspüler nicht mitvermietet sei. Denn die Verwendung des Wortes „gelten“ erweise sich insoweit als Einschränkung. Es bleibe unklar, welche Rechtsfolgen sich aus der Formulierung „gelten nicht als mitvermietet“ für die Vertragsparteien ergeben sollten.
Da es sich bei § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, finde die Unklarheitsregelung des § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen. Die Auslegungsregel greife, wenn eine Klausel nach Ausschöpfung der Auslegung zwei oder mehr mögliche Bedeutungen habe. Auslegungsmöglichkeiten, die allenfalls theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegen und daher beim in Rede stehenden Geschäft typischerweise nicht ernstlich in Betracht zu ziehen seien, blieben hingegen unberücksichtigt.
Gemessen an diesem Maßstab trete nach Ausschöpfung aller Auslegungsparameter neben die Auslegungsmöglichkeit, dass sich der Vermieter von seiner Instandhaltungspflicht freizeichne, das Verständnis, dass für die in § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW benannten Gegenstände neben dem Grundmietzins kein gesonderter Mietzins geschuldet sei, jedoch dem Mieter im Falle eines Mangels die Gewährleistungsrechte aus den §§ 535 ff. BGB zustehen sollten. Ob diese Auslegung zutreffend sei, könne dahinstehen. Sie sei zumindest vertretbar. Das reiche zur Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB und zur Auslegung von § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW im Wege der sogenannten kundenfreundlichsten Auslegung aus.
Damit scheide ein Ausschluss der Instandhaltungspflicht des Vermieters nach § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW aus.
Urteilstext
G r ü n d e :
I.
Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.
Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht der Klage der Mieterin auf Instandsetzung des Geschirrspülers stattgegeben und die Widerklage des Vermieters abgewiesen. Die Beklagte ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, den defekten Geschirrspüler zu reparieren oder auszutauschen. Denn der nicht mehr funktionsfähige Geschirrspüler stellt einen Mietmangel dar. Er war zur Zeit des Mietvertragsschlusses in der streitgegenständlichen Wohnung vorhanden und funktionstüchtig, sodass dies unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den nach der Verkehrsanschauung vertraglich geschuldeten Zustand darstellt (st. Rspr. s. nur BGH, Urt. v. 10. Mai 2006 – XII ZR 23/04, NZM 2006, 582, beck-online Tz. 9).
Dieser Annahme steht auch die Regelung des § 2 Ziffer 2 Abs. 5 der Allgemeinen Vertragsvereinbarungen Wohnraummietvertrag (AVW) nicht entgegen, wonach technische Geräte einer Einbauküche „[…] als nicht mitvermietet [gelten]“. Ausgehend von dem Wortlaut liegt hierin keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend, dass der Geschirrspüler nicht mitvermietet ist. Denn die Verwendung des Wortes „gelten“ erweist sich insoweit als Einschränkung. Die Kammer teilt dahingehend die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, dass unklar bleibt, welche Rechtsfolgen sich aus der Formulierung „gelten nicht als mitvermietet“ für die Vertragsparteien ergeben sollen.
Da es sich bei § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, findet die Unklarheitsregelung des § 305c Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen. Die Auslegungsregel greift, wenn eine Klausel nach Ausschöpfung der Auslegung zwei oder mehr mögliche Bedeutungen hat (statt vieler BGH, Urt. v. 23.07.2020 – I ZR 119/19, BeckRS 2020, 21836, Rz. 30).
Auslegungsmöglichkeiten, die allenfalls theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegen und daher beim in Rede stehenden Geschäft typischerweise nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind, bleiben hingegen unberücksichtigt (BGH Urt. v. 5.5.2022 – VII ZR 176/20 mwN.).
Gemessen an diesem Maßstab tritt nach Ausschöpfung aller Auslegungsparameter neben die Auslegungsmöglichkeit, dass sich die Beklagte von ihrer Instandhaltungspflicht freizeichnet, das Verständnis, dass für die in § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW benannten Gegenstände neben dem Grundmietzins kein gesonderter Mietzins geschuldet ist, jedoch dem Mieter im Falle eines Mangels die Gewährleistungsrechte aus den §§ 535 ff. BGB zustehen sollen. Ob diese Auslegung zutreffend ist, kann dahinstehen. Sie ist zumindest vertretbar. Das reicht zur Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB und zur Auslegung von § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW im Wege der sogenannten kundenfreundlichsten Auslegung aus (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15, BGHZ 210, 206 juris Tz. 42). Damit scheidet ein Ausschluss der Instandhaltungspflicht der Beklagten nach § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW aus.
II.
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen, auch zu der Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.
Hinweis: Das Berufungsverfahren hat sich durch Rücknahme des Rechtsmittels erledigt.
28.11.2024