Leitsatz:
Es liegt nur ein unerheblicher Mangel vor, welcher nicht zur Mietminderung berechtigt, wenn die Heiztemperaturen etwas über dem üblichen Temperaturniveau liegen.
LG Berlin vom 5.10.2012 – 63 S 11/12 –
Urteilstext
Gründe:
I.
Es wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
1. Die statthafte (§ 511 Abs. 1 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.
2. Aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, ist die Berufung unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung des Abrechnungsergebnisses aus der Heizkostenabrechnung 2009 in Höhe von 416,86 Euro. Diese Abrechnung ist nicht zu beanstanden.
Die vom Amtsgericht angewendete aktuelle Fassung des § 7 HeizKV ist auf die hier streitgegenständliche Heizkostenabrechnung gem. § 12 Abs. 6 HeizKV anwendbar. Der maßgebliche § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV war entgegen der Auffassung der Beklagten bereits in der Fassung der Heizkostenverordnung vom 02.12.2008 – gültig ab dem 01.01.2009 – enthalten und der hier maßgebliche Abrechnungszeitraum hat nicht vor dem 01.01.2009 begonnen.
Soweit die Beklagten die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV bestreiten, ist dies insoweit nicht nachvollziehbar, als sie in der Berufungsbegründung unstreitig gestellt haben, dass wesentliche Anteile des Wärmeverbrauchs nicht durch Ablesung erfasst werden können. Offensichtlich gehen auch die Beklagten davon aus, dass dies an den freiliegenden und ungedämmten Heizungsrohren liegt, da sie wegen der dadurch behaupteten Überhitzung die Miete gemindert haben.
Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass den Beklagten ein Kürzungsrecht gemäß § 12 HeizKV nicht zusteht, da es sich bei dem nach den anerkannten Regeln der Technik ermittelten Verbrauch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV um einen „erfassten“ Wärmeverbrauch handelt.
Die Kammer teilt nicht die in der Literatur geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV (vgl. Lammel, Heizkostenverordnung 3. Aufl., § 7 Rn. 46 ff.; MüKo/Schmid, BGB 6. Aufl., § 7 HeizkostenV Rn. 6). Soweit in § 5 Abs. 3 EnEG vorgesehen ist, dass in der aufgrund von § 3a EnEG erlassenen Rechtsverordnung „wegen technischer Anforderungen auf Bekanntmachungen sachverständiger Stellen unter Angabe der Fundstelle verwiesen werden (kann)“, verstößt § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV hiergegen nicht. Die Angabe einer Fundstelle ist nur dann erforderlich und möglich, wenn die in Bezug genommene technische Anforderung in einer Bekanntmachung einer sachverständigen Stelle enthalten ist. Da aber § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV nicht auf eine konkrete Bekanntmachung, sondern allgemein auf die anerkannten Regeln der Technik verweist, musste bei Erlass der Verordnung eine Fundstelle nicht angegeben werden. Die anerkannten Regeln der Technik stellen technische Festlegungen dar, die von einer Mehrheit repräsentativer Fachleute als Wiedergabe des Standes der Technik angesehen werden und sind daher nicht zwingend in Bekanntmachungen kodifiziert.
In materieller Hinsicht stellt § 3a Nr. 2 EnEG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage auch für die Verteilung der Kosten der Rohrwärme dar. Wenn nach dem Willen des Gesetzgebers in § 3a Nr. 2 EnEG mit dem dort genannten „Energieverbrauch“ nur ein willentlich zu steuernder Verbrauch gemeint sein soll (so Lammel, Heizkostenverordnung 3. Aufl., § 7 Rn. 52), hat dieser Wille jedenfalls keinen Niederschlag in der Regelung gefunden. Auch wenn die Abgabe von Rohrwärme von den Mietern nicht willentlich zu steuern ist, verursacht sie doch einen – teilweise erheblichen – Energieverbrauch.
Soweit hier die Klägerin den Energieverbrauch der Rohrleitungen nach der VDI 2077 ermittelt hat, die erst nach Inkrafttreten der geänderten Fassung der Heizkostenverordnung vom 02.12.2008 – gültig ab dem 01.01.2009 – bekanntgemacht wurde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die dortigen technischen Vorgaben etwa nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprächen.
Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete gem. § 535 Abs. 2 BGB für Februar 2011 in Höhe von 173,43 Euro zu.
Die Miete der Beklagten war nicht gem. § 536 BGB gemindert. Dem von den Beklagten eingereichten Temperaturprotokoll lassen sich zwar Temperaturen entnehmen, die etwas über dem üblichen Temperaturniveau von Wohnräumen liegen, die aber kein Ausmaß erreichen, das eine Minderung rechtfertigen würde (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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29.05.2018