Mitglieder einer Genossenschaft kaufen sich mit ihren Anteilen ein Stück Sicherheit auf einem unberechenbaren Wohnungsmarkt. Was bleibt den Erben davon nach dem Tod des Genossen? Geregelt wird das im Genossenschaftsgesetz – aber auch in den Satzungen der einzelnen Wohnungsgenossenschaften. Beim Eintritt lohnt es, sie genau zu lesen.
Langjähriges Wohnen im vertrauten Kiez, stabile Mietpreise, Schutz vor Eigenbedarfsklagen: Die rund 186.000 Genossenschaftswohnungen versprechen gerade gegenwärtig einen ruhigen Schlaf, wo sich der Berliner Immobilienmarkt von seiner rauen Seite zeigt. Dafür haben sich Mitglieder mit einer Anzahl von Geschäftsanteilen in die Genossenschaft eingekauft.
Aber: Was geschieht mit so erworbenen Wohnrechten über den Tod hinaus? Können vielleicht Kinder und Enkel gar darauf hoffen, einmal die Wohnung von Eltern oder Großeltern zu übernehmen? „Wer eine Genossenschaftswohnung bezieht, geht zwei Rechtsverhältnisse ein“, erklärt Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein. „Einerseits ist er Mieter – andererseits eben auch Genosse.“ Es gelten für ihn zum einen die gleichen Bestimmungen, die das Mietrecht im Todesfall vorsieht: Da haben Erben beispielsweise ein außerordentliches Kündigungsrecht, um nicht über einen langen Zeitraum noch Miete für eine leere Wohnung zahlen zu müssen. Genauso genießen Ehepartner, Lebensgefährten und Kinder, die mit dem Verstorbenen in der Wohnung gelebt haben, Kündigungsschutz. Ein Vermieter kann sie nicht einfach auf die Straße setzen.
Wichtig ist, was in der Satzung steht
Zum anderen gilt jedoch auch das Genossenschaftsgesetz: Dessen Paragraf 77 legt fest, dass beim Tod eines Mitgliedes dessen Erbe die Mitgliedschaft übernimmt. Wenn er die nicht kündigt oder das Erbe ausschlägt, ist er nun selbst Mitglied der Genossenschaft – allerdings nur für eine begrenzte Zeit. Die reicht per Gesetz bis zum Ende des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Dann erlischt sie automatisch – einen Anspruch auf die Wohnung können Erben nicht erheben. Das soll verhindern, dass jemand einfach per Erbfolge zum Nutzer einer Genossenschaftswohnung wird.
Allerdings treten die „Mitglieder auf Zeit“ in fast alle Rechte und Pflichten ein, die der Genosse einst hatte. Ein Erbe ist stimmberechtigt, muss aber auch fällige Zahlungen leisten. Nur die Ämter, in die der Erblasser einmal gewählt worden ist – beispielsweise als Vertreter – gehen nicht auf den Erben über.
„Über das Genossenschaftsgesetz hinaus können Wohnungsgenossenschaften in ihren Satzungen eigene Festlegungen treffen“, so Frank Maciejewski „Und manche regeln es durchaus so, dass Erben der Beitritt gewährt wird.“ Dann bleibt er auch nach Abschluss des laufenden Geschäftsjahres Mitglied der Genossenschaft – und hat damit schließlich auch Anspruch auf die Versorgung mit Wohnraum. Ob das jedoch die geräumige Wohnung der Großmutter bleibt, wird ihm niemand garantieren.
Erlischt die Mitgliedschaft des Erben nach der gesetzlichen Frist, hat er Anspruch auf Auszahlung der eingebrachten Anteile des Verstorbenen. Hat die Genossenschaft noch offene Forderungen, wenn beispielsweise nicht alle Mieten bezahlt sind oder noch Betriebskostennachzahlungen ausstehen, werden diese Gelder von der Summe abgezogen.
„Eine Auszahlung erfolgt auch nicht sofort mit dem Erlöschen der Mitgliedschaft“, so Maciejewski. Denn vor einer Rückzahlung des Genossenschaftsanteils muss das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres abgewartet, müssen Bilanzen erstellt und die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens geprüft werden. Spätestens ein halbes Jahr nach dem Ausscheiden des Mitglieds müssen die verbliebenen Anteile jedoch ausbezahlt werden.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 5/13
Der Anspruch auf die genossenschaftliche Wohnung lässt sich nicht vererben
Foto: Daniel Schaub
Rat und Tat
Erbengemeinschaft als Genosse?
Geht der Nachlass eines Genossen nicht an einen einzelnen Erben, sondern an eine Erbengemeinschaft, bleibt es dennoch bei nur einer Mitgliedschaft. Die Erben müssen sich untereinander einigen, wer von ihnen Ansprechpartner für die Genossenschaft ist, wer auf Versammlungen das Stimmrecht wahrnimmt – und wer in der Genossenschaft bleibt, wenn die jeweilige Satzung eine solche Möglichkeit vorsieht. Kommt eine Einigung unter den Erben nicht zustande, erlischt die Mitgliedschaft.
rm
11.07.2019