Das Forschungsinstitut Empirica hat im Auftrag des führenden Ferienwohnungs-Portals Airbnb den Einfluss dieses Geschäfts auf städtische Wohnungsmärkte untersucht – und kommt zu einem grotesken Ergebnis.
Wir haben uns angeblich alle jahrelang geirrt: Die Kurzzeitvermietung von Wohnraum an Touristen schmälert nicht das Wohnungsangebot – nein, sie entlastet sogar den Wohnungsmarkt. Das will jedenfalls Empirica glauben machen. „Homesharing schadet dem Wohnungsmarkt nicht, sondern steigert die Effizienz der Wohnraumnutzung“, erklärt Annamaria Deiters-Schwedt, Autorin der Studie. Ihre Logik: Wenn alle Feriengäste in Hotels unterkommen sollten, müssten viel mehr Hotels gebaut werden – und zwar auf Flächen, die man besser für den Wohnungsbau nutzen sollte.
Empirica hat ausgerechnet, dass das Bauland, das – dank Airbnb – nicht für neue Hotels benötigt wird, zum Bau von exakt 2458 Wohnungen reicht. Auf einem Monopoly-Brett mag das funktionieren. In echten Städten verhindern aber Stadtplanung und Baurecht mit guten Gründen, dass man an jeder Stelle nach Belieben mal ein Hotel, mal ein Wohnhaus bauen kann.
Der Studie zufolge ist der Einfluss der über Airbnb angebotenen Ferienunterkünfte klein. Es sind in Berlin 26.500. Für ein wohlwollendes Gutachten gibt das in Irland sitzende Unternehmen diese Zahl erstmals preis. Den Berliner Wohnungsämtern hat es solche Auskünfte bislang verweigert. Von diesen Unterkünften werden 13.000 komplett als Ferienwohnungen angeboten. Mehr als die Hälfte aller Unterkünfte waren bis zu 30 Nächte im Jahr gebucht, aber elf Prozent – knapp 3000 Wohnungen – länger als 180 Nächte. Empirica nennt diese Zahl als zu gering, um negative Wirkungen auf den Wohnungsmarkt zu haben. „Regulierende Eingriffe sollten daher stets in einer angemessenen Relation zur tatsächlichen Problemlage stehen“, lautet Deiters-Schwedts Fazit, das sicher auch im Sinne des Auftraggebers ist.
Die Studie geht nicht darauf ein, dass vor allem günstige innerstädtische Wohnungen als Ferienapartments zweckentfremdet werden und die als „Ersatz“ angepriesenen, aber noch längst nicht gebauten Neubauwohnungen wesentlich teurer sind und zudem eher am Stadtrand entstehen. Gar nicht zu sprechen von der Touristifizierung, die den Menschen in „Szenekiezen“ das Wohnen zunehmend beschwerlich macht. Für Airbnb ist all das kein Problem. Für das Land Berlin gibt es aber Gründe genug, auch weiterhin gegen jede einzelne Zweckentfremdung vorzugehen.
Jens Sethmann
Download der Studie unter:
www.empirica-institut.de/thema/wohnungsmaerkte-und-wohnungspolitik/
Hinweisformular für Zweckentfremdungen von Wohnraum unter:
www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/
30.09.2019