Leitsatz:
Werden die vorhanden Holzdoppelkastenfenster im Rahmen einer Modernisierungsmaßnahme durch Isolierglasfenster ersetzt und führt diese Maßnahme zu einer erheblichen Verringerung des Lichteinfalls (hier: um 28,85 Prozent pro Fenster), darf der Mieter die Miete um jeweils 3 Prozent pro Fenster mindern.
LG Berlin vom 6.11.2013 – 67 S 502/11 –
Urteilstext
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
1) Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Nach der mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 20. Juni 2013 erfolgten Streitverkündung ist der Streithelfer – wie mit dem Schriftsatz vom 8. Oktober 2013 angekündigt – dem Rechtsstreit aufseiten der Beklagten beigetreten.
2) Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.014,17 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen überzahlter Mieten in der Zeit von April 2009 bis März 2010.
Mit dem Vertrag vom 5. September 2003 mieteten der Kläger und Herr … von der Klägerin die Wohnung in der … , Vorderhaus, zweites Obergeschoss rechts, … Berlin. Die Wohnung hat vier Zimmer und ist 100,29m² groß.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Herr … (Ende Oktober 2005) aus dem Mietvertrag ausgeschieden und an seiner Stelle Frau … als Mieterin eingetreten ist.
Der Kläger macht hier Zahlung an sich und die Mitmieterin … geltend, sodass die Klage – anders als bei der allein geltend gemachten Feststellung – zulässig ist.
Unstreitig ist weiter, dass am Haus insgesamt und in der vom Kläger innegehaltenen Wohnung aufgrund der Ankündigung vom 8. August 2008 Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, insbesondere eine Wärmedämmung aufgebracht und neue Fenster eingebaut worden sind.
Der Kläger meint zum einen, dass die Mieterhöhung aufgrund der Modernisierung vom 30. Juli 2009 teils unwirksam sei und zum anderen die Miete insgesamt wegen einer nach der Modernisierung verringerten Fensterfläche und ungünstiger Lichtfarbe um 24 % gemindert sei.
Soweit das Amtsgericht zunächst in dem am 21. Februar 2011 verkündeten Teilurteil die Minderung von 24% festgestellt hatte, hat der Kläger die Klage in der vorhergehenden Berufung – 67 S 138/11 – am 7. November 2011 zurückgenommen.
Es ist zunächst davon auszugehen, dass der Mieterhöhungserklärung vom 30. Dezember 2008 auf Basis des Mietspiegels bzw. § 558 BGB vorbehaltlos zugestimmt worden ist.
Es ist weiter davon auszugehen, dass die Modernisierungsmieterhöhung vom 30. Juli 2009 nicht wegen der vorherigen Erhöhung ausgeschlossen war, denn die vorherige Erhöhung bezog sich auf den unsanierten Zustand. Insoweit ist der Kläger dem Teil- und Schlussurteil nicht entgegen getreten.
Das Amtsgericht hat eine Kürzung der Modernisierungsmieterhöhung wegen eines Instandsetzungsanteils bei den Fenstern vorgenommen. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.
Da die Angaben des Zeugen … entgegen der Auffassung des Amtsgerichts für den Zustand vor der Modernisierung ausdrücklich nur die Zeit bis Ende 2005 betreffen, obwohl der Kläger behauptet hat, dass der Zeuge auch Angaben bis zum Jahr 2008 machen könne, war zum Zustand der Fenster durch den Einzelrichter ergänzend Beweis zu erheben. Der Einzelrichter hat aufgrund des Beschlusses vom 16. Oktober 2013 den von der Beklagten benannten Zeugen … vernommen. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat der Einzelrichter keine Zweifel. Ebenso kann seine Aussage als glaubhaft unterstellt werden. Der Einzelrichter nimmt Bezug auf die protokollierten Angaben. Allerdings ist der Einzelrichter aufgrund dieser Angaben nicht davon überzeugt, dass die Fenster vor der Modernisierung mangelfrei gewesen wären. Nach den Angaben des Zeugen … muss zunächst von Mängeln ausgegangen werden. Die einfache Angabe des Zeugen … , von der Straße aus – bei den im zweiten Obergeschoss eingebauten Fenstern – keine Mängel festgestellt zu haben, erschüttert dies nicht. Der Zeuge … konnte sich weiter weder an eine Besichtigung der Fenster in der Wohnung noch an die Beauftragung von Handwerkern zur Bearbeitung der Fenster erinnern. Es kann so nicht davon ausgegangen werden, dass Schäden an den Fenstern, die der Zeuge … beschrieben hat, vor der Modernisierung beseitigt worden wären. Nach den eigenen Angaben des Zeugen … war eine Zuordnung der im Hof abgestellten Fenster zu einzelnen Wohnungen nicht mehr möglich.
