Pressemitteilung Nr. 05/07
Die Mieterorganisationen Berliner Mieterverein e.V., Berliner Mietergemeinschaft e.V. und Mieterschutzbund Berlin e.V. verlassen den Mietspiegelarbeitskreis und werden auch den neuen Mietspiegel 2007 nicht anerkennen. Der Hauptgrund ist, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gegen deren Votum wieder eine variable 4/5-Spanne festgelegt hat. Damit werde den Vermietern erneut ein zusätzlicher Mieterhöhungsspielraum gewährt, kritisieren die Mieterorganisationen. Die rot/rote Landesregierung besorge damit das Geschäft der Heuschrecken. Auch werde dadurch der Koalitionsvertrag gebrochen, der als Ziel einen einvernehmlichen Mietspiegel formuliert.
Die Ausweitung der Spanne auf bis zu 4/5 der Mietwerte führt im Verhältnis zur 2/3-Spanne zu zusätzlichen Mieterhöhungsspielräumen von bis zu 1,02 Euro/qm/Monat. In knapp 70 % aller Felder steigen durch die Spannenvergrößerung die Oberwerte. Dies betrifft mehr als 80 % aller freifinanzierten Wohnungen (ca. 900.000 Wohnungen). Für rund 20 % aller Wohnungen (215.000) steigt der Mieterhöhungsspielraum um mehr als 0,25 Euro/qm/Monat. Ganz erhebliche Auswirkungen hat die erweiterte Spanne bei Altbauten bis Baujahr 1918, weil in dieser Baualtersklasse wegen der modernisierungsbedingten Mietsteigerungen die Streuung der Mietwerte besonders groß ist. Der Mieterhöhungsspielraum wächst hier bis zu 0,61 Euro/qm/Monat.
Dieser zusätzliche Mieterhöhungsspielraum wird erfahrungsgemäß auch ausgenutzt, was die Werte für den nächsten Mietspiegel nach oben treibt. Denn nach § 558 a Abs. 4 BGB reicht es für die formelle Begründetheit aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt, auch wenn materiell diese niedriger ist. Viele Mieter stimmen einer Mieterhöhung wegen des Hinweises auf diese Bestimmung zu, obwohl sie es nicht müssten. An eine einmal erteilte Zustimmung sind sie gebunden, auch wenn sie später die wahre Rechtslage erfahren.
Die Spannenvergrößerung ist nach Auffassung der Mieterorganisationen vollkommen inakzeptabel. Die Mieterorganisationen verweisen auf die Mietspiegel Hamburg und Leipzig, die ebenfalls mit der 2/3-Spanne arbeiten. Auch die Hinweise der Bundesregierung zur Erstellung von Mietspiegeln gehen bei Tabellenmietspiegeln „in der Praxis“ von einer 2/3-Spanne als üblich aus. Auch aus empirisch-statistischen Erwägungen heraus gibt es für eine Spannenerweiterung keine Notwendigkeit. Die Rechtssicherheit ist durch die 2/3-Spanne nicht gefährdet, wie die Beispiele anderer Städte zeigen und die jahrelange Praxis in (West-)Berlin.
Spannenausweisung der Mietspiegel in Berlin | ||
Mietspiegel | Ost | West |
1987/88 | 2/3 | |
1990 | 2/3 | |
1992 | 2/3 | |
1994 | 2/3 | |
1996 | 2/3 | |
1997 | 4/5 | |
1998 | 2/3 | |
1999 | 3/4 | |
2000 | 3/4 | 2/3 |
2003 | 2/3 – 4/5 | 2/3 – 4/5 |
2005 | 2/3 – 4/5 eine Tabelle für Ost und West | |
2007 | 2/3 – 4/5 eine Tabelle für Ost und West |
Für die Mietspiegel Ost 1997, 1999 und 2000 wurde ausnahmsweise von der 2/3-Spanne abgewichen, um der fehlenden Spreizung der Mietwerte Rechnung zu tragen, die eine Folge der Mietpreisbindung im Ostteil waren. Dafür gab es aber für den Mietspiegel 2003 keine Notwendigkeit mehr, so dass dieser von den Mieterorganisationen nicht anerkannt wurde.
Wegen der fehlenden Anerkennung durch die Mieterorganisationen muss der Mietspiegel vom Senat von Berlin „verordnet“ werden, was seine Rechtsqualität als qualifizierten Mietspiegel gemäß § 558 d BGB sichert. Er ist damit überlegenes Beweismittel im Verhältnis zu den anderen Begründungsmitteln wie Vergleichswohnungen oder Sachverständigengutachten.
Der Mietspiegel 2007 weist in vielen Feldern einen kräftigen Mietanstieg trotz weiterhin hohen Wohnungsleerstands aus. Dieser Trend ist nach Auffassung der Mieterorganisationen auf den regen Wohnungshandel in der Stadt zurückzuführen und wird begünstigt durch eine falsche Weichenstellung beim Berliner Mietspiegel. Die Mieterorganisationen sehen sich in ihren Befürchtungen bestätigt: Die Ausweisung von variablen 4/5-Spannen bei den Mietspiegeln 2003 und 2005 hat deutliche Mietpreiserhöhungen gestützt, die nun im Berliner Mietspiegel 2007 abgebildet werden.
Im Vergleich zum Mietspiegel 2005 sind die Mieten um mehr als 5 % gestiegen. In den sechs stärksten Baujahrgangsklassen, die 85 % des gesamten Wohnungsbestands repräsentieren, ergibt sich sogar eine Steigerung von 6,38 %.
In mehr als 75 % aller ausgewiesenen Mietspiegelfelder steigt der Mittelwert an, in 22 % der Felder um mehr als 10 % und in 25 % der Felder zwischen 5 und 10 %. In den Baujahrgängen 1919 – 1964 sind durchweg Erhöhungen der Mittelwerte zu verzeichnen, bis zu 0,80 Euro/qm/mtl. Extrem hoch ist der Anstieg in den letzten beiden Jahren für die Baujahre 1956-64 mit durchschnittlich 9,35 % und für die voll ausgestatteten Wohnungen der Jahrgänge 1919 – 49 mit einer durchschnittlichen Steigerung von 9,28 %. Überdurchschnittlich ist der Anstieg auch in den Plattenbauten der Jahre 1973 – 90 und bei den Nachkriegswohnungen. Niedrigere Mietwerte wurden nur bei 21 % aller Mietspiegelmittelwerte ermittelt, vorrangig wieder bei Neubauwohnungen.
Berliner Mieterverein e.V.
Landesverband Berlin im Deutschen Mieterbund
Hartmann Vetter
Hauptgeschäftsführer
Telefon: 030 / 22626 – 118
Reiner Wild
Stellv. Hauptgeschäftsführer
Telefon 030 / 22626 – 119
Mieterschutzbund Berlin e.V.
Jürgen Schirmacher
Telefon: 030 / 391 80 77
Berliner Mietergemeinschaft e.V.
Gerhard Eichmann
Telefon: 030 / 210 02 587
02.01.2014