Leitsatz:
Eine gewerbliche Weitervermietung, die eine geschäftsmäßige, auf Dauer gerichtete und mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit voraussetzt, liegt auch dann vor, wenn der Zwischenvermieter die von ihm angemieteten Wohnungen an die Arbeitnehmer seines Gewerbebetriebes weitervermieten will, um diese an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine Werkswohnungen anbieten können; eine Gewinnerzielungsabsicht aus der Vermietung selbst ist nicht erforderlich (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – VIII ZR 311/14, NJW 2016, 1086, Rn. 22).
BGH vom 17.1.2018 – VIII ZR 241/16 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 11 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Frage, ob § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB auch in Fällen (unmittelbar) anwendbar ist, in denen der Hauptmieter mit der Weitervermietung der betreffenden Wohnung keinen Gewinn zu erzielen beabsichtigt, sondern sie als Arbeitgeber Arbeitnehmern als Werkswohnung zur Verfügung stellt.
Die Rechtsvorgängerin des Vermieters hatte die Wohnung an die M-AG vermietet. Diese vermietete die Wohnung, wie zahlreiche andere Wohnungen auch, an einen ihrer Arbeitnehmer weiter. Die Konditionen des Haupt- und des Untermietvertrages waren jeweils gleich und entsprachen den marktüblichen Bedingungen. Auch Miet- und Betriebskostenerhöhungen wurden in beiden Verträgen in gleicher Weise geltend gemacht. Der Endmieter war nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 1994 berechtigt, die Wohnung in seinem Ruhestand weiterhin zu nutzen.
Der Vermieter kündigte den Hauptmietvertrag zum 30. Juni 2015 und forderte den Endmieter auf, die Wohnung zu räumen. Der Endmieter meint, bei der Vermietung durch die M-AG handle es sich um eine gewerbliche Zwischenvermietung im Sinne von § 565 BGB, so dass das Untermietverhältnis mit der Kündigung des Hauptmietverhältnisses auf den Vermieter übergegangen sei.
Der BGH entschied zugunsten des Endmieters. § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB regele den Fall, dass ein Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten soll. Sie ordne insoweit an, dass der Vermieter bei Beendigung des (Haupt-)Mietvertrags in den zwischen dem Mieter und dem Dritten abgeschlossenen Mietvertrag eintrete. Hiermit solle sichergestellt werden, dass bei einer Weitervermietung aus lediglich wirtschaftlichen Interessen dem Endmieter bei Beendigung des Hauptmietvertrages derselbe soziale Kündigungsschutz zur Verfügung stehe, den er bei direkter Anmietung gehabt hätte. Eine „gewerbliche“ Weitervermietung im Sinne von § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB setze dabei eine geschäftsmäßige, auf Dauer gerichtete, mit Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit des Zwischenmieters voraus.
Diese Voraussetzungen sah der BGH im Streitfall durch die Weitervermietung der in großem Umfang angemieteten Wohnungen als Werkswohnungen an die Arbeitnehmer der M-AG erfüllt. Zwar hätte die M-AG seinerzeit die von ihr angemieteten Wohnungen – anders als bei der gewerblichen Zwischenvermietung im klassischen Sinne – nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung (unmittelbar aus der Weitervermietung selbst) an ihre Arbeitnehmer weitervermietet. Aber auch ein Arbeitgeber, der Wohnungen an seine Arbeitnehmer weitervermietet, verfolge hiermit (zumindest auch) eigene wirtschaftliche Interessen. Diese seien in dem Bestreben zu sehen, für das Unternehmen Arbeitnehmer an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine entsprechenden Werkswohnungen anbieten könnten. Dies gelte umso mehr, wenn Wohnraum zu tragbaren Bedingungen für Mieter in einem Ballungsgebiet – wie hier Frankfurt/Main – nicht ohne Weiteres zu finden sei. Dieses Verständnis einer „gewerblichen“ Weitervermietung stehe auch im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums (Artikel 14 Abs. 1 GG).
17.06.2018