Die Stadt München hat zum Schutz ihrer Mieter verschärfte Bedingungen für sogenannte Abwendungsvereinbarungen in Milieuschutzgebieten beschlossen. Taugen sie als Vorbild für Berlin?
In Milieuschutzgebieten kann die Stadt das Vorkaufsrecht nutzen, wenn bei einem Hausverkauf deutlich wird, dass in der Folge die Mieter von Verdrängung bedroht sind. Der Käufer der Immobilie kann den Vorkauf aber abwenden, wenn er erklärt, die Regeln des Milieuschutzes einzuhalten und mieterverdrängende Schritte zu unterlassen.
In München unterschreiben Käufer mittlerweile ohne mit der Wimper zu zucken solche Abwendungserklärungen, weil sie auch unter diesen Bedingungen auf dem Münchner Markt sehr hohe Mieten erzielen können. Das Ziel des Milieuschutzes wird so verfehlt. Deshalb macht die Stadt nun strengere Vorgaben.
Das Verbot von Luxusmodernisierungen und der Umwandlung in Eigentumswohnungen bleibt bestehen. Neu festgelegt wird eine Höchstmiete bei Neuvermietungen, die sich am Mietspiegel orientieren soll. Staffelmietverträge werden ausgeschlossen. Außerdem dürfen nur Haushalte einziehen, deren Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. Mieterhöhungen sind auf die Höhe der Verbraucherpreissteigerung begrenzt, und Modernisierungskosten dürfen nur so lange auf die Jahresmiete umgelegt werden, bis sich die Kosten für den Vermieter amortisiert haben. All diese Bindungen sollen nicht nur wie bisher zehn Jahre gelten, sondern so lange, wie das Milieuschutzgebiet besteht.
In Berlin sind die Bezirke für die Aushandlung der Abwendungsvereinbarungen zuständig. In der Regel verlangen sie neben den im Milieuschutz ohnehin geltenden Auflagen eine Begrenzung der Modernisierungsumlage auf acht oder sechs Prozent und einen Verzicht auf die Umwandlung in Eigentumswohnungen. Die Beschränkungen gelten meist 20 Jahre lang, wenn der Milieuschutz nicht vorher aufgehoben wird.
Jörn Oltmann, grüner Baustadtrat von Tempelhof-Schöneberg, findet den Münchner Vorstoß „sehr richtig“, bleibt aber „vorsichtig zurückhaltend“. Es bestehe die Gefahr, dass Eigentümer gegen die tieferen Eingriffe klagen. Hätten sie Erfolg, wäre die gesamte Abwendungsvereinbarung gekippt. „Wir würden die Mieter einem großen Risiko aussetzen“, so Oltmann. Er fordert dringend eine mieterfreundliche Gesetzgebung des Bundes. „Die Bezirke sind der Reparaturbetrieb für die Versäumnisse der Bundesregierung.“
Die Baustadträte von Tempelhof-Schöneberg, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Pankow haben im November 2018 einen Arbeitskreis zum Vorkaufsrecht gegründet und wollen Kollegen aus München zum Erfahrungsaustausch einladen.
Jens Sethmann
26.01.2019