Gas- und Stromnetze müssen in einem transparenten Verfahren regelmäßig neu ausgeschrieben werden. Das beste Angebot erhält den Zuschlag. Seit Jahren wird in Berlin um die Vergabe der drei Netze – auch die Fernwärme gehört dazu – gestritten. Ein Streitpunkt: Berlin ist zugleich neutrale Vergabestelle und rekommunalisierungswilliger Wettbewerber. Die Gesetzeslage ist widersprüchlich. Und es geht um Geld, um sehr viel Geld.
Für das Stromnetz stehen die Vattenfall-Tochter „Stromnetz Berlin GmbH“, die Genossenschaft „BürgerEnergie Berlin“ und der Landesbetrieb „Berlin Energie“ im Bieterwettbewerb (das MieterMagazin berichtete in seiner Ausgabe 3/16, Seite 6: „Maßanzug für den Wunschkandidaten?“). Bis zu einer Entscheidung betreibt Vattenfall das äußerst lukrative Netz kommissarisch weiter, jeder zusätzliche Monat ist bares Geld wert. Eine Entscheidung kann noch Jahre dauern, denn die Zeichen stehen zurzeit auf Konfrontation.
Nach der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes legte die Vattenfall-Tochter der Vergabestelle des Senats einen Katalog von mehr als 200 Rügen des Vergabeverfahrens vor. Am 13. April 2017 folgte ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Berlin. Vattenfall-Sprecher Hannes Stefan Hönemann: „Aus unserer Sicht ist die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungshandeln ein normaler, rechtsstaatlicher Schritt, der ohne Vorbehalte allen Bürgern und Unternehmen offen stehen muss. Sofern es nun zu weiteren Verzögerungen des Vergabeverfahrens kommt, bedauern wir das ausdrücklich.“ Luise Neumann-Cosel vom Vorstand der BürgerEnergie Berlin: „Die Lehre für den Senat aus diesem Gerichtsverfahren kann nur eine sein: Unsere Energienetze gehören nicht in die Hand von Konzernen, sondern in die der Bürger.“ Deswegen müsse der Senat sein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen und das Netz in Bürgerhände geben.
Rainer Bratfisch
28.05.2017