Leitsätze:
1. Die Erklärung nach § 559 b Abs. 1 BGB muss so ausgestaltet sein, dass eine überschlägige Überprüfung des verlangten Mehrbetrages dem Mieter ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Rechnungsprüfung und ohne Einsicht in die Belege möglich ist.
2. Hat der Vermieter mehrere Modernisierungsarbeiten gleichzeitig durchführen lassen, so muss er die Gesamtkosten zunächst auf die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen aufteilen. Mussten für eine oder mehrere Modernisierungsarbeiten verschiedene Gewerke ausgeführt werden, so muss innerhalb der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen nochmals nach Gewerken, zum Beispiel Maurerarbeiten, Malerarbeiten, lnstallationsarbeiten, Gerüst und so weiter untergliedert werden.
3. Bei Energieeinsparmaßnahmen muss der Vermieter konkrete Tatsachen aufführen, wie etwa die Nennung der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert), anhand derer der Mieter die behauptete Einsparung von Heizenergie nachvollziehen kann. Fehlt es daran, ist das Erhöhungsverlangen unwirksam.
4. Es reicht hingegen nicht aus, wenn der Vermieter in der Erhöhungserklärung die (Primär-)Energieverbräuche vor und nach Durchführung der Maßnahme gegenüberstellt, da diese insbesondere auch vom Wohn- und Heizverhalten des jeweiligen Mieters abhängen.
5. Eine nach Modernisierung reduzierte Fensterbankbreite stellt nur eine unerhebliche Einschränkung der Tauglichkeit nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB dar.
LG Bremen vom 22.3.2018 – 2 S 124/17 –
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 313a ZPO) und insoweit auf das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 27.04.2017 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil, welches dem Beklagten am 04.05.2017 zugestellt wurde, legte diese unter dem 22.05.2017 Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 04.07.2017. Sie beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Bremen aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen. Der Kläger, welchem das Urteil des Amtsgerichts am 02.05.2017 zugestellt wurde, legte unter dem 31.05.2017 Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 03.07.2017. Er beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Bremen teilweise aufzuheben und der Klage überwiegend stattzugeben. Wegen der im Berufungsverfahren gestellten Anträge wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.03.2018 Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in dem tenorierten Umfang Erfolg. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
I. Das Amtsgericht Bremen hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass das Mieterhöhungsverlangen der Beklagten vom 24.03.2016 formell unwirksam ist und der Beklagten daher kein Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Miete zusteht.
Eine Mieterhöhungserklärung nach § 559 b Abs. 1 BGB muss eine nachvollziehbare Berechnung des Erhöhungsbetrages und eine hinreichende Erläuterung des angegebenen Verteilungsschlüssels sowie nachvollziehbare Angaben zu den abgesetzten Kostenanteilen für Instandsetzung enthalten (Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 559b Rn. 14). Die Erklärung nach § 559 b Abs. 1 BGB muss so ausgestaltet sein, dass eine überschlägige Überprüfung des verlangten Mehrbetrages dem Mieter ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Rechnungsprüfung und ohne Einsicht in die Belege möglich ist (Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 559b Rn. 15). Hat der Vermieter mehrere Modernisierungsarbeiten gleichzeitig durchführen lassen, so muss er die Gesamtkosten zunächst auf die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen aufteilen. Mussten für eine oder mehrere Modernisierungsarbeiten verschiedene Gewerke ausgeführt werden, so muss innerhalb der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen nochmals nach Gewerken, z.B. Maurerarbeiten, Malerarbeiten, lnstallationsarbeiten, Gerüst usw. untergliedert werden. Nicht ausreichend ist die bloße Angabe eines Gesamtbetrages (Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 559b Rn. 16).
Vorliegend wurden umfangreiche Modernisierungsarbeiten an mehreren Mietshäusern durchgeführt. Hierbei wurde zwar eine Aufteilung hinsichtlich der verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen. Eine weitere Aufteilung in etwaig verschiedene Gewerke ist hingegen unterblieben. Dies wäre jedoch angesichts des Umfangs der durchgeführten Arbeiten – z.B. Wärmedämmung des Daches/im Dachbereich, Wärmegedämmte Kunststofffenster in den Wohnungen – angezeigt gewesen, um dem Mieter zu ermöglichen, den Gesamtbetrag auf seine Schlüssigkeit und Berechtigung, insbesondere im Hinblick auf etwaige unberechtigte Kosten, etwa für Instandhaltung (z.B. Malerarbeiten), hin zu prüfen.
