Leitsatz:
Es stellt keinen Kündigungsgrund dar, wenn der Mieter einmal Miete zu Unrecht in einer Höhe von unter einer Monatsmiete gemindert hat, wenn er in einem Rechtsstreit eine Widerklage erhoben hat, mit der er abgewiesen worden ist oder wenn er Einwendungen gegen eine Heizkostenabrechnung erhebt. Schließlich ist es kein Pflichtenverstoß, der zur Kündigung führt, wenn der Mieter sich weigert, ein Angebot des Vermieters anzunehmen, das für ihn zu einer deutlich erhöhten Miete führen würde.
AG Schöneberg, Urteil vom 13.5.04 – 106 C 647/03 –
Mitgeteilt von RAin Beate Almenräder
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Beklagte mietete vom Kläger mit Vertrag vom 1.3.1994 eine Wohnung im Hause W.-Straße in Berlin. Der Mietzins beträgt monatlich 442,27 Euro brutto kalt.
Mit Schreiben vom 13.10.2003 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31.7.2004, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Zur Begründung führte er an, dass die Beklagte sich geweigert habe, sein Angebot vom 22.9.2003 auf Übernahme von Betriebskosten anzunehmen; hierdurch erleide er einen wirtschaftlichen Nachteil und sei an der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert; die Beklagte sei in dem Rechtsstreit vor dem AG Schöneberg 17 C 142/02 verurteilt worden, zu Unrecht einbehaltene Mietminderung in Höhe von 376,24 Euro an den Kläger zu zahlen, zugleich sei sie mit ihrer dortigen Widerklage auf Mietrückzahlung in Höhe von 3.190,46 Euro und einer Feststellung auf eine geringere Miethöhe abgewiesen worden; sie habe einer Heizkostenabrechnung für 2002 widersprochen. …
Mit Schreiben vom 22.10.2003 ließ die Beklagte der Kündigung widersprechen und forderte den Kläger auf, bis zum 30.11.2003 zu erklären, dass dieser keine Rechte aus der Kündigung herleiten werde. Mit Schreiben vom 29.10.2003 teilte der Kläger mit, dass er die Kündigung nur dann zurücknehme, wenn die Beklagte bereit sei, alle Betriebskosten zusätzlich zu übernehmen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Erhöhung der Betriebskosten seit Abschluss des Vertrages einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung der Wohnung zuwiderlaufe.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung im 1. Geschoss links in dem Anwesen W.-Straße in Berlin, bestehend aus 1 Zimmer, Küche, Toilette, Dusche und Diele zum 31.7.2004 zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klage auf die künftige Leistung wegen der Besorgnis der Nichterfüllung gemäß § 259 ZPO zulässig. Denn die Beklagte hat hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die Klageforderung nicht fristgerecht erfüllen werde.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht kein Herausgabeanspruch gemäß § 546 BGB oder § 985 BGB zu. Denn das Mietverhältnis wird nicht durch die Kündigung vom 13.10.2003 zum 31.7.2004 beendet sein. Denn die Kündigung ist unwirksam. Das fortbestehende Mietverhältnis stellt zugleich ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB dar.
Es fehlt an einem Kündigungsgrund i.S.d. § 573 BGB.
Ein Kündigungsgrund ist insbesondere nicht gemäß § 573 II Nr. 1 BGB gegeben. Dass die Beklagte einmal Miete zu Unrecht in einer Höhe von unter einer Monatsmiete gemindert hat, ist kein Kündigungsgrund. Dieses ergibt sich aus der Wertung des § 569 BGB. Die Beklagte hat von einem vermeintlichen Recht im guten Glauben Gebrauch gemacht und diesbezüglich einen Rechtsstreit mit dem Kläger geführt. Kein Kündigungsgrund ist ferner, dass die Beklagte in diesem Rechtsstreit eine Widerklage erhoben hat, mit der sie abgewiesen worden ist. Es ist das gute Recht der Beklagten, vermeintliche Ansprüche gegen den Kläger im Wege einer Widerklage vor Gericht zu versuchen geltend zu machen. Dieses ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip. Etwas anderes könnte nur dann gegeben sein, wenn die Beklagte mutwillige Prozesse, ggf. mit wahrheitswidrigem Sachvortrag, gegen den Kläger in schikanöser Absicht führen sollte. Dieses hat der Kläger indes nicht dargelegt. Ein Kündigungsgrund ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Beklagte Einwendungen gegen eine Heizkostenabrechnung erhebt. Auch dieses ist ihr gutes Recht, zumal der Kläger nicht einmal dargelegt hat, dass die Heizkostenabrechnung formal und inhaltlich nicht zu beanstanden sei. Dieses oblag ihm indes. Denn die Erhebung berechtigter Einwendungen kann kein Pflichtenverstoß sein.
Schließlich ist es kein Pflichtenverstoß, wenn die Beklagte sich weigert, ein Angebot des Klägers anzunehmen, das für sie zu einer deutlich erhöhten Miete führen würde. Abgesehen davon, dass sich der Kläger mit dieser Ansicht und seinem Schreiben vom 29.10.2003 zumindest in rechtlich gefährliche Nähe der §§ 253, 22 StGB begibt, widerspricht seine Ansicht dem Rechtsgedanken des § 573 I 2 BGB. Denn letztlich will er die Kündigung aussprechen, weil es zu keiner einvernehmlichen Mieterhöhung kam. Eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist indes ausgeschlossen.
Es liegt auch kein Kündigungsgrund gemäß § 573 II Nr. 3 BGB vor. Zum einen fehlt es an der ordnungsgemäßen Darlegung der Voraussetzungen. Alleine die pauschale Bezugnahme auf ein Kündigungsschreiben, in dem seinerseits auf ein nicht zur Akte gereichtes Schreiben verwiesen wird, ist kein ausreichender Sachvortrag i.S.d. § 138 ZPO. Zum anderen fehlt es an den Voraussetzungen des § 573 Il Nr. 3 BGB. Der Beklagte hatte es gemäß § 4 MHG a.F. bzw. gemäß § 560 BGB n.F. und hat es gemäß § 560 BGB n.F. in der Hand, die Erhöhung der Betriebskosten auf die Beklagte ohne ihr Einverständnis umzulegen bzw. gemäß § 2 MHG a.F. bzw. gemäß § 558 BGB n.F. von der Beklagten eine Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf eine ortsübliche Vergleichsbruttokaltmiete zu begehren. Unterlässt er dieses, so kann er sich nicht selber einen Kündigungsgrund gemäß § 573 II Nr. 3 BGB schaffen. …
05.03.2013