Wenn Mieter sich über gravierende Mängel in ihrer Wohnung beschweren, die ihr Vermieter einfach nicht reparieren will, dann ist leider allzu oft auch der Gang zur Bau- und Wohnungsaufsicht nur frustrierend. Deren Mitarbeiter werden oft viel zu spät und nur nach mehrmaliger Aufforderung tätig. In einem langwierigen Verfahren lassen sie sich immer wieder von Eigentümern mit dürftigen Erklärungen hinhalten. Und sie treffen mitunter Entscheidungen, die ganz und gar nicht im Sinne der hilfesuchenden Mieter sind. Ihre Aufgabe, den Wohnungsbestand zu überwachen, kann die Wohnungsaufsicht schon aus Kapazitätsgründen nicht einmal ansatzweise erfüllen. Die Probleme mit den Berliner Bau- und Wohnungsaufsichtsämtern sind seit Jahrzehnten bekannt. Warum lässt sich das nicht abstellen? Wann kommt endlich ein effizienter Gebäude-TÜV?
Mieter haben Anspruch auf eine intakte Wohnung. Dafür zahlen sie die Miete. Wenn aber die Fenster undicht sind, sich Schimmel an feuchten Wänden bildet, es durchregnet, die Balkonbrüstung bröckelt, das Gas abgestellt wird oder die Heizung ständig ausfällt und der Vermieter sich hartnäckig weigert, die Mängel abzustellen, dann können Mieter auch das Bau- und Wohnungsaufsichtsamt ihres Bezirks einschalten. Das Amt kann ein öffentlich-rechtliches Verfahren gegen den säumigen Vermieter einleiten und ihn – im Notfall auch mit Zwangsgeldern – zur Mängelbeseitigung drängen. Im äußersten Fall kann das Amt auch per Ersatzvornahme den Schaden selbst beseitigen lassen. In der Praxis ist die Bau- und Wohnungsaufsicht jedoch alles andere als effizient.
Schlechte Erfahrungen mit der Behörde haben die Mieter einer Wohnanlage an der Schöneberger Straße in Kreuzberg gemacht. Die Ende der 80er Jahre im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA) errichteten Häuser sind schon seit Langem wegen massiven Schimmelbefalls in den Schlagzeilen. Weil die Hausverwaltung generell den Mietern falsches Heizen und Lüften unterstellte und ihnen die Schuld an der aufgetretenen Schimmelbildung zuschob, benachrichtigten die Bewohner die Bauaufsicht. „Im Juni 2005 gab es eine Begehung der Wohnungen – doch das Ganze war eine Farce“, berichtet Mieter Sebastian Jung. Die Mitarbeiter des Amtes hätten geäußert, dass sie nicht unterscheiden könnten, ob das vorliegende Phänomen Schimmel oder Dreck wäre. Einer Mieterin erklärten sie: „Sie kochen zu viel.“ „Die wollten die Schimmelschäden nicht wahrhaben“, sagt Sebastian Jung. Erst nach massivem politischen Druck hat der Bezirk ein Bausachverständigengutachten in Auftrag gegeben, das 2006 bei fünf stichprobenartig ausgewählten Wohnungen zu dem Schluss gekommen ist, dass schwere Baumängel am Schimmelbefall schuld sind. „Seitdem fordern wir die Bauaufsicht auf, gegen den Eigentümer vorzugehen, um den Schimmelbefall zu beseitigen“, so Jung. Doch der Vermieter mauert. Nicht einmal bei den fünf begutachteten Wohnungen wurde eine grundlegende Schimmelsanierung durchgeführt. Nach einem Fernsehbericht über den unhaltbaren Zustand wurde lediglich eine Wohnung bauaufsichtlich gesperrt.
Keine Mittel für Ersatzmaßnahmen
An diesem Punkt wäre eine Ersatzvornahme durch den Bezirk das probate Mittel: Der Bezirk beauftragt von sich aus Baufirmen mit der Beseitigung der Mängel und holt sich das Geld vom Eigentümer zurück. Doch hier müssten alle Fassaden von Grund auf saniert und gedämmt werden – eine große finanzielle Auslage, die der Bezirk scheut, denn ob er das Geld je zurückbekommt, ist fraglich: Einer der drei Fonds, denen die Wohnanlage gehört, steht bereits unter Zwangsverwaltung. „Ich sehe seitens des Bezirksamts keine Bereitschaft, Abhilfe zu schaffen“, kritisiert Sebastian Jung. „Man hat den Eindruck, dass die Belastung der Mieter keinerlei Rolle spielt.“ Mittlerweile stehen in dem Gebäude viele Wohnungen leer.
