Leitsatz:
Zur Abrechnung von Betriebskosten in großen Wohnanlagen.
BGH vom 29.1.2020 – VIII ZR 244/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Parteien stritten um Nachforderungen in Höhe von insgesamt 1166,21 Euro aus mehreren Abrechnungen. Das Berufungsgericht hielt die Abrechnungen schon aus formellen Gründen für unwirksam, so dass dem Vermieter die Nachzahlungen nicht zustünden.
Dem folgte der BGH nicht. Auch bei großen Wohnanlagen gäbe es für das Erfordernis einer formell wirksamen Abrechnung keine Besonderheiten.
Soweit keine besonderen Abreden getroffen seien, seien in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen. Dabei sei eine Erläuterung des angewandten Verteilungsmaßstabs (Umlageschlüssel) nur dann geboten, wenn dies zum Verständnis der Abrechnung erforderlich sei.
Vorliegend bedurfte es keiner weiteren Erläuterung des Umlageschlüssels. Auch nicht etwa deshalb, weil der Vermieter bei seiner Abrechnung verschiedene Gesamtflächen zugrunde gelegt habe, nämlich bei einigen Positionen die Gesamtfläche der mehrere Gebäude umfassenden Gesamtanlage, während bei anderen Positionen kleinere „Abrechnungskreise“ (etwa einzelne Gebäude) gebildet und dementsprechend kleinere Gesamtflächen zugrunde gelegt wurden. Auch insoweit genüge aber auf der formellen Ebene die jeweilige Angabe der Gesamtfläche, die der nach dem Flächenmaßstab abgerechneten Betriebskostenpositionen zugrunde gelegt worden sei.
Wenn in den Abrechnungen Informationen dazu vermisst würden, aus welchen einzelnen Gebäudeteilen oder Hausnummern sich die jeweils zugrunde gelegte Wirtschaftseinheit zusammensetze, werde verkannt, dass derartige Informationen nach der Rechtsprechung des BGH gerade nicht zu den Mindestanforderungen an eine Betriebskostenabrechnung gehörten, deren Verletzung die Abrechnung formell unwirksam mache (BGH vom 14.2.2012 – VIII ZR 207/11).
Die Betriebskostenabrechnungen seien auch aus formellen Gründen nicht unwirksam, weil in den Erläuterungen einzelne Positionen nicht nachvollziehbar bezeichnet seien, insbesondere die Erläuterungen zu der Aufschlüsselung einzelner Betriebskosten (etwa nach Rechnungsbeträgen für einzelne Gebäude). Da eine solche Aufschlüsselung für die formelle Ordnungsgemäßheit schon nicht erforderlich sei, sei es (auf der formellen Ebene) auch unschädlich, dass einzelne in der Aufschlüsselung genannte Teilpositionen mit einer unverständlichen Ziffernfolge bezeichnet seien. Sofern dem jeweiligen Einzelbetrag keine umlegbaren Kosten zugrunde liegen sollten, handele es sich wiederum um eine Frage der materiellen Richtigkeit der Abrechnung.
Letztlich sei auch kein formeller Abrechnungsfehler darin zu sehen, dass die Heizkostenabrechnung einer Plausibilitätskontrolle nicht standhalte, weil Verbrauchsabweichungen gegenüber den in früheren Abrechnungen gemessenen Verbrauchsmengen nicht erläutert worden seien. Nach der Rechtsprechung des BGH führe aber der Umstand, dass eine Abrechnung – etwa bezüglich der Flächenangabe oder bezüglich der angegebenen Verbrauchswerte – im Vergleich zu früheren Abrechnungen erheblich abweicht, gerade nicht dazu, dass aus diesem Grund höhere formelle Anforderungen an die Abrechnungen zu stellen wären, etwa in Form einer Erläuterung der Gründe für die Flächenabweichung oder den gestiegenen Verbrauch (BGH vom 28.5.2008 – VIII ZR 261/07). Bei der Frage, ob in einer Abrechnung eine zu hohe Verbrauchsmenge zugrunde gelegt wurde, handele es sich vielmehr um eine Frage der materiellen Richtigkeit der Abrechnung.
Der BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil das Berufungsgericht – vor dem Hintergrund der von ihm angenommenen formellen Unwirksamkeit der Abrechnungen folgerichtig – keine Feststellungen zur materiellen Richtigkeit der Abrechnung getroffen hatte.
25.05.2020