Leitsatz:
Die Kündigung durch eine Hausverwaltung in der Rechtsform der Aktiengesellschaft ist unwirksam, wenn sie zwar „namens und in Vollmacht des Vermieters“ erklärt wird, das Kündigungsschreiben aber von einem Mitarbeiter lediglich mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet wurde.
LG Berlin vom 24.9.2014 – 65 S 64/14 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Kündigung des Mietvertrags bedarf gemäß § 568 Abs. 1 BGB der gesetzlichen Schriftform nach § 126 BGB, also der eigenhändigen Unterschrift. Bei Vertretern ist die gesetzliche Schriftform aber nur gewahrt, wenn der rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde jedenfalls andeutungsweise Ausdruck gefunden hat. Da die Aktiengesellschaft als juristische Person nicht selbst handeln kann, wird diese kraft Gesetzes durch den Vorstand vertreten, § 78 Abs. 1 AktG. Unterschreibt ein Mitarbeiter der Aktiengesellschaft anstelle des Vorstands, muss er seine Vertretungsbefugnis deutlich machen. Dies kann durch den Zusatz „i.V.“ geschehen. Der Zusatz „i.A.“ bedeutet nach Auffassung des Landgerichts hingegen, dass der Sachbearbeiter lediglich als Übermittler (Bote) einer fremden Erklärung aufgetreten ist und ein rechtsgeschäftlicher Vertretungswille fehlt.
Urteilstext
Gründe
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EG ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Ein Anspruch auf Rückgabe der von den Beklagten gemieteten Wohnung steht der Klägerin gemäß § 546 Abs. 1 BGB nicht zu, weil das Mietverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 7.5.2013 beendet wurde.
Die Berufung meint, das Amtsgericht habe die fristlose Kündigung vom 7.5.2013 wegen Zahlungsverzuges zu Unrecht aufgrund eines Verstoßes gegen die Schriftform der §§ 568 Abs.1,126 Abs. 1 BGB als unwirksam angesehen, was sich auch nicht aus der Entscheidung der Kammer vom 22.3.2011 – 65 S 363/10 ableiten lasse. Mit dem Zusatz „Namens und in Vollmacht des Vermieters“ in den beiden vorgerichtlichen Kündigungsschreiben sei aus ihrer Sicht der Vertretungswille klar und eindeutig formuliert, womit die Schriftform gewahrt sei. Auch die Anordnung dessen vor den Unterschriften zeige die Nähe zwischen Erklärung des Vertretungswillens und der Erklärung des Rechtsbindungswillens auf.
Dies trifft im Ergebnis nicht zu.
Generell kommt es für die Frage, ob eine Erklärung im fremden Namen abgegeben ist, auf deren objektiven Erklärungswert an. Nach den §§ 133, 157 BGB ist maßgeblich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen darf. Hierbei sind außer dem Erklärungswortlaut alle Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen. Von Bedeutung sind insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand angehört und verkehrstypische Verhaltensweisen (vgl. zum Schriftformerfordernis des § 623 BGB für Kündigungen das von der Klägerin zitierte Urteil: BAG 13.Dezember 2007 -6 AZR 145/07- Rn.14 sowie BAG Urteil vom 25.3.2009 – 7 AZR 59/08 – Rn 30 zitiert nach juris) .
Die gesetzliche Schriftform des § 126 BGB ist nur gewahrt, wenn der so ermittelte rechtsgeschäftliche Vertretungswille in der Urkunde jedenfalls andeutungsweise Ausdruck gefunden hat (BAG Urteil vom 13. Dezember 2007 – 6 AZR 145/07- aaO).
Ist eine Erklärung mit dem Zusatz „i. A.“ unterschrieben, kann dies im Einzelfall dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen will (BAG Urteil vom 20. August 1997 – 2 AZR 518/96- zu II 3b zitiert nach juris). Bei der nach den §§ 133, 157 BGB gebotenen Auslegung der Erklärung ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen, nicht juristischen Sprachgebrauch nicht immer hinreichend zwischen „Auftrag“ und „Vertretung“ unterschieden wird. Die Zusätze „i.V.“ und „i.A.“ werden häufig nur verwendet, um unterschiedliche Hierarchieebenen auszudrücken. Deshalb folgt nicht allein aus dem Zusatz „i.A.“, dass der Erklärende lediglich als Bote und nicht als Vertreter gehandelt hat. Maßgeblich sind vielmehr die Gesamtumstände. Ergibt sich hieraus, dass der Unterzeichner die Erklärung ersichtlich im Namen eines anderen abgegeben hat, ist von einem Handeln als Vertreter auszugehen. Für die Wahrung der Schriftform ist unerheblich, ob der Unterzeichner tatsächlich bevollmächtigt war (BAG Urteil vom 13. Dezember 2007 – 6 AZR 145/07- aaO Rn 15).
20.04.2015