Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg wollen mit dem Milieuschutz die Verdrängung der Mieterschaft effizienter verhindern. Unabhängig voneinander erließen sie neue Genehmigungskriterien. Die übrigen Bezirke zeigen am Milieuschutz hingegen kaum Interesse.
In Milieuschutzgebieten müssen Baumaßnahmen und Nutzungsänderungen gesondert genehmigt werden. Das soll verhindern, dass die vorhandenen Bewohner durch teure Modernisierungen vertrieben werden. Was über den „zeitgemäßen Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung“ hinausgeht, kann die Bezirksbehörde dem Eigentümer versagen: Der Einbau eines zweiten Bades, einer Fußbodenheizung, eines Innenkamins und der Anbau eines zweiten Balkons werden in Pankow nicht mehr genehmigt. Außerdem werden Wärmedämmungen unterbunden, wenn sie über die Mindestanforderungen der geltenden Energieeinsparverordnung hinausgehen.
Im Februar legte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit ähnlichen Kriterien nach. Einen Unterschied gibt es bei der Bewertung von Aufzügen: Pankow lässt den Fahrstuhl einbau grundsätzlich zu, weil auch in den Sanierungsgebieten, die künftig ebenfalls unter Milieuschutz gestellt werden, Aufzüge bisher immer genehmigt wurden. Eine Kehrtwende sei „nicht vermittelbar“. Friedrichshain-Kreuzberg behält sich hingegen vor, Aufzüge zu untersagen, wenn sie besonders teuer sind oder eine „negative Vorbildwirkung“ haben könnten.
Bisher haben die beiden Bezirke zur Bewertung der Ausstattung den Mietspiegel herangezogen: Was dort als wohnwerterhöhendes Merkmal verzeichnet ist, wurde nicht genehmigt. Das war ziemlich unbefriedigend: Kleinigkeiten wie wandhängende WCs wurden versagt, während kostentreibende Maßnahmen wie übermäßige Wärmedämmungen vorbehaltlos genehmigt werden mussten.
Zweckentfremdungsverbot dringend notwendig
Unter den Neuregelungen erregte das Verbot von Ferienwohnungen am meisten Aufsehen. In den Milieuschutzgebieten beider Bezirke wird die gewerbliche Vermietung von Wohnraum für weniger als vier Wochen künftig untersagt. „Damit soll erreicht werden, dass die als Ferienunterkünfte umgenutzten Wohnungen wieder dem regulären Mietwohnungsmarkt zur Verfügung stehen“, erklärt Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeister Franz Schulz. Die Bezirke reagieren so auch darauf, dass der Senat trotz wiederholter Ankündigungen immer noch kein Zweckentfremdungsverbot erlassen hat.
Ein Quantensprung sind die neuen Genehmigungskriterien keineswegs. Der Milieuschutz würde erheblich mehr bewirken, wenn der Senat, wie von Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg gefordert, eine Umwandlungsverordnung erlassen würde. Damit könnte in Milieuschutzgebieten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen für fünf Jahre untersagt werden. Mit der Eigentumsumwandlung geht nämlich fast immer eine Entmietung der Häuser und anschließend eine übermäßig teure Modernisierung einher. Mit einer entsprechenden Senatsverordnung könnte dieser Verdrängungs- und Mietsteigerungsprozess immerhin gebremst werden.
Pankow will indessen den Milieuschutz deutlich ausdehnen. Die mittlerweile aufgehobenen Sanierungsgebiete von Prenzlauer Berg sollen nun ebenfalls dem Milieuschutz unterstellt werden. Auch für die drei ehemaligen Friedrichshainer Sanierungsgebiete gibt es solche Überlegungen.
Jens Sethmann
MieterMagazin 4/13
Luxus – ja oder nein: Fahrstuhlanbau
Foto: Daniel Schaub
Rat und Tat
Die Milieuschützer
Neben Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg hat nur Mitte noch ein Milieuschutzgebiet. Die übrigen neun Bezirke haben ihre Milieuschutzgebiete aufgehoben oder nie welche ausgewiesen. Im Bezirksamt Pankow will man wegen des negativen Klangs des Wortes „Milieuschutz“ künftig von „sozialen Erhaltungsgebieten“ sprechen.
js
03.03.2018