Niemand weiß, wie viele Musikschüler und -studenten, Hobby- und professionelle Musiker es in Berlin gibt – vielleicht 60.000, vielleicht 70.000? Sie alle müssen üben. Wenn das aus Platz- oder Lärmschutzgründen in der Mietwohnung nicht möglich ist, bieten sich der eigene Keller, ein Platz an der Straße oder Proberäume an. Insbesondere letztere kosten Geld – sind aber meistens die beste Lösung.
„Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt“, weiß ein Sprichwort. Üben, üben üben – aber wo? Denn wenn die 6-jährige Marlene zum wasweißichwievielten Male die gleichen Tonfolgen auf dem Klavier herunterspielt, geschieht das nicht immer zur Freude der Nachbarn. Auch Schlagzeuger gehören in einem Mietshaus nur selten zu den beliebten Mietern.
Trotzdem: Bei Einhaltung der Ruhezeit zwischen 22 und 6 Uhr darf in der Wohnung täglich eineinhalb bis zwei Stunden musiziert werden. Spielen mehrere Personen zusammen oder kommen besonders laute Instrumente wie Trompete, Saxofon oder Schlagzeug zum Einsatz, darf die Übungszeit nur etwa eine halbe Stunde betragen. In kommunalen Verordnungen, im Mietvertrag oder in der Hausordnung können weitere Beschränkungen festgelegt werden. (Das MieterMagazin berichtete in seiner Ausgabe 11/2009, Seite 21: „Musizieren in der Wohnung“.)
Wem der Einbau einer schalldichten Übungskabine in der Wohnung zu teuer oder zu platzraubend ist, der muss sich nach anderen Übungsmöglichkeiten umsehen. Oft werden Kellerräume im Haus als Übungsräume genutzt. Solche lassen sich – bei baulichen Veränderungen mit Genehmigung des Vermieters – relativ problemlos einrichten. Der Fachhandel bietet entsprechende Schallschutzplatten an. Vorübergehend helfen auch ein paar alte Matratzen oder Eierkartons an den Wänden. Trotzdem gelten auch hier die mietrechtlichen Bestimmungen – erlaubt ist nur, was die Nerven der anderen Mieter nicht übermäßig strapaziert.
Manche Hobbymusiker verlegen ihren Proberaum auch in die Öffentlichkeit und spielen auf Straßen, Wegen und Plätzen, unter Brücken, in U-Bahn-Eingängen und so weiter. Wer bereits über etwas Praxis und tatsächliches Talent verfügt, findet hier vielleicht sogar ein Publikum und erste Fans. Das Problem: Auch das Musizieren in der Öffentlichkeit ist in Berlin geregelt. Ohne Genehmigung läuft nichts. Für den U-Bahn-Bereich ist die BVG zuständig, für die „Sondernutzung“ von Straßen, Plätzen und Wegen der Fachbereich Tiefbau in den Bezirken. Grundsätzlich ist das Musizieren nur unverstärkt erlaubt, aber beim Einsatz eines kleinen Verstärkers drücken die Ordnungshüter in der Regel ein Auge zu.
Proben rund um die Uhr
Wem die wenigen erlaubten Übungsstunden in der Wohnung nicht ausreichen und wer zum Üben nicht in den Keller oder auf die Straße gehen will, muss sich nach geeigneten Proberäumen umsehen. Vielleicht wohnt ein Freund in einem Eigenheim? Das wäre eine kostengünstige Variante.
Seit Mitte der 1990er Jahre stehen aber auch überall professionell ausgestattete Proberäume zur Verfügung. Solche Angebote sind allerdings oft teuer. Der Preis richtet sich nach der gebuchten Zeit und der Größe der Räume. Ein Klavier kann dazugemietet werden. Wenn die Tochter oder der Sohn Klavierunterricht nimmt, müssen die Eltern ja nicht unbedingt sofort ein Klavier kaufen. Oft stehen die Proberäume täglich 24 Stunden zur Verfügung, eine Schnupperstunde ist zumeist gratis.
Auch einige Klubs, Jugendzentren und private und kommunale Musikschulen vermieten ihre Räume zum Üben. Der Preis ist zumeist Verhandlungssache.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 11/12
Gut für das Nervenkostüm der Nachbarn: Musizieren in schalldichten Mietübungsräumen (hier: Noisy Rooms)
Foto: Christian Muhrbeck
Die Beantragung und Ausgabe von Spielgenehmigungen für die Vorräume der U-Bahn erfolgt im U-Bahnhof Rathaus Steglitz am Übergang zur S-Bahn mittwochs von 7 bis 11 Uhr. Rechtzeitiges Kommen ist zu empfehlen – pro Woche werden nur circa 40 Genehmigungen erteilt.
Rat und Tat
Meist hilft ein klärendes Gespräch
Der Mieter hat in der Regel einen Anspruch darauf, mindestens zwei Stunden täglich auf seinem Instrument zu spielen. Er hat lediglich die Mittags- und Nachtruhe einzuhalten (BayObLG WuM 86, 148; OLG Hamm NJW 81, 465). Problematisch kann es werden, wenn Berufsmusiker mit im Haus wohnen und sie sich im Mietvertrag ausdrücklich umfangreiche Spielzeiten haben garantieren lassen (LG Frankfurt WuM 90, 287; LG Flensburg DWW 93, 102). Auch Hausmusik und Klavierunterricht können im Mietvertrag vereinbart werden (LG Frankfurt WuM 90, 287). Wenn sich ein Mieter von einem Musik ausübenden Nachbarn belästigt fühlt, sollte er, bevor er Gerichte, Ordnungsamt oder Polizei einschaltet, ein klärendes Gespräch mit dem Musiker führen, damit dieser nur zu bestimmten Zeiten spielt. Den Rechtsweg sollte er nur beschreiten, wenn sich der Nachbar uneinsichtig zeigt.
rb
27.05.2020