Leitsatz:
Eine jahrelange anstandslose Zahlung von Betriebskostenabrechnungen führt nur ausnahmsweise zu einer Vereinbarung über zusätzlich umlegbare Betriebskosten.
AG Schöneberg vom 31.3.2010 – 103 C 384/07 –
Mitgeteilt von RA Jörg Grützmacher
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mietvertrag enthielt keine wirksame Vereinbarung darüber, dass der Mieter Nebenkosten zu tragen hat. Während des Mietverhältnisses hat die Vermieterin zwar Abrechnungen über die Betriebskosten erstellt und der Mieter hat auf diese Abrechnungen auch Zahlungen geleistet. Eine nachträgliche Betriebskostenvereinbarung sei aber nicht getroffen worden, urteilte das Amtsgericht.
Zwar sei eine stillschweigende Vertragsänderung durch die Mietvertragsparteien grundsätzlich möglich. Erforderlich sei in diesem Zusammenhang aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage der Betriebskosten zustimmt. Es reiche nicht aus, wenn der Mieter Zahlungen auf die Abrechnungen erbringe. Darin komme im Zweifel nur die Vorstellung des Mieters zum Ausdruck, zur Zahlung des Nachforderungsbetrages verpflichtet zu sein (vgl. BGH NJW 2008, 283).
Die Zahlungen des Mieters auf die Betriebskostenabrechnungen der Vermieterin seien unter diesen Umständen auch nicht als Anerkenntnis anzusehen. Eine Zahlung enthalte ein deklaratorisches Anerkenntnis nur hinsichtlich solcher Einwendungen, die dem Mieter zum Zeitpunkt der Zahlung bekannt waren. Dem Mieter war zum Zeitpunkt der Zahlung jedoch nicht bekannt, dass er zur Zahlung von Betriebskosten nach dem Mietvertrag nicht verpflichtet sei.
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von 1.871,33 Euro nach § 812 BGB. Der Beklagte hat an die Klägerin Zahlungen in dieser Höhe ohne Rechtsgrund geleistet. Wie bereits im Urteil vom 16.9.2009 ausgeführt, enthält der Mietvertrag der Parteien keine wirksame Vereinbarung darüber, dass der Beklagte Nebenkosten zu tragen hat. § 4 des Mietvertrages ist nicht zu entnehmen, dass der Beklagte überhaupt verpflichtet ist, Nebenkosten zu tragen und darauf Vorschüsse zu zahlen hat. Die Klägerin hat den Mietvertrag vom 25.2.2004 mit dem Beklagten nicht selbst abgeschlossen und trägt auch nicht vor, dass sich ihre Rechtsvorgänger und der Beklagte bei Abschluss des Mietvertrags darüber einig gewesen wären, dass unter „Umlagen“ Betriebs- und Heizkosten zu verstehen sein sollten.
Während des Mietverhältnisses hat die Klägerin zwar Abrechnungen über die Betriebskosten erstellt und der Beklagte hat auf diese Abrechnungen auch Zahlungen geleistet.
Zwar ist eine stillschweigende Vertragsänderung der Mietvertragsparteien grundsätzlich möglich. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage der Betriebskosten zustimmt. Es reicht nicht aus, wenn der Mieter Zahlungen auf die Abrechnungen erbringt. Darin kommt im Zweifel nur die Vorstellung des Mieters zum Ausdruck, zur Zahlung des Nachforderungsbetrages verpflichtet zu sein – vgl. BGH NJW 2008, 283.
Auch das Verhalten des Beklagten im vorliegenden Fall ist nur dahin gehend zu interpretieren, dass der Beklagte davon ausging, nach dem Mietvertrag zur Zahlung von Betriebskosten verpflichtet zu sein. Auch die Klägerin ging nach ihrem Verhalten davon aus, weshalb beide Parteien zu keinem Zeitpunkt die Vorstellung hatten, eine nicht getroffene Vereinbarung über die Abwälzung von Betriebskosten auf den Beklagten nunmehr nachträglich noch zu treffen.
Mangels einer wirksamen Vereinbarung über die Tragung von Betriebskosten ist der Beklagte auch nicht mit dieser Einwendung gemäß § 556 Abs. 3 Satz BGB ausgeschlossen. Über nicht umlagefähige Betriebskosten kann eine Abrechnung nicht erteilt werden.
Die Zahlungen des Beklagten auf die Betriebskostenabrechnungen der Klägerin sind unter diesen Umständen auch nicht als Anerkenntnis anzusehen. Eine Zahlung enthält ein deklaratorisches Anerkenntnis nur hinsichtlich solcher Einwendungen, die dem Mieter zum Zeitpunkt der Zahlung bekannt waren. Dem Beklagten war zum Zeitpunkt der Zahlung jedoch nicht bekannt, dass er zur Zahlung von Betriebskosten nach dem Mietvertrag nicht verpflichtet ist. …
04.01.2018