Mit ihren energetischen Modernisierungen handelt sich die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gesobau immer wieder Ärger ein. Viele Mieter kritisieren nicht nur unnötige, preistreibende Maßnahmen, sondern auch fehlende Gesprächsbereitschaft. Wer nicht zustimmt, wird durch alle Instanzen verklagt. Ein aktueller Fall aus Pankow.
„Was uns ärgert, ist, dass hier sämtliche Modernisierungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, ohne Rücksicht auf bezahlbare Mieten und auf die historische Bausubstanz“, sagen Mieter aus der Damerowstraße 54, Ecke Mendelstraße 2. Das schöne Gründerzeit-Eckhaus mit den derzeit noch günstigen Mieten soll mit Fahrstuhl, Ceranherden, Handtuchheizkörpern und Hänge-WCs ausgestattet werden. Das sei inzwischen „allgemein üblich“ und keineswegs Top-Standard, heißt es in einer Stellungnahme der Gesobau. Aus Kostengründen sollen zudem die hofseitigen Kastendoppelfenster durch Kunststofffenster ersetzt werden. Im Dachgeschoss will man großzügige Lofts mit riesiger Wohnküche bauen.
Offenbar um sie aufzuwerten, muss ein Fahrstuhl her, was nicht nur die Modernisierungsumlage, sondern auch die Betriebskosten in die Höhe treibt. Von der Bauordnung ist er nicht vorgeschrieben, und barrierefrei ist er ohnehin nicht, da er lediglich auf halber Treppe hält. Die Mieter hatten sich für eine Schlüssellösung ausgesprochen, das heißt, dass nur diejenigen, die ihn auch nutzen möchten, an den Kosten beteiligt werden. Das lehnt die Gesobau ab und spricht von einer Wohnwertverbesserung für alle Mieter. Ein anderer Streitpunkt: die Dämmung der Fassade. Nach Angaben der Gesobau habe man eine Ausnahmegenehmigung beantragt, jedoch nur für die straßenseitige Fassade eine Befreiung von der Energieeinsparverordnung erhalten.
Bisher konnte sich die Gesobau vor Gericht nicht durchsetzen. Die Modernisierungsankündigung strotzt nur so vor Fehlern und wurde vom Amtsgericht in bislang zwei Fällen aus formalen Gründen für unwirksam erklärt. Teilweise soll den Mietern ein Ausstattungsstandard verkauft werden, den sie in ihrer Wohnung bereits haben. „Wir sind sehr an einer gütlichen Einigung interessiert, aber man kooperiert nicht mit uns“, meint eine Mieterin. So würden einige gern in eine kleinere Wohnung ziehen, aber man bekomme keine oder nur sehr teure Wohnungen angeboten.
Inzwischen ist die Hausgemeinschaft dem Bündnis Pankower Mieterprotest beigetreten, was von der Anwältin der Gesobau prompt als Beleg für die fehlende Verhandlungsbereitschaft interpretiert wird. „Wir bezahlen die Verschönerung und haben praktisch kein Mitspracherecht“, fasst einer der Mieter den Unmut zusammen. Die Gesobau verhalte sich schlimmer als ein privater Investor. Zur Frage, ob eine städtische Wohnungsbaugesellschaft für Top-Standards sorgen sollte, wollte man sich in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen nicht äußern.
Birgit Leiß
Raus-Sanierung abgewehrt –
Wie Mieter erfolgreich Modernisierungsvereinbarungen treffen
01.01.2018