Und in der Tat ist mit solch großen Schäden ein Berliner Bezirk überfordert. Die finanziellen Möglichkeiten reichen einfach nicht, um in Vorleistung zu gehen – selbst wenn es Aussichten gäbe, das Geld zurückzubekommen. „Es müssen Regelungen gefunden werden, mit denen Vorleistungen abgesichert werden“, fordert Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Und: „Die Bezirke brauchen auch bessere Zugriffsmöglichkeiten.“ Allzu oft reden sich Eigentümer, die zur Mängelbeseitigung aufgefordert werden, damit heraus, dass eine Sanierung ohnehin in naher Zukunft geplant sei oder das Haus verkauft werden soll – und die Bau- und Wohnungsaufsichtsämter geben sich mit diesen hinhaltenden Erklärungen zufrieden.
Wie die Bauaufsicht Teil des Problems wird
Das zeigt auch ein Fall aus dem Wedding. Im Quergebäude eines Hauses in der Uferstraße wurde im Frühling 2008 bei nicht ordnungsgemäß angekündigten Modernisierungsarbeiten ein Schornstein abgerissen, obwohl im Erdgeschoss noch ein Mie-ter wohnte – ein klarer Fall von Schikane, um den Bewohner, der als einziger den Bauarbeiten „im Weg“ war, zu vergraulen. Der Mieter konnte fortan mit seinem Kohleofen nicht mehr heizen. Sowohl der Bezirksschornsteinfegermeister als auch der Mieter wandten sich im Juli 2008 an die Bauaufsicht, die den Vermieter aufforderte, den Schaden zu beheben. Die Hausverwaltung schickte aber erst im Dezember – die Heizperiode hatte längst begonnen – dem Erdgeschossmieter eine Terminvereinbarung. Darin wurde nicht etwa die Instandsetzung des Rauchabzugs angekündigt, sondern eine notwendige Begehung „zur Beendigung der Bauarbeiten“. Ein späteres Schreiben der Hausverwaltung wurde deutlicher: Es sei unter anderem vorgesehen, die Erdgeschosswohnung an die im Bau befindliche Zentralheizung anzuschließen und Versorgungsleitungen durch die Räume zu ziehen. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung erfüllte dieses Schreiben nicht einmal ansatzweise. Der Mieter ließ keine Handwerker in die Wohnung, denn dies hätte als stillschweigende Zustimmung zu einer teuren Modernisierung ausgelegt werden können. Die Bauaufsicht selbst wollte den Schaden erst im März, am Ende der Heizperiode, besichtigen. Da der Mieter auch die Bauaufsicht nicht in die Wohnung ließ – schließlich ist der abgerissene Schornstein nicht bei ihm, sondern in den darüber liegenden Wohnungen zu sehen – wirft das Amt ihm nunmehr mangelnde Kooperationsbereitschaft vor und legt die Hände in den Schoß. Dem Vermieter wird hingegen bescheinigt, wenigstens versucht zu haben, den Mangel zu beseitigen. Die Fakten, die der Eigentümer mit dem Schornsteinabriss geschaffen hat, werden damit von der Bauaufsicht quasi amtlich abgesegnet. Damit trägt die Aufsichtsbehörde nicht zur Lösung bei, sondern ist Teil des Problems geworden.
Viele Mieter erwarten vom Amt ohnehin keine wirksame Hilfe mehr. „Wenn sich ein Fall zivilrechtlich regeln lässt, ist das für den Mieter aussichtsreicher“, sagt Reiner Wild vom BMV. Dass die Bauaufsicht bei schweren Schäden sogar eine Wohnung sperren kann, schreckt zudem viele Mieter ab, bei den Behörden vorstellig zu werden. Eine Alternative: „Es erweist sich oft als sinnvoll, das Gesundheitsamt einzuschalten“, rät Reiner Wild, besonders bei gesundheitsgefährdenden Mängeln wie Heizungsausfall oder Schimmel.
