Leitsätze:
1. Ist in einer Wohneinheit Gewerbe vorhanden, muss in der Betriebskostenabrechnung gegebenenfalls ein Vorwegabzug vorgenommen beziehungsweise erläutert werden, warum dies ausnahmsweise nicht notwendig ist. Der Vermieter kann dabei fehlende Angaben in einer Betriebskostenabrechnung über den Vorwegabzug bei gewerblicher Nutzung auch während des Rechtsstreits nachholen, ohne dass die Wirksamkeit der Betriebskostenabrechnung davon berührt wäre. Der Vorwegabzug für Gewerbeflächen bei Grundsteuer, Gebäudeversicherung und Haftpflichtversicherung ist dann erforderlich, wenn der Grundsteuermessbescheid und die Versicherungsprämien zwischen Wohnfläche und Gewerbefläche differenzieren. Bei verbrauchsabhängigen Positionen wie Bewässerung, Entwässerung und Müllabfuhr ist der Vorwegabzug für Gewerberäume nur dann erforderlich, wenn die gewerbliche Nutzung eine entsprechende Mehrbelastung verursacht. Er ist nur dann entbehrlich, wenn der Vermieter substantiiert darlegt, dass für Gewerbe keine Mehrkosten entstanden sind.
2. Auch die Grundsteuer kann auf die Mieter nach dem Abflussprinzip umgelegt werden. Dem Vermieter ist es lediglich verwehrt, einen Mieter nach dem Abflussprinzip für nacherhobene Grundsteuern in Anspruch zu nehmen, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, zu dem das Mietverhältnis nicht bestand.
3. Sperrmüllkosten (Sondermüll) sind als Müllabfuhrkosten nur dann umlagefähig, wenn es nicht möglich ist, einen Verursacher in Anspruch zu nehmen. Der Vermieter muss dabei darlegen, welche Anstrengungen er unternommen hat, um die Entstehung von Sperrmüll zu verhindern.
LG Berlin, Urteil vom 2.8.04 – 62 S 151/04 –
Mitgeteilt von RA Uwe Thieß
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Betriebskostennachforderung für das Abrechnungsjahr 1999 i.H.v. 154,86 Euro gemäß § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. der Betriebskostenabrechnung vom 29.11.2000.
Die streitgegenständliche Betriebskostenabrechnung rechtfertigt den geltend gemachten Anspruch nicht, denn jedenfalls in weiten Teilen hat die Klägerin über die Betriebskosten nicht wirksam abgerechnet. Dabei kann offen bleiben, ob die Abrechnung nicht entsprechend den Gründen des von der Beklagten in Bezug genommenen Urteils des Amtsgerichts Lichtenberg – 4 C 176/01 – vom 28.2.2002 insgesamt als unwirksam anzusehen ist. Sie erfüllt jedenfalls nicht im vollen Umfang die Mindestanforderungen, die an eine die Fälligstellung des Nachforderungsbetrags begründende ordnungsgemäße Abrechnung i.S.d. § 259 BGB zu stellen sind. Was eine Nebenkostenabrechnung im Einzelnen zu enthalten hat, ergibt sich aus ihrem Zweck. Sie soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen. Dazu muss er die Abrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehen können. Diese Funktion erfüllt sie nur, wenn sowohl die Einzelangaben als auch die Abrechnung insgesamt klar, übersichtlich und aus sich heraus verständlich sind. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf das durchschnittliche Verständnisvermögen eines juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters. Welche Angaben dabei im Einzelnen in der Nebenkostenabrechnung enthalten sein müssen, hängt in erster Linie von der Ausgestaltung des jeweiligen Mietverhältnisses ab (BGH NJW 1982, 573 ff.). Eine ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung muss, soweit keine besonderen Abreden vorliegen, als Mindestangaben danach regelmäßig enthalten eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel und den Abzug der Vorauszahlungen des Mieters (BGH a.a.O.; BGH WM 1991, 2069 ff.; BGH GE 2003, 250; OLG Düsseldorf WM 1993, 411 f.; OLG Brandenburg GE 1998, 1271 f.).
