Leitsatz:
Während des laufenden Mietverhältnisses darf der Vermieter eine Mietsicherheit wegen streitiger Forderungen gegen den Mieter nicht verwerten.
BGH vom 7.5.2014 – VIII ZR 234/13 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 7 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Mietvertrag gab es folgende Vereinbarung: „Der Vermieter kann sich wegen seiner fälligen Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses aus der Kaution befriedigen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, die Kautionssumme wieder auf den ursprünglichen Betrag zu erhöhen. […]“
Als der Mieter die Miete minderte, ließ sich der Vermieter das Kautionsguthaben auszahlen. Der Mieter verlangte daraufhin, den Betrag wieder dem Kautionskonto gutzuschreiben und insolvenzfest anzulegen.
Der BGH gab dem Mieter Recht und entschied, dass er gemäß § 280 Abs. 1, § 551 BGB Anspruch auf Wiedergutschrift der Kaution habe, weil der Vermieter entgegen § 551 Abs. 1, 3, 4 BGB und damit zu Unrecht auf die Mietsicherheit zugegriffen habe.
Der Vermieter sei nicht berechtigt gewesen, die Kautionssumme während des laufenden Mietverhältnisses wegen der von dem Mieter bestrittenen Mietforderungen in Anspruch zu nehmen, denn sein Vorgehen widerspreche dem in § 551 Abs. 3 BGB zum Ausdruck gekommenen Treuhandcharakter der Mietkaution.
Denn die Mietkaution diene nicht dazu, dem Vermieter eine Verwertungsmöglichkeit zum Zwecke schneller Befriedigung behaupteter Ansprüche gegen den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses zu eröffnen. Gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB habe der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Mit der Pflicht zur treuhänderischen Sonderung der vom Mieter erbrachten Kaution wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen könne, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustünden. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Die davon zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung im Mietvertrag sei deshalb gemäß § 551 Abs. 4 BGB unwirksam.
Durch diese Rechtsauffassung werde das Sicherungsbedürfnis des Vermieters auch nicht beeinträchtigt, denn die zu seinen Gunsten vereinbarte Sicherheit bleibe dem Vermieter erhalten. Der entgegenstehenden Entscheidung des BGH vom 12. Januar 1972 (- VIII ZR 26/71 -) lag ein Mietverhältnis über Geschäftsraum zugrunde, für das die Vorschrift des § 551 BGB nicht gelte.
Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob der Vermieter berechtigt ist, die Kaution nach Vertragsende auch wegen einer streitigen Forderung zu verwerten.
09.05.2017