Leitsatz:
Sind an den Außenwänden aller Zimmer sowie in Bad und Küche Schimmelflecken und ist auf Grund des Schnitts der Wohnung ein sinnvolles Stellen der Möbel ohne Inanspruchnahme der Außenwände kaum möglich, ist eine Minderung der Bruttokaltmiete um 20 % gerechtfertigt.
AG Köpenick, Urteil vom 8.2.01 – 17 C 475/00 –
Mitgeteilt von RAin Regina Haberland
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… 2. Den Beklagten steht aber auch für die Zeit ab Januar 1999 noch ein Minderungsrecht in Höhe von 20 % der Bruttokaltmiete zu, so dass die Klägerin nur noch die Zahlung von 1646,08 DM verlangen kann.
Unstreitig ist die streitbefangene Wohnung in Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad mit Schimmelpilz befallen. Schimmelpilzbefall stellt grundsätzlich einen Mangel der Mietsache i.S.d. § 537 Abs. 1 BGB a.F. dar (vgl. Palandt/Weidenkaff § 537 RN 17 a m.w.N.).
Der Schimmelpilzbefall beruht auch nicht auf einem vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache durch die Beklagten. Feuchtigkeitsschäden hat der Mieter nur dann zu vertreten, wenn sie auf unzureichende Heizung und Lüftung der Räume zurückzuführen sind (LG Berlin WM 1985, 22; Bub/Treier III. A RN 949 m.w.N.).
Sind Feuchtigkeitsschäden vorhanden, die ihre Ursache in Baumängeln haben können, muss zunächst der Vermieter darlegen und ggf. beweisen, dass die Schadensursache nicht in seinem Einfluss- und Verantwortungsbereich liegt, also Baumängel auszuschließen sind. Erst wenn dies feststeht, obliegt es dem Mieter, zu beweisen, dass die Feuchtigkeitsschäden nicht auf seinem Verhalten, insbesondere unzureichendem Beheizen und Lüften der Wohnung, beruhen (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1985, 142; LG Berlin GE 1995, 761; LG Berlin, Urteil vom 29.8.2000 – 64 S 139/00 -; Kinne/Schach § 537 RN 8; Emmerich/Sonnenschein § 537 RN 18 a).
Vorliegend ist der Klägerin der ihr obliegende Beweis, dass die Feuchtigkeitsschäden nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen sind, nicht gelungen.
Denn unstreitig weist das Außenmauerwerk des streitbefangenen Gebäudes – zumindest im Bereich der Giebelwände – nicht den erforderlichen Mindestwärmeschutz auf, mit der Folge, dass sich in der Wohnung der Beklagten Schwitzwasser niederschlägt und es zur Schimmelbildung kommt. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen St. vom 31.3.2000 und den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen vom 28.7.2000. Der Sachverständige hat darin festgestellt, dass an den Giebelwänden das anfallende Tauwasser nicht mehr abgeführt werden kann, soweit an diesen Wänden Möbel aufgestellt werden. Die Wasserdampfdiffusion werde durch die aufgebrachte Isoliertapete noch zusätzlich verschlechtert.
Es kommt dabei nicht auf die Frage an, ob ein baulicher Mangel vorliegt, wenn ein Gebäude zwar den baulichen Standards entspricht, die zum Zeitpunkt seiner Errichtung galten, diese aber mittlerweile als unzureichend überholt sind. Denn zumindest die Giebelwände werden nicht nur der aktuellen Wärmeschutzverordnung, sondern selbst dem Mindestwärmeschutz nach DIN 4108 nicht gerecht.
Erfüllen die Außenwände einer Wohnung aber nicht einmal den Mindestwärmeschutz mit der Folge, dass Möbel an diesen Wänden überhaupt nicht aufgestellt werden können, liegt ein den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung beeinträchtigender Mangel i.S.d. § 537 Abs. 1 BGB a.F. vor.
Abgesehen davon ist ein fehlerhaftes Wohn- und Lüftungsverhalten der Beklagten hier ohnehin nicht erkennbar. Denn es kann einem Mieter im Regelfall nicht zugemutet werden, ganze Wände frei von Möbeln zu halten, nur um die Bildung von Schimmelpilz zu vermeiden. Dies gilt um so mehr, wenn die Wohnung – wie im vorliegenden Fall – in jedem Raum mindestens eine Außenwand aufweist. Auch der Sachverständige St. hat in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Wohnung über einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Außenwänden verfüge, so dass eine normale Möblierung der Wohnung ohne Nutzung der Außenwände kaum möglich sei.