Deregulierung erhöhte die Missstände
Das Personal der Aufsichtsbehörden ist seit der Neuordnung der Bezirke im Jahre 2001 stark zusammengeschrumpft. „Ein beispielloser Einsparungszwang hat zu einer enormen Reduzierung der Personalausstattung geführt“, lässt der Tempelhof-Schöneberger Baustadtrat Bernd Krömer wissen. Der Druck, in der Bauaufsicht Stellen zu streichen, wuchs noch einmal mit der Neufassung der Berliner Bauordnung von 2006: Mit einer weitgehenden Liberalisierung sollte der Verwaltungsaufwand reduziert werden. Seither brauchen die meisten Bauvorhaben keine Baugenehmigung mehr. Doch die Arbeit in der Bauaufsicht ist damit nicht weniger geworden. „Durch die Deregulierung ist die Anzahl bauordnungsrechtlicher Missstände, die nachträglich durch die Behörde beseitigt werden müssen, angestiegen“, berichtet der Marzahn-Hellersdorfer Bauaufsichtsleiter Jürgen Mursell. Gerade wenn man den Bauherren einen so hohen Vertrauensvorschuss gewährt, braucht man effektive Aufsichtsbehörden, um die schwarzen Schafe, die es im Bausektor bekanntermaßen nicht selten gibt, dingfest zu machen.
Der BMV fordert daher schon seit Langem einen „Gebäude-TÜV“. „Es wäre sinnvoll, eine Institution zu schaffen, die wie bei den Autos in regelmäßigen Abständen den Zustand der Wohngebäude prüft“, erklärt der BMV-Vize Reiner Wild. Eine solche Überprüfungsinstanz müsse nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sein. Der „Gebäude-TÜV“ könnte auch die Einhaltung der Energieeinsparverordnung überwachen. Der Zustand von Heizkesseln oder die Dicke einer angebrachten Wärmedämmung werden bislang nur sehr unzureichend kontrolliert.
Da die Mitarbeiter der Bau- und Wohnungsaufsichtsämter meist in Bauberufen ausgebildet sind, haben sie vor allem die bautechnische Seite ihrer Tätigkeit im Blick und weniger die Auswirkungen auf die Bewohner. Für die technischen Hindernisse, mit denen Bauherren und Eigentümer zu tun haben, zeigen sie oft großes Verständnis, während sie für die Belange der Mieter häufig blind sind „Die Erfahrungen des Berliner Mietervereins mit den Mitarbeitern der Bau- und Wohnungsaufsichtsämter sind zwar gemischt“, resümiert Reiner Wild, „doch deutlich überwiegen fehlender Einsatz, Hinauszögern und Zaudern.“
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg
Dass es auch gelegentlich anders geht, zeigt der Fall einer Mieterin aus Weißensee. Sie klagte unter anderem über übermäßigen Krach aus dem Hausflur: In ihrer Erdgeschosswohnung ist laut zu hören, wenn die Haustür ins Schloss fällt, wenn Post und Zeitungen in die Briefkästen geworfen werden, wenn der Fußabtreter benutzt und der Summer zur Türöffnung bedient wird. Außerdem bemängelte sie eine kalte Zugluft in der Wohnung, deren Ursache sich nicht bestimmen ließ. Die eingeschaltete Wohnungsaufsicht Pankow kam zwar auch erst nach drei Monaten, doch untersuchte sie die Mängel gewissenhaft. Ergebnis: Die Wand zwischen dem Hausflur und der Wohnung der Mieterin ist deutlich zu dünn und letztlich auch der Grund für die Zugluft: Weil sie immer deutlich kälter ist als der Rest der Wohnung, entsteht ein unangenehmer Luftstrom.
Die Bitte der Wohnungsaufsicht, die Mängel zu beseitigen, lehnte der Eigentümer zunächst ab: „Nach nochmaliger örtlicher Prüfung sehen wir keine Veranlassung, die angezeigten Mängel zu beseitigen.“ Doch die Wohnungsaufsicht ließ sich damit nicht abspeisen: „Offensichtlich haben Sie sich nicht die Zeit genommen, um die als warm und ruhig angebotene Wohnung einmal aus Mietersicht zu prüfen“, beschied sie dem Eigentümer und mahnte eine Mängelbeseitigung innerhalb von vier Wochen an. „Wir waren überrascht, dass die Wohnungsaufsicht tatsächlich die Ursache gesucht und gefunden hat und die Beseitigung des Mangels anmahnte“, sagt BMV-Rechtsberaterin Aliki Bürger. Freilich: Eine solche Vorgehensweise der Behörden sollte eigentlich nicht Überraschung auslösen, sondern der Normalfall sein – doch von dem ist die Bauaufsicht allerdings weit entfernt.
