Sie haben das Schöneberger Atelierhaus einst besetzt. Sie haben es vor dem Abriss gerettet und liebevoll wieder bewohnbar gemacht. Jetzt müssen sie um ihr Zuhause bangen. Ein Investor setzt die Bewohner unter Druck und stellt ihnen ein Ultimatum: Änderung des Mietvertrags oder Verkauf der Eigentumswohnungen.
Um einen Abriss Anfang der 1980er zu verhindern, besetzten 15 Frauen und Männer das Gebäude im zweiten Hof, richteten sich erst einmal notdürftig in einer der fünf Etagen ein und brachten dann selbst Zimmer für Zimmer und später das ganze Haus wieder in einen bewohnbaren Zustand. „Hier steckt viel eigene Arbeit, viel Geld und viel Herzblut drin“, erklärt Barbara K., eine aus der einstigen Besetzergruppe.
Ihr Bemühen, das Haus selbst zu kaufen, schlug fehl, und als der jetzige dänische Investor den Komplex 2007 erwarb, waren die Wohnungen im Atelierhaus bereits aufgeteilt und so für einen Verkauf vorbereitet.
Vor etlichen Monaten präsentierte der Eigentümer den Bewohnerinnen und Bewohnern nun sein „Angebot“: Entweder sie stimmen einer Vertragsänderung zu, mit der die günstige Bruttokaltmiete in eine Staffelmiete geändert wird, oder die Eigentumswohnungen werden verkauft, so dass Eigenbedarfskündigungen drohen. Im Fall der Vertragsänderung sicherte der Vermieter zu, drei Jahre auf den Verkauf zu verzichten. Wie zur Drohung werden drei der Wohnungen bereits online angeboten: „Ruhige Lage im grünen Innenhof“ wirbt eine der Anzeigen. „Wir zahlen hier noch immer eine niedrige Miete“, so Barbara K. „Aber es ist schließlich auch unsere Arbeit, die hier drin steckt.“
Wer eine Vertragsänderung unterzeichne, so eine Rechtsberaterin des Berliner Mietervereins (BMV), dem müsse dafür mindestens eine Frist von acht oder gar zehn Jahren zugesichert werden, in denen kein Eigenbedarf geltend gemacht werden kann. Die Mieter sollten sich daher nicht unter Druck setzen lassen. Inzwischen hat sich auch Stadtrat Oltmann (Grüne) eingeschaltet.
Rosemarie Mieder
28.03.2022