Jetzt kommt’s drauf an: Nachdem das neue Baugesetz da ist, muss der Senat für Stadtentwicklung und Wohnen (SenStadt) schnell zu einer rechtssicheren Verordnungen für ein wirksames Umwandlungsverbot kommen.
Es war lange heftig umkämpft. Jetzt ist es da: Am 23. Juni 2021 trat das Baulandmobilisierungsgesetz in Kraft. Für Mieterinnen und Mieter könnte es tatsächlich verschiedene Verbesserungen bringen. Denn der neu eingefügte § 250 Baugesetzbuch (BauGB) soll die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren. Voraussetzung für das Umwandlungsverbot ist allerdings, dass das Land Berlin jetzt schnellstens seine Ermächtigung nutzt und eine doppelte Rechtsverordnung erlässt. Im Interesse der Berliner Mieter:innen fordert der BMV die Landesregierung nachdrücklich auf, aufs Tempo zu drücken. Sie muss verhindern, dass zahlreiche Eigentümer:innen auf Vorrat preiswerte Mietwohnungen in teure Eigentumswohnungen umwandeln und Mieter:innen damit in Existenzsorgen stürzen – noch bevor die Verordnung in Kraft tritt.
In der Rechtsverordnung muss der Senat Berlin als „angespannten Wohnungsmarkt“ bestimmen. Außerdem sollte der Senat mit den Bezirken einheitlich regeln, wie die in § 250 BauGB festgeschriebene generelle Genehmigungspflicht für Umwandlungen ausgeübt wird. Doch wie schnell wird die Rechtsverordnung und mit ihr das Umwandlungsverbot kommen?
Berlin ist ein „angespannter Wohnungsmarkt“
Die Begründung, warum der Berliner Wohnungsmarkt angespannt ist, dürfte kein Problem sein. In wieweit den Eigentümern allerdings Ausnahmen vom Umwandlungsverbot tatsächlich eingeräumt werden, ist von konkreten Vorgaben der Berliner Bezirke abhängig, denn offen ist, wie Berlin mit dem Genehmigungsvorbehalt umgehen wird. In § 250 BauGB heißt es zum Beispiel: „Die Genehmigung (zur Umwandlung, Anm. der Redaktion) ist zu erteilen, wenn das Wohneigentum […] zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll.“ Ausführungsvorschriften des Bauministeriums liegen nicht vor.
Schlupflöcher für Eigentümer:innen
Warum Berlin jedoch ebenso schnell wie gründlich handeln sollte, liegt auf der Hand: Seit 1991 haben Hauseigentümer:innen bereits 289.000 Mietwohnungen in Berlin in Eigentum umgewandelt. Für diese Wohnungen kommt ein genereller Genehmigungsvorbehalt für Umwandlungen natürlich zu spät. Zwar bedeutet die Umwandlung in Eigentum für Mieterinnen und Mieter nicht zwangsläufig den Verlust der Wohnung. Doch die Gefahr einer Eigenbedarfskündigung schwebt fortan über dem Mietverhältnis – was vielen Mieter:innen zurecht Sorgen bereitet.
Künftig wird es darauf ankommen, wie sich die Antragslage in den zuständigen Bezirken entwickelt und wie viele Genehmigungen die Bezirke nach Gesetz erteilen müssen, weil sie unter die Ausnahmen in § 250 BauGB fallen. Die Ausnahmeregeln – wie beispielsweise die oben zitierte Zwei-Drittel-Regelung – lassen Zweifel an einem wirksamen Schutz für Mieterinnen und Mieter aufkommen. Sie öffnen Schlupflöcher für die Eigentümer:innen, die Wohnungen umwandeln wollen. Am Ende werden vermutlich die Gerichte klären, ob die Behörden hohe Hürden bei der Ausnahmegenehmigung vom Umwandlungsverbot verlangen können – wie etwa notarielle Erklärungen. Oder ob bloße Absichtserklärungen der Eigentümer:innen ausreichen, dass sie zwei Drittel der Wohnungen an Mieter:innen verkaufen werden. Aus unserer Sicht genügen Absichtserklärungen nicht.
Frist für Vorkaufsrecht der Bezirke verlängert
Positiv für die Mieter:innen ist, dass der Gesetzgeber im neuen Baulandmobilisierungsgesetz die Fristen für die Vorkaufsprüfung der Kommunen (in Berlin der Bezirke) verlängert hat. Grundsätzlich begrüßenswert ist es auch, dass der Gesetzgeber Ausnahmen gestrichen hat, mit denen Verkäufer zuvor beim Vorkauf die Limitierung des Preises auf den Verkehrswert umgehen konnten. Für Berlin hat dies jedoch sehr wahrscheinlich eine vergleichsweise geringe Bedeutung.
Insbesondere in den umkämpften Innenstadtlagen, wo Kapitalanleger:innen großes Interesse am Kauf von Wohnungen haben, liegen die Verkehrswerte zu einem großen Teil bereits nahe der Marktwerte. Das heißt, eine Limitierung des Preises auf den Verkehrswert bringt wenig. Die Bezirke müssen die hohen Verkehrswerte bedienen, um ihr Vorkaufsrecht ausüben und somit Mieter und Mieterinnen in den Milieuschutzgebieten zu schützen.
Eben weil die Preise so stark gestiegen sind, haben die Bezirke in den vergangenen Jahren nur noch selten ihr Recht zum Vorkauf einzelner Häuser genutzt. Wenn die Bezirke dies tun, sind zumeist landeseigene Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften die Begünstigten. Ihre Aufgabe war es bislang, in einem Zeitrahmen von rund sechs Wochen die Wirtschaftlichkeit des Erwerbs zu prüfen und die Finanzierung sicherzustellen. Dafür bekommen sie nun mehr Zeit. Die Verlängerung der Vorkaufsfrist auf drei Monate ist weiterhin nicht ausreichend, weil Genossenschaften oder andere Gemeinwohlträger auch in dieser Zeit die Finanzierung des Vorkaufs kaum bewerkstelligen können.
Medien berichteten zuletzt, dass der eigens angelegte Fonds für den Vorkauf von Mietwohnungen, die von der Umwandlung in Eigentumswohnungen bedroht sind, nahezu ausgeschöpft ist. Der Senat denke jedoch darüber nach, andere Fonds für diesen Zweck umzuwidmen. Dann hätten die Bezirke wieder mehr Spielraum, Mieter:innen vor den Interessen rendite-orientierter Erwerber:innen zu schützen. Dennoch bleiben die in den vergangenen Jahren stark angestiegenen Verkehrswerte ein zentrales Hindernis auf dem Weg, gemeinwohlorientierte/n Träger und Wohnungsneubau zu stärken.
20.07.2021