Leitsätze:
1. Bei der Klausel „Die Parteien sind sich einig, dass in Abänderung des Mietvertrages eine Kündigung auf die Dauer von 5 Jahren ausgeschlossen wird.“ erscheint es fernliegend, dass sie dahin verstanden werden könnte, dass sich der Kündigungsausschluss über die ordentliche Kündigung hinaus auch auf das unabdingbare Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund erstrecke.
[nicht amtlicher Leitsatz]
2. Übersteigt die Dauer des in einem Staffelmietvertrag formularmäßig vereinbarten Kündigungsverzichts den in § 557 a Abs. 3 BGB genannten Zeitraum von vier Jahren, so ist die Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters insgesamt unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die zu der Vorgängerbestimmung – § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG – entwickelte Rechtsprechung, nach der ein solcher Kündigungsverzicht nur insoweit unwirksam ist, als er den Zeitraum von vier Jahren übersteigt, lässt sich auf § 557 a BGB nicht übertragen.
BGH v. 25.1.2006 – VIII ZR 3/05 –
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Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
„… Der formularmäßige Kündigungsausschluss ist allerdings nicht deshalb unwirksam, weil – wie das Berufungsgericht meint – nicht klargestellt sei, dass sich der Kündigungsverzicht allein auf das Recht zur ordentlichen Kündigung beziehe, und die Klausel deshalb gegen das Transparenzgebot verstoße. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Klausel dahin ausgelegt, dass nicht nur das Recht des Mieters zur ordentlichen Kündigung, sondern auch zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses ausgeschlossen sei. Die Klausel schließt nicht das Recht des Mieters zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 569 Abs. 1 und 2 BGB) oder zur außerordentlichen Kündigung mit der gesetzlichen Frist (vgl. etwa § 550 Abs. 1 Satz 2, § 563 a Abs. 2 BGB) aus.
… Sie schließt lediglich – zeitlich befristet – das Recht des Mieters zur ordentlichen Kündigung aus. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Brock/Lattka, NZM 2004, 729, 731 m.w.Nachw.; Blank, ZMR 2002, 797, 799, 801; Hinz, WM 2004, 126, 128) erscheint es fernliegend, dass die Klausel, ohne dies auszusprechen, dahin verstanden werden könnte, dass sich der Kündigungsausschluss über die ordentliche Kündigung hinaus auch auf das unabdingbare Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund erstrecke. Hinzu kommt, dass § 3 des Mietvertrages ausdrücklich mit „außerordentliches Kündigungsrecht“ überschrieben ist und das Recht des Vermieters zur außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 BGB) regelt. Der maschinenschriftliche Zusatz „siehe auch § 27“ lässt deutlich erkennen, dass er sich lediglich auf die weiteren Folgen eines Zahlungsrückstandes (Verzugszinsen, Mahnkostenpauschale) in der letzten Strichaufzählung des § 27 bezieht und nicht auf dessen ersten, den Kündigungsausschluss betreffenden Satz. …
Nach § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG war eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Mieters in einem Staffelmietvertrag unwirksam, soweit sie sich auf einen Zeitraum von mehr als vier Jahren seit Abschluss der Vereinbarung erstreckte. Der Formulierung dieser Vorschrift und insbesondere der unmittelbaren Verknüpfung der Begriffe „unwirksam“ und „soweit“ war zu entnehmen, dass das Gesetz ausnahmsweise eine Teilwirksamkeit zuließ (Senat, aaO, m.w.N.). Demgegenüber gibt der veränderte Wortlaut des § 557 a Abs. 3 und Abs. 4 BGB keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese gesetzliche Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion von Formularklauseln auch weiterhin gelten soll. Zwar heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz zu § 557 a BGB, dass Abs. 3 Satz 1 dieser Vorschrift „in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht“ insofern bestimme, dass das Kündigungsrecht des Mieters höchstens für vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden kann (BT-Drucksache 14/4553, S. 53). Die erwähnte Übereinstimmung bezieht sich jedoch nur auf die unverändert übernommene zulässige Höchstgrenze des Kündigungsausschlusses von vier Jahren. Welche Folgen eine formularvertragliche längere Bindung des Mieters an den abgeschlossenen Staffelmietvertrag haben sollte, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Die Neufassung in § 557 a Abs. 4 BGB enthält im Gegensatz zur Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG, die die Unwirksamkeit eines Kündigungsausschlusses ausdrücklich auf den vier Jahre übersteigenden Zeitraum beschränkte, gerade keine derartige Einschränkung, sondern ordnet insgesamt die Unwirksamkeit zum Nachteil des Mieters abweichender Vereinbarungen an. …“
04.05.2017