Eine Wohnungssanierung ist in der Regel mit einer deutlichen Erhöhung der Miete verbunden. Betroffenen empfiehlt es sich, die angekündigten Maßnahmen und deren Kosten einer genauen Prüfung zu unterziehen.
Außentoilette auf halber Treppe, Kachelofen, fehlendes Bad – diese Zustände in den Berliner Gründerzeitaltbauten sind weitgehend passé. Auch große Teile der Siedlungen und Wohnanlagen aus West- und Ost-Berliner Nachkriegszeit sind mittlerweile auf einen zeitgemäßen Standard gebracht. Die Wohnungen haben an Wohnqualität gewonnen, der Mieter hat für die höhere Miete eine Gegenleistung erhalten. Nach wie vor wird in der Stadt mit viel Elan modernisiert. Heutzutage stehen allerdings energetische Maßnahmen im Vordergrund: ein ressourcensparender Heizkessel, dichte Fenster, eine wärmegedämmte Fassade. Der Mehrwert ist für den Einzelnen beim Wohnen weniger erfahrbar. Eine angekündigte Modernisierung muss man als Mieter deshalb auch besonders unter dem Kostengesichtspunkt auf Herz und Nieren prüfen.
Nicht selten versuchen Eigentümer vor einer Modernisierung, Mieter zum Auszug zu bewegen. Das erspart ihnen Aufwand und Kosten vor und während des Bauens, und nach der Modernisierung können sie die Wohnungen teurer vermieten oder verkaufen. Neben allerlei vermieterverursachten Unbilligkeiten können davon betroffene Mieter auch schon mal erleben, dass ihnen mit einem „Handgeld“ der Auszug schmackhaft gemacht werden soll. Das will gut abgewogen sein: Ein Umzug samt damit verbundener Neuanschaffungen und einer wahrscheinlich teureren Miete in einer neuen Wohnung kommt schnell auf eine fünfstellige Euro-Summe. Wer mögliche Ärgernisse nicht scheut, fährt da mit dem Durchstehen der Modernisierung besser und preiswerter.
Was eine Modernisierung ist, wird im Paragraf 555 b des Bürgerlichen Gesetzbuches beschrieben. Zwei Gesichtspunkte sind wesentlich: die Einsparung von Energie und Wasser und die Verbesserung des Gebrauchswerts der Wohnung beziehungsweise der allgemeinen Wohnverhältnisse. Wenn eine Modernisierung im Rahmen dieser Ziele liegt, kann dagegen nichts eingewendet werden. Das bedeutet aber nicht, dass ein Vermieter jede teure Verschönerung an seinem Gebäude als umlagepflichtige Verbesserung verkaufen kann.
Prüfen Sie im Fall einer Modernisierung zuerst, ob diese formal korrekt angekündigt wurde. Sie muss Ihnen drei Monate vor Beginn der Arbeiten persönlich per Brief, E-Mail oder Fax zugehen, und sie muss die Art und die jeweilige voraussichtliche Dauer der Arbeiten möglichst konkret beschreiben. Ein Aushang des Vermieters im Treppenhaus genügt nicht. Nachvollziehbar muss auch sein, welche Mieterhöhung auf Sie zukommt. Weist die Ankündigung in einem dieser Punkte Lücken auf, können Sie sie zurückweisen. In der Regel wird der Vermieter die Ankündigung „nachbessern“ und mit neuem Bautermin vorlegen. Für den Mieter ist damit außer einer Verzögerung der Modernisierungsarbeiten in der Regel nichts gewonnen. Manchmal und vor allem bei umfangreicheren Modernisierungsvorhaben an größeren Objekten ist eine Zeitverzögerung im geplanten Bauablauf für den Vermieter allerdings so misslich, dass er bereit ist, über einen Abschlag bei der modernisierungsbedingten Mieterhöhung zu verhandeln, wenn man ihm in seiner Zeitplanung entgegenkommt.
Als nächstes überprüfen Sie die geplanten Maßnahmen daraufhin, ob es sich tatsächlich um eine Modernisierung handelt. Denn ist das nicht der Fall, dann müssen Sie dafür nachher auch nicht bezahlen. Als Modernisierung anerkannt ist beispielsweise der Anschluss an eine Zentralheizung, wo vorher Einzelöfen waren, eine moderne Türschloss- und Gegensprechanlage oder der Anschluss an das Kabelnetz. Hingegen handelt es sich um keine Modernisierung, wenn Schönheitsreparaturen oder Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden, also beispielsweise die Fenster neu lackiert werden oder die marode Fassade erneuert wird. Auch der Ersatz von Doppelkastenfenstern durch einfach verglaste Fenster stellt weder eine Verbesserung des Gebrauchswerts noch eine energiesparende Maßnahme dar.
Als nächstes ist darauf zu achten, dass vorhandene Schäden, deren Reparatur eine Instandsetzung darstellen, aus den Modernisierungskosten herausgerechnet werden. Sind die Fenster also bereits so schadhaft, dass der Vermieter sie hätte ohnehin auswechseln müssen, die Fassade so bröckelig, dass an der Erneuerung kein Weg vorbeiführt, dann müssen die Kosten, die für die Instandsetzung angefallen wären, aus jenen Kosten herausgerechnet werden, die nun für das energetisch bessere Isolierglasfenster oder die fortan wärmegedämmte Hausfassade entstehen.
