Leitsatz:
Die zur Ausführungsart der Schönheitsreparaturen getroffene Formularklausel „Der Mieter ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen“ ist unwirksam. Die Klausel läuft – im Zusammenhang mit der Übernahme turnusmäßiger Schönheitsreparaturen – auf eine unzulässige Endrenovierungsverpflichtung des Mieters hinaus.
LG Berlin, Urteil vom 22.6.06 – 62 S 31/06 –
Mitgeteilt von RAin Gabriele Wiedemann
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
„… Die weitere Klausel, wonach der Mieter nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen, ist allerdings unwirksam. Dabei kann dahinstehen, ob diese Klausel überraschend i.S.d. § 305 c Abs. 1 BGB oder unklar i.S.d. § 305 c Abs. 2 BGB ist. Dies wird teilweise (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, § 538 RN 172 f.) angenommen, weil nicht deutlich werde, was unter „Ausführungsart“ zu verstehen sei. Diese Formulierung könne sich sowohl auf die Grundausstattung beziehen, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder auf beides. Im ersten Fall sei dem Mieter (lediglich) jede gravierende Änderung – etwa die Anbringung von Holzpaneelen – untersagt, im zweiten Fall wäre der Mieter an jedweder Änderung – also dem Ersetzen von Raufaser- durch Mustertapete, geringfügigen Farbabweichungen – gehindert. Schließlich sei auch denkbar, dass der Mieter sich ausnahmslos an die bei Einzug vorgefundenen Vorgaben zu halten hätte. Dies schränke – bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung – den Mieter unangemessen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des laufenden Mietverhältnisses ein (vgl. eingehend Schmid-Futterer/Langenberg a.a.O.).
Während des laufenden Mietverhältnisses ist der Mieter grundsätzlich in der Gestaltung seiner Mietwohnung frei. Er kann Wände und Decken unbehandelt lassen, neu und quer tapezieren, ungewöhnliche, grelle Farben verwenden oder gar Strichmännchen an den Wänden aufbringen (sehr anschaulich Goch, WuM 2004, 513, 516). Er ist keineswegs gehalten, die Mietsache ständig in einem Zustand zu halten, der sie für den Vermieter gut (weiter-)vermietbar macht (a.A. wohl Gather NZM 02, 719, 721).
Seine Grenze findet das Gestaltungsrecht des Mieters erst dort, wo seine Dekoration zu einer „Beschädigung“ der Wohnung führt (Kossmann, Handbuch der Wohnraumiete, § 43 RN 10) oder Rechte Dritter berührt werden (Schmidt-Futterer/Langenberg a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hinsichtlich des Gestaltungsrechts einschränkend zu werten, wonach der Mieter während des laufenden Mietverhältnisses entweder bei wirksam vereinbartem Fristenplan – nach Fristablauf, vorbehaltlich der Darlegung des Mieters, dass eine Renovierung trotz Fristablaufs wegen des Zustands der Mieträume noch nicht veranlasst ist – verpflichtet ist, Schönheitsreparaturen durchzuführen, sonst bei objektiv bestehendem Renovierungsbedarf (vgl. BGH VIII ZR 192/04 vom 6. April 2006). Die Frage, ob die fragliche Klausel deshalb gegen das Unklarheitenverbot verstößt, kann letztlich offen bleiben. Denn jedenfalls verstößt sie gegen §307 BGB. Ob dies allein daraus folgt, dass der Mieter durch die streitgegenständliche Klausel in seiner Gestaltungsfreiheit während des Mietverhältnisses beeinträchtigt wird (so Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II RN 393; einschränkend jedoch für den Rückgabezeitpunkt), ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn jedenfalls läuft die hier vorliegende Klausel auf eine unzulässige Endrenovierungsverpflichtung des Mieters hinaus.
Die Verpflichtung zur Endrenovierung ist für sich genommen zunächst nicht zu beanstanden (BGH WuM 1987, 306). Wird eine solche jedoch im Zusammenhang mit der Übernahme turnusmäßiger Schönheitsreparaturen durch den Mieter vereinbart, benachteiligt sie diesen unangemessen (BGH NJW 2003, 2234 = NZM 2003, 594; BGH NZM 2005, 504). Dies folgt aus dem Summierungseffekt beider Klauseln, der deren Unwirksamkeit insgesamt bewirkt (BGH a.a.O.). Nach der streitgegenständlichen Klausel ist der Mieter verpflichtet, unabhängig von der tatsächlichen Renovierungsbedürftigkeit eine Endrenovierung durchzuführen, wenn er zuvor eine von der ursprünglichen Ausstattung – irgendwie – abweichende Dekoration gewählt hat. Dies ist unzulässig und darf auch nicht auf Umwegen erreicht werden (Schmidt-Futterer/Langenberg a.a.O., RN 174; vgl. auch Goch, a.a.O.; ferner BGH VIII ZR 152/05 vom 5. April 2006: Entfernung vom Mieter angebrachter Tapeten; a.A. Gather a.a.O., mit der Einschränkung auf „erhebliche“ Abweichungen; so auch Hannemann/ Wiegner, Wohnraummietrecht, 2.Aufl., § 11 RN 292; Sternel NZM 1998, 843).
Dass der Vermieter unter Umständen nach Treu und Glauben verpflichtet sein mag, seine Zustimmung zu abweichender Gestaltung – etwa bei einem gewählten Farbanstrich in grau oder gelb statt weiß – zu erteilen, so dass eine Endrenovierung letztlich nicht geschuldet ist, kann für die Frage der Wirksamkeit der Klausel keine Rolle spielen. Ebenso wenig ist entscheidend, dass das Gestaltungsrecht des Mieters seine Grenze regelmäßig im Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache findet, hier hat der Mieter unübliche Dekorationen nach einhelliger Auffassung zu entfernen. Denn die hier zu prüfende Klausel geht über diese Verpflichtung – wie ausgeführt – weit hinaus. …“
06.05.2017