Pressemitteilung Nr. 18/12
Zu der beabsichtigten Senkung der Entgelte für Wasser und der heute angekündigten Erhöhung der Entgelte für Straßenreinigung und Müllabfuhr nahmen der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, und der Sprecher von Haus & Grund Berlin, Dieter Blümmel, gemeinsam wie folgt Stellung:
„Die vorgesehene Senkung der Wasserpreise geht uns nicht weit genug und die Erhöhung der Entgelte für Müllabfuhr und Straßenreinigung ab dem 1. Januar 2013 halten wir nicht nur für nicht erforderlich, sondern sehen auch bei den Stadtreinigungstarifen Spielraum für eine Senkung der Entgelte.
Die Höhe der Entgelte für Wasser, Abwasser, Straßenreinigung und Müllabfuhr hängt in Berlin nur zu einem geringen Teil von Kostenentwicklungen ab, sondern hat ihre Ursache vorrangig in rein fiktiven Kosten, die vom Berliner Senat festgelegt werden. In erster Linie geht es dabei um den Ansatz von fiktiven Zinsen auf das sogenannte betriebsnotwendige Kapital. Diese „Zinsen“ fließen bei den Wasserbetrieben in Form von Gewinnen anteilig den privaten Anteilseignern und dem Landeshaushalt zu, bei den BSR dienen sie zur Erhöhung des – wegen der sogenannten Gewährsträgerhaftung gar nicht erforderlichen – Eigenkapitals und dem Land Berlin als „Sparkasse“, die man ab und zu durch Entnahmen wieder leeren kann.
Rechtsgrundlage für den Ansatz fiktiver Zinsen (die gar nicht gezahlt werden müssen aber den Verbrauchern in Rechnung gestellt werden) ist § 16 Abs. 5 des Berliner Betriebegesetzes. Diese Vorschrift gibt dem Senat von Berlin das Recht, durch eine Verordnung jährlich den Zinssatz festzusetzen. Das Gesetz sieht als Mindestverzinsung die durchschnittliche Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen aus den letzten 20 Jahren vor. 2010 betrug dieser Zinssatz 2,973 %. Tatsächlich festgesetzt hat der Senat 2010 7,58 %, also mehr als das Zweieinhalbfache. Derzeit dürfte die Mindestverzinsung bei 2,5 % liegen. Tatsächlich will der Senat ab 2013 6,9 % festsetzen.
Als mögliche Obergrenze für den Zinssatz legt das Betriebegesetz die „Durchschnittsrendite konservativer Vermögensanlagen“ in einem mindestens 10-jährigen Zeitraum vor Festsetzung des Zinssatzes fest. Was „konservative Vermögensanlagen“ sind, ist nicht definiert. Nach Auffassung von Haus & Grund und Mieterverein ist der Begriff so unbestimmt, dass er als Ermächtigung für die Zinsverordnung des Senats mangels Unbestimmtheit vermutlich rechtswidrig ist.
Ganz abgesehen davon kann die Rendite für „konservative Vermögensanlage“ wohl kaum das Zweieinhalbfache der Rendite von Bundesanleihen betragen.
Haus & Grund Berlin und der Berliner Mieterverein fordern deshalb den Senat auf, den Zinssatz für die fiktive Verzinsung des betriebsnotwendigen Vermögens auf maximal 2,5 % zu begrenzen. Damit könnten Wasser- und Abwasserentgelte um deutlich mehr als 15 Prozent gesenkt werden; eine Erhöhung der BSR-Entgelte wäre nicht erforderlich. Vielmehr könnten die Entgelte auch dort gesenkt werden.
Beide Verbände erkennen ausdrücklich an, dass die Beschäftigten und die Geschäftsführung sowohl der BSR wie der Wasserbetriebe eine ausgezeichnete Arbeit machen und erhebliche Effizienzsteigerungen vorzuweisen haben. Dass insbesondere die Gebühren für Müllabfuhr zu den niedrigsten in Deutschland gehören, grenze schon an ein Wunder. Allein verantwortlich für Preisgestaltung und Preiserhöhungen in beiden Betrieben sei ausschließlich der Berliner Senat, der die Betriebe so organisiert habe, dass sie faktisch verdeckte Wasser- und Müllsteuern erheben.“
Dieter Blümmel
Haus & Grund Berlin
Reiner Wild
Berliner Mieterverein e.V.
01.01.2014