Jens Sethmann
Die Wohnungsaufsicht hat in den Bezirksverwaltungen einen schwachen Stand. In den meisten Bezirken gibt es lediglich kleine Arbeitsgruppen, die sich um das Aufgabengebiet kümmern. In Marzahn-Hellersdorf und Tempelhof-Schöneberg besteht die Wohnungsaufsicht nur noch aus je einer Sachbearbeiterin, Lichtenberg hat 1,5 Stellen. In Charlottenburg-Wilmersdorf, Marzahn-Hellersdorf und Tempelhof-Schöneberg hat die Wohnungsaufsicht keinen Außendienst mehr. Ortsbegehungen müssen dort von Mitarbeitern der Bauaufsicht oder des Hochbauamts miterledigt werden. Am besten ausgestattet ist die Wohnungsaufsicht in Steglitz-Zehlendorf, die acht Mitarbeiter hat. Die meisten Baustadträte schätzen die Personalausstattung als gerade noch ausreichend ein, halten aber eine weitere Reduzierung für nicht vertretbar. In Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg hält man das Personal heute schon für zu knapp bemessen.
In Friedrichshain-Kreuzberg ist auch die Zahl der Fälle, in denen Mieter die Wohnungsaufsicht eingeschaltet haben, in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. Die meisten Bezirke verzeichnen über diesen Zeitraum indessen nur leichte Anstiege oder gleichbleibende Fallzahlen. In Lichtenberg wurden sogar weniger Bauschäden und Instandhaltungsmängel gemeldet. „Zugenommen haben jedoch Ankündigungen von Liefersperren durch Versorgungsbetriebe wegen von Vermietern nicht gezahlter Betriebskosten“, erklärt Monika Kuhnert, Leiterin des Lichtenberger Bau- und Wohnungsaufsichtsamts. Auch in Tempelhof-Schöneberg musste das Amt in solchen Fällen häufiger als früher einspringen.
In den Innenstadtbezirken mit größeren Altbaubeständen wird die Wohnungsaufsicht deutlich häufiger gerufen als in den Außenbereichen. Während im Bezirk Mitte mit seinen zum Teil vernachlässigten Altbaubeständen die Wohnungsaufsicht im Jahr 2008 insgesamt 903-mal von Mietern gerufen wurde oder „von Amts wegen“ tätig werden musste, sind in Marzahn-Hellersdorf nur ganze fünf Fälle aktenkundig. Der dortige Fachbereichsleiter Jürgen Mursell führt das auf die „gute Bausubstanz“ in seinem Bezirk zurück, in dessen Mietwohnungsbestand es tatsächlich kaum Altbauten gibt.
Stark unterschiedlich ist in den Bezirken auch die Erfolgsquote. Spandaus Baustadtrat Carsten-Michael Röding vermeldet, dass in allen Fällen, in denen die Wohnungsaufsicht im Jahr 2008 tätig wurde, die Mängel vom Eigentümer beseitigt worden seien. In den anderen Bezirken werden etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle erfolgreich zu den Akten gelegt. In Neukölln wird darüber gar keine Statistik geführt.
js
Die Instandhaltung und Instandsetzung der Wohnung ist Sache des Vermieters. Sollte dieser aber seiner Pflicht nicht nachkommen und dadurch gravierende Mängel auftreten, haben Mieter die Möglichkeit, die Wohnungsaufsicht einzuschalten – unabhängig von zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den Vermieter. Mängelmeldungen sollte man auf jeden Fall schriftlich an das zuständige Bezirksamt, Abteilung Bau- und Wohnungsaufsicht schicken. Auch sollte der Absender die Schäden möglichst genau beschreiben und erklären, dass er nach § 13 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Beteiligter am wohnungsaufsichtlichen Verfahren ist. Unterbleibt dies, wird man als Mieter nicht über den Fortgang und die Ergebnisse der Prüfung benachrichtigt, denn dann gelten nur das Amt und der Eigentümer als Verfahrensbeteiligte. Musterschreiben sind beim Berliner Mieterverein erhältlich (Adresse im Serviceteil auf Seite 32 dieser Ausgabe).
