Pressemitteilung Nr. 5/19
„Die Diskussion um die Mietpreisbremse habe absurde Züge“, so Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Das Justizministerium muss belegen, dass die Bremse greift, denn schließlich stammt das Gesetz aus seinem Hause. Die Gegner der Mietpreisbremse hingegen frohlocken, eine nicht funktionierende Preisbremse zeige, wie untauglich dieses Instrument sei. „Das alles ist barer Unsinn“, erklärte Wild. „Dabei ist es sehr einfach. Das vorliegende Gesetz sichert zwar ein paar Ansprüche für den einzelnen Mieter, in der Summe taugt es aber nicht dazu, die Mieten bei Wiedervermietung spürbar in den Griff zu bekommen. Von einem untauglichen Gesetz kann man keine wirksamen Effekte erwarten“.
Damit die Mietpreisbremse auch auf den Wohnungsmärkten spürbare Ergebnisse erzielen, bedarf es mehrerer Änderungen:
1. Die Mietpreisbremse muss Dauerrecht werden und bundesweit gelten.
2. Eine Breitenwirkung wird es nur geben, wenn die wesentlichen Ausnahmen von der Preisbremse abgeschafft werden. Für die Ausnahme einer hohen Vormiete gibt es keine Berechtigung. Auch bei Modernisierung ist eine Kappung bei 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete vertretbar. Eine Ausnahme soll es daher nach den Vorstellungen des Mietervereins nur bei Neubauten für die Erstvermietung und die Dauer von zwei Jahren geben.
3. Eine Breitenwirkung wird es zudem nur geben, wenn Vermieter bei der Missachtung der Mietpreisbremse mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 € belegt werden können.
Die Bundesregierung irrt, wenn sie meint durch eine scheinbare Transparenz über die Miethöhe vor Vertragsabschluss in der Fläche einen Mietpreisanstieg bei Wiedervermietung verhindern zu können.
Hier einige Ergebnisse aus Beratungspraxis des Berliner Mietervereins:
1. Der Anteil der Beratungsfälle zur Mietpreisbremse liegt bei 12 % aller Miethöheberatungen.
Ab Juni 2015 bis Ende 2018 wurden 76.610 Ratsuchende zur Miethöhe beraten, davon etwa 9.200 Mieter zur Mietpreisbremse bei ca. 320.000 Beratungen insgesamt, die der BMV durchgeführt hat.
2. Vermieterverhalten: Bis zum Vorlagebeschluss der 67. Kammer des Berliner Landgerichts zum Bundesverfassungsgericht gab es eine außergerichtliche Verhandlungsbereitschaft der Vermieter beim Streit um die Miethöhe. Mit dem Vorlagebeschluss ist diese Bereitschaft gen Null gesunken, trotz auch anderslautender Rechtsprechung im Berliner Landgericht. Allerdings setzen zunehmend Gerichte die Mietpreisbremsenverfahren aus, um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Das geht zu Lasten der Mieter. Erteilt der Mieter die Rüge und bittet um Auskunft, reagiert ungefähr die Hälfte der Vermieter gar nicht, die andere Hälfte erteilt vage Informationen hinsichtlich durchgeführter Modernisierung oder der Vormiete. Ob dies durch das Mietrechtsanpassungsgesetz sich ändert, ist noch nicht abzusehen. Nur in maximal 5 % der Auskunftsbegehren erhalten die Mieter so hinreichende Informationen, dass die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der geforderten Miete geklärt ist. Bei etwa 10 % aller vermuteten Überschreitungen der Mietpreisbremsenkappung kommt es zu Vergleichsverhandlungen. Dass in diesen Verhandlungen die Vermieter die Argumente des Mieters akzeptieren, ist der absolute Ausnahmefall. In der Regel kommt es zu Vergleichen, in denen der Vermieter noch zwischen 40 und 70 % seiner mutmaßlich überhöhten Forderung behält. Streitpunkte sind die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete und die berücksichtigungsfähigen Modernisierungskosten von Maßnahmen zwischen dem letzten und dem neuen Mietverhältnis.
3. Die Mietpreisbremse vor Gericht:
Hinsichtlich der regionalen Verteilung gerichtlicher Streitigkeiten ergibt sich ein einheitliches aber ungewöhnliches Ergebnis. 85 % aller gerichtlichen Mietpreisbremsenstreitigkeiten in Deutschland finden in Berlin statt. So die die Auswertungen der Deutsche Mieterbund Rechtschutzversicherung AG und von „wenigermiete.de“. Dies kann zurückzuführen sein auf:
In Berlin ist die Differenz zwischen geforderten Angebotsmieten und ortsüblicher Vergleichsmiete besonders hoch. Ein Streit lohnt.
- In Berlin stiegen die Angebotsmieten überproportional stark an. Ein Streit lohnt sich.
- Die ortsübliche Vergleichsmiete ist in Berlin wegen eines anwenderfreundlichen Mietspiegels leicht zu ermitteln.
- In Berlin spielt die Mietenproblematik in der Öffentlichkeit eine größere Rolle als in anderen Städten.
- In Berlin wurden der Öffentlichkeit vom Berliner Mieterverein Studien zur möglichen und tatsächlichen Wirksamkeit der Mietpreisbremse in der Stadt bekannt gemacht.
Weniger als 100 Fälle aus der Rechtsberatung des BMV landeten seit Beginn der Bremse vor Gericht. Von den abgeschlossenen Verfahren wurden 45 % gewonnen. 10 % der Verfahren wurden verloren und 45 % endeten mit einem Vergleich.
24.01.2019