Wie lässt sich die dringend notwendige energetische Gebäudesanierung endlich in Schwung bringen, ohne die Mieter finanziell noch stärker zu belasten? Mit diesem Dilemma beschäftigte sich das fünfte wohnungspolitische Forum des Berliner Mietervereins.
Energetische Modernisierungen sind für die meisten Mieter ein Reizthema. Allzu oft steigt die Miete erheblich, während die Heizkosten nur minimal sinken. Das belegt auch eine Studie des Berliner Mietervereins (BMV). „Wir müssen wegkommen von diesen schlechten Beispielen“, meinte Professor Dr. Bernd Hirschl vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung Berlin, einer der beiden geladenen Experten.
Fakt ist: Etwa 50 Prozent der CO2-Emissionen werden in Berlin durch Gebäude verursacht. Doch die Wohnungswirtschaft betätigt sich nach wie vor als Bremser. Die Sanierungsrate ist erschreckend niedrig, und die wenigsten Vermieter nehmen eine Förderung in Anspruch – die die Mietsteigerungen reduzieren könnte. Viele wollen sich nicht auf die damit verbundenen Bindungen einlassen, und kleinere Vermieter schreckt der Förderdschungel ab, so Hirschls Einschätzung.
Um stärkere Anreize zu setzen, müsse zudem auf Zuschüsse umgestellt werden. Darlehen sind in der derzeitigen Niedrigzinsphase völlig unattraktiv. Die bereits beschlossene Verdoppelung der Zuschüsse im Klimapaket der Bundesregierung und eine steuerliche Förderung der energetischen Ertüchtigung könnte hier eine Dynamik anstoßen, meinte Hirschl. Doch ohne Vereinbarungen zu sozialverträglichen Lösungen gehe es nicht.
Dem schloss sich auch Klaus Habermann-Nieße an. Der Stadtplaner und Architekt aus Hannover hat viel Erfahrung mit quartiersbezogenen Sanierungskonzepten und präsentierte eine ganze Reihe von vorbildlichen, nicht-preistreibenden energetischen Sanierungen in verschiedenen Siedlungen in Deutschland. Der Haken: Die unterschiedlichen Eigentümer in einem Quartier müssen dabei mitziehen.
Reiner Wild, BMV-Geschäftsführer und Dritter auf dem Podium, führte aus, dass die gesamtgesellschaftliche Aufgabe Klimaschutz heute zu einem Großteil von Mietern getragen wird: „Der Vermieter kann sich seine Investitionen vom Mieter bezahlen lassen.“ Mit der beschlossenen CO2-Bepreisung werde die Belastung noch steigen, gleichzeitig sei es kein wirksames Lenkungsinstrument für energieeffiziente Maßnahmen, weil die Mieter schließlich in jedem Fall die Heizkosten tragen müssen.
Es bestand Einigkeit, dass es ordnungsrechtlicher Regelung bedarf. In diesem Zusammenhang wurde das bereits vor Jahren vom BMV erarbeitete Stufenmodell gelobt, wonach zuerst „Dreckschleudern“ saniert werden sollten und dann schrittweise die anderen Gebäude mit den schlechtesten Energieeffizienzklassen.
Birgit Leiß
21.11.2019