Leitsatz:
Die Beantwortung der Frage, wie viel Zeit der Vermieter dem Mieter zur Zahlung wegen nicht durchgeführter Mängelbeseitigung zurückbehaltener Miete gewähren muss, wenn der Vermieter den Mangel jahrelang nicht beseitigt und dann plötzlich ohne Ankündigung vornimmt, und ob dem Mieter in einer solchen Situation eine zusätzliche Prüfungsfrist zuzubilligen ist, obliegt dem Tatrichter. Dabei kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass der Mieter keine Vorkehrungen für den Fall getroffen hat, dass das Zurückbehaltungsrecht während eines vorübergehenden Auslandsaufenthaltes erlischt.
BGH vom 16.9.2014 – VIII ZR 221/14 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 4 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Dass das irrtümlich oder zu hoch geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht Probleme macht, ist bekannt. Aber auch das berechtigte Zurückbehaltungsrecht kann am Ende für den Mieter gefährlich werden, wie diese BGH-Entscheidung zeigt.
Die Parteien stritten um die Beseitigung von Mietmängeln. Der Mieter machte deshalb von seinem Zurückbehaltungsrecht an den Mietzahlungen über mehrere Monate lang Gebrauch. Während eines mieterseitigen Auslandsaufenthaltes beseitigte der Vermieter am 8.6. die Mängel. Mit am 11.6. zugegangenem Schreiben mahnte der Vermieter die Zahlung der zurückbehaltenen Mietbeträge an. Am 19.6. las der Mieter das Schreiben, sah sich aber wegen eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses nicht in der Lage zu zahlen. Am 25.6. kündigte der Vermieter fristlos wegen Zahlungsverzugs. Das Berufungsgericht gab der Räumungsklage des Vermieters statt. Der BGH hatte an der Entscheidung des Berufungsgerichts nichts zu beanstanden.
Der Fall wirft zunächst die Frage auf, wann genau ein Mieter nach Wegfall des Zurückbehaltungsrechts wegen endlich erfolgter Mängelbeseitigung mit den einbehaltenen Mietbeträgen in Verzug gerät. Die einzig bekannte Entscheidung hierzu stammt vom LG Berlin, welches entschied, dass auch nach Beseitigung des Mangels der Mieter nicht automatisch mit dem zurückbehaltenen Mietzins in Verzug gerät. Vielmehr bedürfe es nach der Mängelbeseitigung einer Mahnung des Vermieters (LG Berlin vom 21.3.1995 – 64 S 290/94 –). Daran schließt sich die Frage an, ob der Mieter vor der Nachzahlung nach Mängelbeseitigung eine Prüfungs- oder Überlegungsfrist hat und wie lang diese mindestens zu sein hat. Hierzu wollte sich der BGH im vorliegenden Fall nicht eindeutig äußern, sondern entschied wie aus dem Leitsatz ersichtlich.
20.04.2015