Ist in der Wohneinheit Gewerbe vorhanden, muss in der Betriebskostenabrechnung gegebenenfalls ein Vorwegabzug vorgenommen bzw. erläutert werden, warum dies ausnahmsweise nicht notwendig ist (Kammer GE 2001, 1674; LG Berlin, ZK 64, ZMR 1998, 429; LG Berlin, ZK 63, GE 1997, 493). Der Vermieter kann dabei fehlende Angaben in einer Betriebskostenabrechnung über den Vorwegabzug bei gewerblicher Nutzung auch während des Rechtsstreits nachholen, ohne dass die Wirksamkeit der Betriebskostenabrechnung davon berührt wäre (Kammer GE 2001, 347 f.). Der Vorwegabzug für Gewerbeflächen bei Grundsteuer, Gebäudeversicherung und Haftpflichtversicherung ist dann erforderlich, wenn der Grundsteuermessbescheid und die Versicherungsprämien zwischen Wohnfläche und Gewerbefläche differenzieren (LG Berlin, ZK 67, GE 2002, 736 f.; LG Berlin, ZK 67, GE 1998, 1027; Kammer MM 1996, 327). Bei verbrauchsabhängigen Positionen wie Bewässerung, Entwässerung und Müllabfuhr ist ein Vorwegabzug für Gewerberäume des Weiteren nur dann erforderlich, wenn die gewerbliche Nutzung eine entsprechende Mehrbelastung verursacht (vergl. LG Berlin, ZK 67, GE 2002, 736 f.). Er ist dabei aber nur dann entbehrlich, wenn der Vermieter substantiiert darlegt, dass für Gewerbe keine Mehrkosten entstanden sind (LG Berlin, ZK 64, GE 2001, 65).
Nach den vorstehenden Grundsätzen ist zunächst die Umlage der Grundsteuern für die Jahre 1994 bis 1999 nicht wirksam erfolgt. Zutreffend ist das Amtsgericht allerdings davon ausgegangen, dass es der Wirksamkeit der Abrechnung nicht entgegensteht, wenn die Klägerin die Umlage der Nachberechnung der Grundsteuer für die vorausgegangenen Jahre im Rahmen der Betriebskostenabrechnung 1999 vorgenommen hat. Das Mietverhältnis bestand seit dem Jahr 1978, womit die Beklagte an der Umlage für die fraglichen Jahre zu beteiligen ist. Dem Vermieter ist es lediglich verwehrt, einen Mieter nach dem Abflussprinzip für nacherhobene Grundsteuern in Anspruch zu nehmen, die einen Veranlagungszeitraum betreffen, zu denen das Mietverhältnis noch nicht bestand (vergl. Kammer in GE 2000, 813). Die Abrechnung enthält jedoch keine ausreichende Angaben, die es der Beklagten ermöglichen, die Abrechnung auf ihre äußere Schlüssigkeit zu überprüfen. Vorliegend fehlt es an der Angabe der insgesamt angefallenen und umzulegenden Gesamtkosten. In der Abrechnung wird lediglich ein Bruchteil der erhobenen beziehungsweise nacherhobenen Grundsteuer nach Wohnfläche umgelegt. Der Gesamtbetrag der umzulegenden Kosten wird demgegenüber nicht genannt. Soweit es die nachveranlagten Jahre 1994 bis 1998 betrifft, hat die Klägerin zwar die Grundsteuerbescheide eingereicht, aus denen die Gesamtkosten ersichtlich sind. Diesbezüglich fehlt es aber an einer nachvollziehbaren Erläuterung, inwieweit das vorhandene Gewerbe an der Umlage teilnimmt. Eine brauchbare Erläuterung dessen hat die Klägerin auch im Rahmen des Rechtsstreits nicht gegeben. Für das Jahr 1999 fehlt es ohnehin an der Angabe der Gesamtkosten.