Weiterhin ist auch die Erläuterung der Gesamtkosten ungenügend. Der Mieter soll durch die Erläuterung die Tatsachen erfahren, die die Tatbestandsmerkmale des § 559 BGB ausfüllen. Hierzu bedarf es der Konkretisierung des erfüllten Modernisierungszwecks. Der Vermieter darf sich nicht darauf beschränken, den Gesetzeswortlaut des § 559 Abs. 1 BGB teilweise zu wiederholen, sondern muss konkrete Tatsachen aufführen, wie etwa die Nennung der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten, anhand derer der Mieter die behauptete Einsparung von Heizenergie nachvollziehen kann (Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 559b Rn. 23; BGH Urt. v. 25.01.2006 – VIII ZR 47/05 Rn. 9). Sind dem Mieter die baulichen Maßnahmen im Einzelnen bekannt, können ausführliche Angaben hierzu entfallen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Mieterhöhung eine ausführliche Modernisierungsankündigung nach § 555 c BGB vorausgegangen ist. Hierauf kann Bezug genommen werden (Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 559b Rn. 25). Ausreichend, aber in der Regel auch mindestens erforderlich, ist für eine plausible Darlegung eines Energieeinsparungseffektes der durchgeführten Maßnahmen die Angabe der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) der renovierten Außenbauteile. ln dem Mieterhöhungsverlangen war vorliegend keine Gegenüberstellung der Wärmedurchgangskoeffizienten der verschiedenen Maßnahmen enthalten. Allerdings enthält das Erhöhungsverlangen eine Bezugnahme auf das Ankündigungsschreiben vom 29.01.2015. ln dem Ankündigungsschreiben sind zwar teilweise Wärmedurchgangskoeffizienten genannt, die Darstellung ist jedoch unvollständig. So wird für die Modernisierungsmaßnahme „Wärmedämmung an den Außenwänden/Fassadenarbeiten“ zwar der neue Wärmedurchgangskoeffizient angegeben, nicht aber der alte Wert der ungedämmten Fassade. Gleiches gilt für die Modernisierungsmaßnahme „Wärmedämmung auf dem Dachboden/Dämmung oberste Geschossdecke“. Hinsichtlich der Maßnahme „Wärmedämmung des Daches/im Dachbereich“ fehlen Angaben zu den Werten gänzlich. ln Ermangelung von Vergleichswerten ist es für den Mieter daher nicht möglich, die behauptete Energieeinsparung nachzuvollziehen und das Erhöhungsverlangen ist auch aus diesem Grunde unwirksam. Hieran ändert auch die Übersendung einer „Berechnung der Energieeinsparung“ durch die Beklagte nichts, da es gerade nicht ausreichend ist, wenn der Vermieter in der Erhöhungserklärung die (Primär-) Energieverbräuche vor und nach Durchführung der Maßnahme gegenüberstellt (Schmidt-Futterer, 13. Aufl., § 559b Rn. 28), zumal diese insbesondere auch vom Wohn- und Heizverhalten des jeweiligen Mieters abhängen.
II. Hinsichtlich der reduzierten Fensterbankbreite stehen dem Kläger keine Mängelrechte gegenüber der Beklagten zu.
Die reduzierte Fensterbankbreite stellt schon keinen Mangel dar, da es sich bei der Reduzierung der Fensterbanktiefe um eine unerhebliche Einschränkung der Tauglichkeit nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB handelt, denn die fehlende Eignung einer Fensterbank zum Abstellen großer Gegenstände schränkt die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht maßgeblich ein. Dies umso mehr, weil in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass selbst eine Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von bis zu 10% der vertraglich vereinbarten Wohnfläche einen unerheblichen Mangel darstellt. Zudem hat der Mieter Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich zu dulden, auch wenn diese eine Veränderung des Mietobjektes bedingen, sodass dem Kläger kein Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zusteht, zumal ein solcher Anspruch, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, jedenfalls nach § 242 BGB wegen Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen wäre. Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht etwa aus dem vom Kläger vorgelegten Urteil des Amtsgerichts Schöneberg. Der dort zugrunde liegende Sachverhalt ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da es sich dort gerade nicht nachweislich um Modernisierungsmaßnahmen handelte und zudem der Lichteinfall in die Wohnung durch Verkleinerung der Fenster erheblich vermindert wurde.
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21.05.2018