Leitsatz:
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen bei der Heizkostenabrechnung ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu sehen ist, wenn die Kosten für die Funkablesung, Abrechnung und Beschaffung der Heizkostenverteiler mehr als die Hälfte der Gesamtheizkosten ausmachen.
AG Lichtenberg, Urteil vom 11.7.03 – 14 C 5/03 -;
LG Berlin, Urteil vom 10.11.03 – 62 S 220/03 –
Mitgeteilt von RA Uwe Ringel
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts:
Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus der Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum 1.4.1999 bis 31.12.1999 gemäß § 535 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 535 Abs. 2 BGB n.F. derzeit nicht zu, da der Anspruch mangels formell wirksamer Abrechnung nicht fällig geworden ist.
Die streitgegenständliche Betriebs- und Heizkostenabrechnung genügt den Anforderungen, die gemäß § 259 BGB an eine formell wirksame Abrechnung zu stellen sind, nicht.
Dies folgt bereits daraus, dass die in der Betriebskostenabrechnung 1999 enthaltene Heizkostenabrechnung nicht wirksam ist und sich daher, da sich der aus der Heizkostenabrechnung ergebende Kostenanteil auf 1342,65 Euro beläuft und sich der von der Klägerin beanspruchte Nachforderungsbetrag auf lediglich 839,80 Euro summiert, die gesamte Abrechnung derzeit nicht wirksam und der geltend gemachte Anspruch nicht fällig ist.
Die Beklagten tragen von der Klägerin unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) vor, dass sich die Kosten allein für die Beschaffung, Ablesung und Abrechnung der Wärme- und Heizungsmessgeräte in Form von elektronischen Wärmemessern und Ablesegeräten auf einen Betrag von 27661,08 Euro beliefen, d.h. mehr als die Hälfte der Gesamtkosten in Höhe von 54148,81 Euro der Heiz- und Warmwasserkosten ausmachten.
Darin liegt ein Verstoß gegen das den Vermieter verpflichtende Gebot zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung mit den von den Mietern geleisteten Vorschüssen. Betragen die Kosten für die Abrechnung einschließlich der Kosten für die Anmietung der Erfassungsgeräte und die Ablesung mehr als die Hälfte oder mehr als die eigentlichen Heizkosten, entspricht die Betriebskostenumlage nicht mehr dem Gebot der Wirtschaftlichkeit (Staudinger-Weitemeyer, Kommentar zum BGB, Buch 2, 2003, § 556, Rn 29; vgl. auch AG Hamburg, WM 1994, 695; AG Bersenbrück, WM 1999, 467). Selbst wenn man der Ansicht ist, das Verhältnis des Anteils der Messkosten zu den Gesamtkosten allein sei für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliege, nicht entscheidend (AG Münster WM 2001, 499), ist jedoch das spezifische Kosten- und Nutzenverhältnis zu berücksichtigen.
Wenn beispielsweise die kostenintensive Messung und Erfassung dazu führen würde, dass Energiekosten in größerem Umfang eingespart würden oder andere ökologische Gesichtspunkte für die Vorhaltung derart kostenintensiver Technik sprechen würden, würde dies gegen einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sprechen (vgl. zum Kosten-Nutzenverhältnis, Wall, WM 2002, 130 (132 ff)).
Wenn jedoch, wie hier, lediglich die Rede davon ist, dass es sich um eine besonders hochwertige Wohnanlage handele, die als eine der ersten mit einer derart neuen Technik ausgestattet worden sei und deren Nutzen unter anderem darin liege, dass der Ableser die Wohnung der Mieter nicht betreten müsse, sind die Voraussetzungen für die Umlagefähigkeit der entsprechenden Kosten nicht dargetan, denn umlagefähig wäre nur ein entsprechender Kostenanteil, der dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspräche. Dies ist nicht aus der Abrechnung selbst zu ermitteln, weshalb sie insgesamt als derzeit unwirksam anzusehen ist, da die rechnerisch zutreffende Kostenumlegung auf Grund der bisher zu Grunde gelegten Ansätze nicht ermittelt werden kann. …
Aus den Entscheidungsgründen des Landgerichts:
… Die Klägerin hat gegen die Beklagten lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 521,10 Euro aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1999 vom 27.6.2002.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts führen die Bedenken gegen die Umlagefähigkeit der Kosten für die Verbrauchserfassung nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung über die Heizkosten insgesamt, sondern nur zu einer entsprechenden Kürzung der Umlage für Heiz- und Warmwasserkosten auf 1024,01 Euro. Die fraglichen Kosten können vorliegend herausgenommen werden, wonach sich der anzusetzende Umlagebetrag aus den übrigen Angaben in der Abrechnung ergibt (AG Neuss WM 1995, 46 f.; vergl. auch LG Köln WM 1989, 310). Zutreffend geht das Amtsgericht aber davon aus, dass die Kosten für die Gebrauchserfassung hier nicht umgelegt werden können, dies jedoch nur, soweit es die Anmietung der Anlage betrifft. Die hierdurch veranlassten Kosten in Höhe von insgesamt 24581,06 Euro stellen sich als unwirtschaftlich dar. Allein die allgemeinen Kosten für die Gebrauchserfassung in Höhe von 2382,07 Euro beziehungsweise 697,95 Euro liegen im Bereich der üblichen Kosten, wie sie auch etwa bei Verwendung von herkömmlichen Erfassungsgeräten mit Ablesung vor Ort für eine Wirtschaftseinheit vergleichbarer Größe entstehen. Die Kosten für die Anmietung der Funkanlage sind aus Sicht des Mieters ohne erkennbaren Wert, denn die Abrechnung unter Gewinnung der Gebrauchserfassung bei Ablesung vor Ort hätte den gleichen Inhalt. Soweit die Klausel in § 6 Abs. 2 des Mietvertrags vom 28.3.1999 den formularmäßigen Hinweis enthält, dass der Mieter die Kosten der Verwendung, der Anmietung oder anderer Arten der Gebrauchsüberlassung einer messtechnischen Ausstattung zur Verbrauchserfassung zu tragen hat, so führt dies nicht zum Ausschluss des Einwandes der Unwirtschaftlichkeit. Die Klausel vermittelt lediglich den Grund für eine Umlage derartiger Kosten, ohne dass hierdurch ohne weiteres jedwede Kosten umlagefähig sind. Sie befreit den Vermieter nicht von dem allgemeinen Grundsatz, die seitens der Mieter geleisteten Vorschüsse wirtschaftlich einzusetzen. Angaben zu den konkreten Kosten für die angemieteten Geräte enthält der Mietvertrag nicht (vergl. auch § 4 Abs. 2 Satz 2, 1.HS HeizkV). …
04.01.2018