Papier, das in der Blauen Tonne landet, ist kein Müll, sondern ein wertvoller Rohstoff. Die Entsorgungsunternehmen verkaufen es weiter, damit es recycelt werden kann. Zwar wird für die Abfuhr wesentlich weniger in Rechnung gestellt als für die Restmülltonnen. Dennoch stellt sich die Frage, warum die Papiercontainer nicht kostenlos abgeholt werden.
Pro Kopf werden in Berlin rund 50 Kilogramm Papier pro Haushalt und Jahr eingesammelt, weiß man beim „Berliner Abfallcheck“, der vom Landesverband Berlin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) betrieben wird. Zusammen mit dem in Kitas, Schulen, Verwaltung und Gewerbe erfassten Altpapier kann durch die Wiederverwertung Jahr für Jahr mehr als die Holzmenge des Grunewalds eingespart werden. Allerdings wirft der Durchschnittsberliner auch 22 Kilogramm Papier pro Jahr in die graue Restmülltonne – das entspricht für alle Berliner zusammen der Holzmenge des Tegeler Forsts.
Der Markt ist hart umkämpft und wird im Wesentlichen von den Entsorgungsunternehmen Alba und Berlin Recycling, einer Tochtergesellschaft der Berliner Stadtreinigung (BSR) dominiert. Bei Berlin Recycling will man sich zu den genauen Preisen der Papierentsorgung für die Wohnungswirtschaft nicht äußern. Das sei Verhandlungssache und hänge unter anderem von der Lage und Größe der betreffenden Wohnanlage ab, so Stephan Hartramph, Leiter Vertrieb und Marketing. Die Preise bewegten sich aber in der Größenordnung wie die für private Haushalte, nämlich 2,38 Euro pro Entleerung eines 120-Liter-Behälters. Entfernungs- oder Erschwerniszuschläge wie bei der Restmülltonne würden nicht erhoben. Eine kostenlose Abfuhr sei wegen der stark gesunkenen Vermarktungserlöse nicht mehr möglich, so Hartramph: „Diese Zeiten sind vorbei, der Weltmarktpreis für Papier schwankt stark und ist zurzeit im Keller.“
Abfuhr in anderen Kommunen kostenlos
In anderen Kommunen, beispielsweise in München oder auch in Brandenburg, werden die Papiertonnen aber immer noch kostenlos zur Verfügung gestellt. Schließlich ist ein Teil der Kosten bereits über das Duale System abgegolten. So zahlen die Verbraucher beim Einkauf für Verpackungen einen Aufschlag, mit dem die Kosten für Abtransport und Verwertung finanziert werden. Das gilt jedoch nicht für Kartons, Zeitungen, Kataloge und ähnliches.
„An Papier kann man richtig Geld verdienen“, sagt dagegen Mike Riegler, Geschäftsführer von Optimaro. Das Unternehmen bietet die Papierentsorgung völlig kostenlos an. Zu den Kunden gehören Wohnungsbaugesellschaften wie die Stadt und Land, aber auch private Hausverwaltungen. Die Argumentation mit den gesunkenen Papierpreisen kann Riegler nicht mehr hören. Zusammen mit den Einnahmen aus dem Dualen System müsste das trotzdem reichen, um die Entsorgung kostenlos anbieten zu können: „Wir haben schließlich 30 Festangestellte und zahlen Tariflohn.“ Empörend findet Riegler auch, dass große Wohnungsunternehmen mitunter eine kostenlose Entsorgung aushandeln können, während kleinere Vermieter zur Kasse gebeten werden. Wenn wichtige Kunden damit drohen, zur Konkurrenz zu wechseln, wird die Blaue Tonne dann plötzlich doch umsonst abgeholt, beispielsweise bei der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. „Recycling muss grundsätzlich kostenlos sein – für alle in der Stadt“, findet der Geschäftsführer von Optimaro.
„Im Vergleich zu den Betriebskosten, die die Restmülltonne verursacht, geht es hier um sehr kleine Beträge“, gibt Dr. Michael Häberle vom Berliner Mieterverein zu bedenken. Am meisten können Mieter sparen, wenn sie den Müll trennen, so der Rechtsberater. Je weniger in der grauen Tonne landet, desto geringer sind die anfallenden Betriebskosten. Ohnehin hat der Vermieter die freie Wahl: Er ist nicht verpflichtet, einen kostenlosen Entsorger zu beauftragen. Zwar gilt grundsätzlich ein Wirtschaftlichkeitsgebot, aber der Nachweis des Verstoßes ist praktisch nicht möglich, so Häberle.
Birgit Leiß
Aus Papier Geld machen
Wer sich ein paar Euro nebenbei verdienen will, kann seine Zeitungsstapel auch verkaufen. Die meisten Annahmestellen liegen etwas außerhalb, ein Auto oder ein Lastenrad sind daher von Vorteil. Reichtümer sind bei Preisen von 5 bis 9 Cent pro Kilogramm nicht zu erwarten. Doch das Geschäft lohnt sich auch für die Umwelt, denn je sorgfältiger die einzelnen Papiersorten getrennt werden, desto besser lässt es sich recyceln. Die meisten Firmen für Altpapierankauf verlangen eine Vorsortierung nach Büchern, Hochglanzpapier und so weiter.
bl
09.05.2017