Die Wohnungsaufsicht schreitet allerdings nur bei „nicht unerheblichen“ Mängeln ein. Nach der Definition des Wohnungsaufsichtsgesetzes liegen erhebliche Mängel vor, wenn zum Beispiel Wände, Decken, Fußböden, Fenster oder Türen keinen ausreichenden Schutz gegen Witterungseinflüsse, Lärm, Wärmeverluste und Feuchtigkeit bieten, wenn die Wände und Decken nicht ordentlich verputzt oder verkleidet, tapeziert oder gestrichen sind, oder wenn Heizungen, Toiletten, Bäder und Duschen sich nicht ordnungsgemäß benutzen lassen.
Die Wohnungsaufsicht wird nicht nur auf Veranlassung von Mietern tätig, es können auch Verfahren „von Amts wegen“ eingeleitet werden, etwa über Amtshilfeersuchen der Polizei, des Sozial- oder Jugendamts.
Nach einer Mängelanzeige kommt in der Regel ein Außendienstmitarbeiter der Behörde, um den gemeldeten Schaden zu begutachten. Kommt er zu dem Schluss, dass der Mangel erheblich ist und beseitigt werden muss, versucht das Amt den Eigentümer dazu zu bewegen, den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist freiwillig zu beheben. Wenn dieser in der Anhörungsfrist keine Ausnahmetatbestände geltend macht – etwa dass eine Grundsanierung kurz bevorsteht oder der Abriss bereits genehmigt ist – ordnet die Wohnungs-aufsicht die Beseitigung der Mängel an. Sie kann auch einen sofortigen Vollzug anordnen, wenn eine konkrete Gefahr besteht oder der Wohnwert erheblich gemindert ist.
Die Muskeln spielen lassen …
Rührt sich der Eigentümer daraufhin nicht, muss er mit einer Geldbuße von bis zu 25000 Euro rechnen. Als letztes Mittel kann der Bezirk die „Ersatzvornahme“ anwenden, das heißt er lässt die Schäden zunächst auf seine Kosten beseitigen und holt sich das Geld vom Eigentümer zurück. Dieses Verfahren wird beispielsweise auch angewandt, wenn der Vermieter Versorgungsunternehmen nicht mehr bezahlt und daher den Mietern eine Wasser-, Strom-, Gas- oder Fernwärmesperre droht. In aller Regel ist es für den Bezirk aber sehr schwierig, die verauslagten Gelder zurückzubekommen, da sich solche Vermieter meist als notorisch klamm oder sogar zahlungsunfähig erweisen, manchmal auch überhaupt nicht greifbar sind.
Bei besonders schweren Mängeln, die die Sicherheit und die Gesundheit der Bewohner gefährden, kann das Amt die Wohnung sogar unter bestimmten Bedingungen für unbewohnbar erklären.
Stellt die Wohnungsaufsicht keinen Handlungsbedarf fest, kann der Mieter, wenn er anderer Meinung ist, eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht einreichen. Da dies keine mietrechtliche Streitigkeit ist, kann die Klage jedoch nicht über den Berliner Mieterverein eingereicht werden. Auch die Rechtsschutzversicherung aus der Mitgliedschaft deckt dies nicht ab. Wird die Behörde nach einer Mängelmitteilung viel zu spät oder gar nicht aktiv, kann man eine Dienstaufsichtsbeschwerde an eine übergeordnete Stelle richten, also an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, mindestens aber an den für das Wohnungswesen zuständigen Bezirksstadtrat. Dienstaufsichtsbeschwerden hängt der Ruf an, „fristlos, formlos, fruchtlos“ zu sein – man sollte sich aber dennoch nicht abhalten lassen, seine Missbilligung auszudrücken und zumindest aktenkundig zu machen.
js
Die Arbeit der Wohnungsaufsicht fußt auf dem Gesetz zur Beseitigung von Wohnungsmissständen in Berlin, kurz: Wohnungsaufsichtgesetz (WoAufG Bln) –
zu finden unter
www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/wohnen.shtml.
Die Bauaufsicht arbeitet auf Grundlage der Bauordnung für Berlin (BauO Bln):
www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/bauen.shtml.
MieterMagazin 9/09
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alle Illustrationen:
Susanne Nöllgen/
GrafikBüro
05.02.2023