Leitsatz:
Die Erweiterung der Haftung des Wohnungsmieters für Schäden durch Dritte an der Mietsache oder dem Mietgrundstück durch Formularmietvertrag über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus verschuldensunabhängig ist unwirksam.
AG Düren vom 28.4.2010 – 47 C 43/10 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Haftung für Schäden im Treppenhaus, die „ungebetene“ Party-Gäste des Mieters nach einem Rauswurf durch den Mieter verursacht hatten. Der Vermieter berief sich auf eine entsprechende mietvertragliche Formularklausel. Die Klausel begründete eine Haftung des Mieters „für Schäden, die durch seine Angehörigen, Untermieter, Besucher, Lieferanten, Arbeitnehmer, Handwerker usw. verursacht worden sind.“ Das Gericht hielt die Klausel gemäß § 307 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters für unwirksam. Die Haftung des Mieters werde damit über die gesetzlich vorgesehenen Fälle (§§ 278, 831, 89, 31 BGB) verschuldensunabhängig ausgedehnt. Nach dem Regelungsgehalt der Klausel hafte der Mieter auch für Besucher, die ohne oder gegen seinen Willen mit der Mietsache in Berührung kommen. Hierin liege eine unangemessene Benachteiligung, da eine Haftung für Dritte nur dann angemessen und nach den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen vorgesehen sei, wenn der Schuldner sich des Dritten bedient oder er seinem Geschäfts- oder Gefahrenkreis entstammt. Die Begründung einer Haftung für Dritte, die dem Einflussbereich des Mieters entzogen seien, sei mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und daher unwirksam.
Urteilstext
Zum Sachverhalt:
Zwischen den Parteien besteht ein Wohnraummietverhältnis über eine im Haus gelegene 3-Zimmer-Wohnung. Die Beklagten hielten als Mieter der Wohnung am 31.12.2009 eine Silvesterfeier ab. Zu dieser erschienen auch die Zeugen Markus und Michael F. Um 24:00 Uhr hielten sich die Beklagten mit den Gästen auf der Straße auf. Dort kam es zwischen dem weiteren Mieter des Hauses, dem Zeugen K., und den Zeugen F., zu einem Streit. Die Beklagten und die Zeugen F. suchten dann zunächst wieder die Wohnung der Beklagten auf. Dort baten die Beklagten die Zeugen F., die Wohnung zu verlassen. Dies geschah.
Die Kläger behaupten, die Zeugen F. hätten sodann im Treppenhaus die Klingel der Wohnung des Zeugen K. beschädigt. Außerhalb des Hauses aber noch auf dem Grundstück hätten die Zeugen F. sodann gegen die Rolläden der Wohnung der Zeugen K. geschlagen und diese dadurch beschädigt. Durch die Zeugen F. sei ein Sachschaden in Höhe von 606,70 € verursacht worden. Die Neubeschaffung des Rolladen koste 566,70 €. Die Neuinstallation der Klingelanlage koste 40,00 €. Zuzüglich einer allgemeinen Kostenpauschale von 20,00 € machen die Kläger einen Schadensersatzanspruch von 626,70 € gegen die Beklagten geltend. Sie sind der Ansicht, dass die Beklagten für die durch ihren Besuch verursachten Schäden haften. Dies sei unter § 14 Nr. 5 des Mietvertrages auch ausdrücklich bestimmt.
Die Beklagten treten einer Haftung für die bestrittenen Schädigungshandlungen der Zeugen F. entgegen.
Aus den Gründen:
Die Klage ist nicht begründet.
Den Klägern steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 626,70 € nebst Zinsen nicht zu. Ein solcher Anspruch folgt weder aus dem streitgegenständlichen Mietverhältnis, noch aus einem sonstigen rechtlichen Gesichtspunkt.
Die Beschädigung der Wohnungsklingel und der Rolläden der Wohnung K. durch die Zeugen Markus und Michael F. ist den Beklagten nicht gemäß § 278 BGB zuzurechnen. Die Kläger tragen selber vor, dass die Beklagten die Zeugen F. nach dem Streit mit dem Mieter K. baten, die Wohnung zu verlassen. Die Beschädigungen wurden erst danach im Treppenhaus und außerhalb des Wohnhauses durch die Zeugen F. verursacht. Es ist bereits streitig, ob Besucher des Mieters überhaupt als dessen Erfüllungsgehilfen angesehen werden können (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, § 535 Rn. 258 m.w.N.). Soweit man der Ansicht folgt, dass sie in Bezug auf die dem Mieter obliegenden Obhutspflichten als seine Erfüllungsgehilfen anzusehen sind, so gilt dies aber nur für den Fall, dass sie mit Wissen und Wollen des Mieters mit der Mietsache in Berührung kommen. Maßgeblich für die Haftung des Schuldners gemäß § 278 BGB ist, dass er sich eines Dritten zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient. Das ist im Verhältnis zu Besuchern und Gästen des Mieters jedenfalls dann nicht der Fall, wenn sie sich nicht (mehr) mit dem Willen des Mieters im Obhutsbereich der Mietsache befinden und der Mieter dies auch nach außen manifestiert.
Soweit die Kläger die Haftung der Beklagten auf die Klausel unter § 14 Nr. 5 des vorformulierten Mietvertrages stützen, dringen sie nicht durch. Die Klausel ist gemäß § 307 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam. Die Klausel begründet eine Haftung des Mieters „für Schäden, die durch seine Angehörigen, Untermieter, Besucher, Lieferanten, Arbeitsnehmer, Handwerker usw. verursacht worden sind.“ Die Haftung des Mieters wird damit über die gesetzlich vorgesehenen Fälle (§§ 278,831,89,31 BGB) verschuldensunabhängig ausgedehnt. Nach dem Regelungsgehalt der Klausel haftet der Mieter auch für Besucher, die ohne oder gegen seinen Willen mit der Mietsache in Berührung kommen. Hierin liegt eine unangemessene Benachteiligung, da eine Haftung für Dritte nur dann angemessen und nach den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen vorgesehen ist, wenn der Schuldner sich des Dritten bedient oder er seinem Geschäfts- oder Gefahrenkreis entstammt. Die Begründung einer Haftung für Dritte, die dem Einflussbereich des Mieters entzogen sind, ist mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und daher unwirksam (vgl. auch BGH, Urteil vom 15.05.1991, VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750-1754 [=WuM 1991, 381], m.w.N.)
31.12.2016