Ebenfalls unwirksam ist die Umlage der Versicherungskosten. Auch diesbezüglich fehlt es an der Angabe der Gesamtkosten, die Abrechnung enthält nur die Angabe eines Bruchteils, welcher nach Wohneinheiten umgelegt wird. Den Umlageschlüssel Wohneinheiten hat die Klägerin allerdings nachvollziehbar und der Billigkeit entsprechend erläutert, indem sie angegeben hat, dass die Versicherungsprämien – soweit es die Wohnflächen betrifft – eben nach Wohneinheiten kalkuliert werden. Nach ihrer Erläuterung werden die Versicherungsprämien für Gewerbeflächen nach 70 qm großen Einheiten berechnet. Diesbezüglich bleibt aber offen, wie groß die Gewerbeflächen hinsichtlich dieser Kostenart überhaupt sind. Die Angaben aus dem Schriftsatz vom 19.2.2004 verhalten sich hierzu nicht. Aber selbst wenn man dies angeben würde, fehlte es an der nachvollziehbaren Herausrechnung aus den nichtangegebenen Gesamtkosten für die Versicherungen.
Die Kosten für die Entrümpelung – als Sondermüll bezeichnet – sind nicht anzusetzen. Derartige Sperrmüllkosten sind als Müllabfuhrkosten i.S.d. Nr. 8 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV nur dann umlagefähig, wenn es nicht möglich ist, den Verursacher in Anspruch zu nehmen (Kammer in GE 2001, 1469 f. und in MM 1996, 327). Der Vermieter muss dabei auch darlegen, welche Anstrengungen er unternommen hat, um die Entstehung von Sperrmüll zu verhindern (Kammer in GE 2001, 1469 f.; LG Berlin GE 1998, 681). Substantiierter Vortrag hierzu ist nicht ersichtlich.
Auch die Umlage der Kosten für Wasserversorgung, Servicegebühren und Entwässerung ist nicht wirksam erfolgt. Die Erläuterung ist diesbezüglich völlig unverständlich und kann so nicht nachvollzogen werden. Die Abrechnung versetzt den Mieter bereits auf Grund der unverständlichen Art der Gebrauchserfassung in der die verschiedensten Abrechnungskreise gebildet werden, nicht in die Lage, die Angaben gedanklich nachzuvollziehen und anhand der Unterlagen zu überprüfen. Dabei bleibt auch völlig offen, auf Grund welcher Werte die Klägerin zu ihrem Ergebnis kommt.
Auf die Bedenken gegen die Umlage der Position Straßenreinigung kommt es hier nicht weiter an, so dass der Frage, wie sich durch eine Neuvermessung im Laufe des Abrechnungsjahres nur für die darauf folgende Zeit eine Änderung der objektiven Gesamtfläche ergeben kann, nicht nachzugehen ist.
Nach Herausnahme bereits dieser unwirksamen Positionen verbleibt nur ein Umlagebetrag i.H.v. allenfalls 1.038,57 DM, dem Vorauszahlungen von 1.950,00 DM gegenüberstehen, was sich zusammenfassend aus der folgenden Aufstellung ergibt:
Kostenart, Anteil der Beklagten
Miete Kaltwasserzähler: 20,21 DM
Wasserversorgung:
Servicegebühren:
Entwässerung:
Wartung an Aufzugsanlagen: 291,89 DM
Notrufanlage Aufzug: 105,95 DM
Elektroenergie Aufzugsanlage: 41,80 DM
Gebäudeversicherung:
Glasbruchversicherung:
Haftpflichtversicherung:
Kosten der Beleuchtung: 37,64 DM
Gutschrift Beleuchtung: 0,63 DM
Straßenreinigung: 73,17 DM
Müllentsorgung: 126,78 DM
Recycling: 26,21 DM
Biomüllentsorgung: 5,42 DM
Sondermüll:
Prüfung Feuerl.-Steigltg: 8,85 DM
Außenanlagen: 31,80 DM
Schneebeseitigung: 16,10 DM
Hausreinigung: 176,25 DM
Glasreinigung: 27,01 DM
Hauswart: 50,12 DM
Grundsteuer 1994,
Grundsteuer 1995,
Grundsteuer 1996,
Grundsteuer 1997,
Grundsteuer 1998,
Grundsteuer 1999
Summe: 1.038,57 DM
abzgl. Vorauszahlungen: – 1.950,00 DM
Betrag: – 911,43 DM
II. Demgegenüber hat die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der unter Vorbehalt geleisteten Nachzahlung von 251,40 Euro aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, denn die allenfalls wirksamen Positionen sind bereits durch die Vorauszahlungen gedeckt. …
04.01.2018