Abgesehen davon haben die Beklagten vorgetragen, dass die Schrankwand im Wohnzimmer bereits ca. 20 cm von der Wand abgerückt worden sei, ohne dass dies zu einem Ausbleiben des Schimmelpilzbefalls geführt habe. Das Bestreiten der Klägerin ist insoweit zu unsubstantiiert, da sie sich im Wesentlichen darauf stützt, dass sich dies nicht aus den Feststellungen des Sachverständigen ergebe. Der Sachverständige hat hierzu gar keine Feststellungen getroffen, sondern nur allgemein klargestellt, dass an Außenwänden ein Mindestabstand gewahrt werden sollte.
Der Ursächlichkeit der baulichen Beschaffenheit des Gebäudes für den Schimmelpilzbefall steht die Feststellung des Sachverständigen in seiner Ergänzung des Gutachtens, die Wandaufbauten würden den Feuchteschutznachweis erbringen, nicht entgegen. Denn im folgenden Absatz stellt er ausdrücklich klar, dass es beim Aufstellen von Möbeln nicht mehr zu einer hinreichenden Abführung von Tauwasser komme und dieser Effekt durch die – unstreitig vor Vertragsbeginn vorhandene – Isoliertapete noch verstärkt werde. Da ein völliges Freiräumen der Außenwände den Beklagten – wie oben dargelegt – nicht zugemutet werden kann und auch das Anbringen der Isoliertapete der Klägerin zuzurechnen ist, kann sie sich nicht darauf berufen, dass die Wand, wenn sie freigeräumt und nicht mit der Isoliertapete versehen wäre, über eine hinreichende Wasserdampfdiffusion verfügen würde.
Hinsichtlich der Fensterleibungen hat der Sachverständige eindeutig klargestellt, dass die Ursache insoweit auf eine fehlende Isolierung in diesem Bereich zurückzuführen ist und somit auf eine bauliche Ursache. Die Klägerin ist dem auch gar nicht mehr entgegengetreten. Dasselbe gilt für die nicht isolierten Leitungsrohre im Bad. Hinsichtlich des Schimmelpilzbefalls in den Fensterleibungen hat der Sachverständige zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Vermeidung des Schimmelpilzbefalls nur durch ein Lüftungsverhalten zu vermeiden wäre, das über das normale Maß hinausginge.
Sind an den Außenwänden aller Zimmer sowie in Bad und Küche Schimmelflecken vorhanden, so rechtfertigt dies eine Minderung von mindestens 15 % der Bruttokaltmiete (vgl. LG Berlin – 64 S 356/98 – GE 2000, 345). Da im vorliegenden Fall mit Ausnahme des innen liegenden Flures alle Räume der Wohnung betroffen sind, teilweise an mehreren Wänden, und auf Grund des Schnittes der Wohnung ein sinnvolles Stellen der Möbel ohne Inanspruchnahme der Außenwände kaum möglich ist, ist hier eine Minderung der Bruttokaltmiete um 20 % gerechtfertigt.
3. Ein darüber hinaus gehendes Minderungsrecht steht den Beklagten nicht zu. Für den Zeitraum ab Januar 1999 haben die Beklagten als einzigen weiteren Mangel den sich nach ihren Angaben vergrößernden Wasserfleck an der Decke von Küche, Bad und Flur benannt. Insoweit fehlt es jedoch an der hinreichenden Darlegung einer zur Minderung berechtigenden Gebrauchsbeeinträchtigung. Weder das von den Beklagten selber vorgelegte Schreiben des Bau- und Wohnungsaufsichtsamtes Köpenick noch die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen St. lassen eine Durchfeuchtung der Decke erkennen. Das Schreiben des Bau- und Wohnungsaufsichtsamtes Köpenick stellt lediglich abgetrocknete Wasserflecken fest. Das Vorliegen dieser Flecken ist unstreitig, stellt für sich genommen, sofern die Flecken abgetrocknet sind, aber nur noch eine optische Beeinträchtigung dar, die nicht zur Mietminderung berechtigt. …
Anmerkung der Redaktion:
bestätigt durch LG Berlin vom 6.7.01 – 64 S 126/01 –
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11.06.2018