Nach gängiger Rechtsprechung sind fast sämtliche Baumaßnahmen, die zu einer Energieeinsparung führen, als Modernisierung anerkannt. Das gilt selbst dann, wenn die daraus resultierenden niedrigeren Nebenkosten des Mieters den Modernisierungszuschlag nicht aufwiegen.
Weiter ist zu prüfen, ob man sich auf Härtegründe berufen kann, um eine Modernisierung und die damit einhergehende Mieterhöhung zu verhindern. Das kann dann der Fall sein, wenn die Bauarbeiten zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führen würden oder wenn das Ergebnis der Modernisierung den Gebrauchswert der Wohnung verschlechtert – etwa, weil weniger Licht durch die Fenster einfällt oder die Wohnfläche kleiner wird. Auch wenn Sie selbst Modernisierungsarbeiten in der Wohnung durchgeführt haben, die der Vermieter erlaubt hat und die durch eine weitere Sanierung nutzlos würden, können Sie den Härtefall geltend machen. Allerdings dürfen diese Arbeiten nicht bereits „abgewohnt“ sein. Üblicherweise betrachtet man eine Investition nach vier Jahren als abgewohnt, wenn sie in ihrer Höhe einer Jahresmiete entspricht.
Ebenfalls eine Härte kann es darstellen, wenn die modernisierungsbedingte Mieterhöhung die finanziellen Möglichkeiten eines Haushalts überfordern würde. Das muss allerdings im Einzelfall überprüft werden – was erst nach Abschluss der Modernisierung geschieht und sich dann gegebenenfalls auf die Berechnung des Modernisierungszuschlags auswirkt.
Der Einwand der finanziellen Härte greift allerdings nicht, wenn mit der Modernisierung eine allgemein übliche Energieeinsparung verbunden ist oder lediglich ein am Wohnort üblicher Gebäudeausstattungsstandard erzielt wird. Soll ein Härtefall aus den beschriebenen Gründen geltend gemacht werden, muss dies dem Vermieter schriftlich angezeigt werden – spätestens am Ende des Monats, der auf die Modernisierungsankündigung folgt. Alle mieterrelevanten Informationen zum Thema Modernisierung finden sich auch in dem Fünf-Punkte-Katalog des BMV-Informationsblatts „Modernisierung“ (siehe unten).
Das während der Modernisierungs-Bauarbeiten früher bestehende Recht auf Mietminderung infolge von Schmutz und Lärm („eingeschränkte Gebrauchstauglichkeit der Wohnung“) hat der Gesetzgeber beschnitten. Soweit es sich bei der Sanierung um energetische Maßnahmen handelt, besteht nach dem Mietrechtsänderungsgesetz 2013 (siehe unten) während eines Bauzeitraums von drei Monaten kein Anspruch darauf. Da es beträchtliche rechtliche Risiken gibt, empfiehlt sich vor einer Mietminderung in jedem Fall eine Beratung durch Experten.
Nach geltender gesetzlicher Regelung dürfen 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden.
Eine Sonderregelung gilt für den Wohnungsbestand der städtischen Wohnungsgesellschaften in Berlin: Hier hat der Senat mit den Unternehmen eine Begrenzung der Umlage auf 9 Prozent vereinbart. Weiter gilt für diese Bestände, dass Miete zuzüglich Modernisierungsumlage nicht mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts betragen darf. Wer mit seinen Mietausgaben bei einer künftigen Modernisierung darüber liegt, kann sich an seine Wohnungsbaugesellschaft wenden, damit die Miete reduziert wird.
Udo Hildenstab
Nicht über Gebühr
Den genauen Betrag der Modernisierungsumlage muss der Vermieter anhand der Baukosten nachweisen. Gelegentlich stolpern die Rechtsberater des Berliner Mietervereins über Kosten, die unüblich hoch sind. In diesen Fällen empfehlen sie dem betroffenen Mieter, einen Gutachter einzuschalten. Dieser überprüft dann anhand der Unterlagen des Vermieters, ob die Kosten für Baumaterial, Honorare und Arbeitskosten marktüblich sind, ob die Bauleistungen tatsächlich erbracht wurden und ob auch rechnerisch alles korrekt ist. Stößt der Gutachter dabei auf Unregelmäßigkeiten, kann er in Verhandlungen – wenn erforderlich auch im Gerichtsprozess – darauf hinwirken, dass die Modernisierungsumlage reduziert wird. Vor dem Einschalten eines Gutachters empfiehlt sich aber immer eine Plausibilitätsprüfung durch einen Rechtsberater des Mietervereins. Der Mieterverein vermittelt erforderlichenfalls erfahrene Baugutachter. Die Gutachterkosten werden vom Mieterverein zwar nicht übernommen, amortisieren sich aber fast immer für den Mieter. Die Baugutachter empfehlen übrigens, die Modernisierungsarbeiten beziehungsweise den Zustand des Gebäudes vor der Modernisierung zu fotografieren. Im Falle einer Auseinandersetzung mit dem Vermieter können das wichtige Beweisdokumente werden.
uh
Weitere Informationen zum Thema
Informationsblätter des Berliner Mietervereins im Internet:
„Modernisierung“ (Nr. 13)
Die Infoblätter sind auch erhältlich in den Beratungsstellen des Berliner Mietervereins
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02.01.2018