Mit dem Amtsgericht legt der Einzelrichter daher eine Miete von 511,28 € netto bzw. 620,28 € brutto zugrunde.
Die vom Amtsgericht angesetzte Minderung in Höhe von 24 % ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Dazu gelten die Grundsätze wie in der mehrmals zitierten Kammerentscheidung vom 08. Januar 2004 – 67 S 312/01 -. Grundsätzlich verändert sich durch Modernisierungsmaßnahmen, soweit sie zu dulden sind, der vertragsgemäße Zustand der Mietsache. Minderungen sind dann gerechtfertigt, wenn eine vermeidbare Verschlechterung der Mietsache eintritt.
Entsprechend sind darlegungs- und beweisbelastet der Kläger hinsichtlich der veränderten Glasflächenmaße der Fenster bzw. der ungünstigen Lichtfarbe und die Beklagte hinsichtlich der Frage, ob dies ggf. vermeidbar war, insbesondere größere Fensterflächen möglich waren.
Zu den weiteren Fragen der Verringerung des Lichteinfalls und der Vermeidbarkeit hat der Einzelrichter aufgrund der Beschlüsse vom 28. November 2012 und vom 16. Januar 2013 ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen … vom 13. Mai 2013 eingeholt, das der Sachverständige unter dem 17. Juni 2013 ergänzt hat. Der Sachverständige kommt – nach eigenen Kontrollmessungen – zu einer Verringerung der Glasflächen zum 28,85 %. Er legt ausdrücklich dar, dass die Verringerung vermeidbar war. Die weiteren Äußerungen des Sachverständigen zum von ihm so genannten Versprechen der Energieeinsparung sind nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses und nicht streitentscheidend. Die Stellungnahme des Streithelfers befasst sich nur mit dem Teil zur Energieeinsparung und ist im Übrigen verfristet. Dem Streithelfer war eine Frist zur Stellungnahme von einem Monat gesetzt worden. Die entsprechende Verfügung ist ihm am am 4. Juli 2013 zugegangen. Die Stellungnahme ist erst unter dem 8. Oktober 2013 abgegeben worden. Die weiteren Angaben des Streithelfers zu den Aufträgen der Beklagten sind hier nicht relevant.
Die Minderung durch das Amtsgericht entspricht dem Modell aus der zitierten Kammerentscheidung, dem auch der Einzelrichter folgt. In der Kammerentscheidung lag eine sogar leicht geringere Flächenverringerung von 23 % vor, hier sind es über 28 %. Es sind acht Fenster vorhanden, für die je eine Minderung von 3 % anzunehmen ist.
Wegen der Flächenabweichung, die die Minderung schon allein trägt, kommt es – mangels eigener Rechtsmittel des Klägers – nicht darauf an, ob eine erhebliche Lichtfarbenveränderung vorliegt und ob dies ggf. eine weitere Minderung begründen könnte.
Die Rückzahlungsansprüche sind nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Der Kläger hat sich jeweils die Rückforderung unmittelbar bei den Zahlungen vorbehalten. Dieser Vorbehalt war umfassend. Auf die sonstigen Schreiben und ihre Reichweite kommt es nicht an.
Der Zinsanspruch folgt aus § 291, § 288 BGB.
3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
03.01.2018