Seit Jahren sind die Mieter am Schöneberger Ufer 51 bis 55 einem Nervenkrieg ausgesetzt. Weil sie den Umbauplänen ihres Vermieters im Weg stehen, sollen sie mit allen Mitteln rausgeekelt werden.
In dem 70er-Jahre-Bau unweit des Potsdamer Platzes sollen durch Sanierung und Zusammenlegung von Wohnungen schicke Lofts für 11 Euro netto pro Quadratmeter entstehen. Für die jetzigen Mieter scheint da kein Platz zu sein. Familie Ahrens, die seit 27 Jahren im Haus wohnt, wurde vor drei Jahren wegen „Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung“ gekündigt. Die Klage wurde vom Landgericht zwar abgeschmettert, doch andere Bewohner ließen sich von den Schikanen der „Hausverwaltung Mann“ vertreiben. Mittlerweile sind nur noch wenige Wohnungen belegt. Die verbliebenen Mieter berichten, dass praktisch nichts mehr am Haus oder an den Wohnungen gemacht wird. Durch die undichten Fenster und Balkontüren regnet es herein, auch Rohrbrüche sind an der Tagesordnung. Durch Risse in der Fassade kommt es immer wieder zu Wasserschäden. Bei Beschwerden heißt es: „Ziehen Sie doch aus“. Von einer „Politik der kleinen Nadelstiche“ spricht die Rechtsberaterin des Berliner Mietervereins, Edith Preiß-Krüger. So mussten die Mieter kürzlich bei klirrender Kälte frieren, weil das Heizöl ausgegangen war.
Auch sonst fällt der Hausverwaltung immer etwas Neues ein, um den Mietern das Leben schwer zu machen. So wurden mehreren Bewohnern wegen Baumaßnahmen die Keller beziehungsweise die Tiefgarage gekündigt. „Eine solche Teilkündigung entbehrt jeder rechtlichen Grundlage“, meint dazu Preiß-Krüger. Noch während die Rechtsberaterin mit der Hausverwaltung über einen Ausweichkeller verhandelte, wurde ein Keller kurzerhand aufgebrochen und abgerissen. „Unsere Sachen fanden sich dann im Keller des Nachbarhauses wieder“, erzählt Mieter Jens Mehrtens.
Einem anderen Mieter wurde das Auto aus der Tiefgarage abgeschleppt und die Garage abgerissen – obwohl ein Gericht die Kündigung der Garage zurückgewiesen hatte. „Was nutzt mir ein solches Urteil, wenn die Hausverwaltung einfach vollendete Tatsachen schafft?“ fragt sich Jürgen Richter.
Andreas Pultke von der Hausverwaltung Mann kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen: „Wir wollen niemanden rausekeln, wir bieten den Leuten sogar Ersatzwohnungen an und übernehmen die Umzugskosten.“ Weitere Kündigungen wegen der Sanierung seien nicht geplant: „Wer nicht ausziehen will, um den wird einfach drum herum gebaut“, so der Mitarbeiter der Hausverwaltung.
Birgit Leiß
MieterMagazin 4/06
‚Ziehen Sie doch aus‘: Das Haus am Schöneberger Ufer 51 bis 55 verfällt
Foto: Kerstin Zillmer
09.06.2018