Initiative Blaczko Mieter:innen
Rubrik: Hausbesuch
Die Mieterinnen und Mieter der Blaczko-Häuser in Berlin haben eine Initiative gegründet, um gemeinsam gegen die fragwürdigen Methoden und Vertragsbedingungen ihrer Hausverwaltung vorzugehen.
Ende Mai stehen plötzlich acht Leute vor Marias Wohnungstür. Sie kommen von der Hausverwaltung. Unangekündigt. Einen Mann kennt Maria. Bei Roman L. hatte sie vor einigen Jahren ihren Mietvertrag abgeschlossen. Die acht Leute kommen nicht zu einem freundlichen Besuch. Sie seien aufgebracht und aggressiv gewesen und hätten versucht, Maria einzuschüchtern, berichtet sie später. Sie solle keine „Hetze“ mehr gegen die Hausverwaltung Blaczko betreiben, „lassen Sie das!“, sagten die unerwünschten Besucher.
Maria ist nicht der richtige Name der Mieterin aus dem Wedding. Sie und ihr Ehemann Stefan möchten lieber nicht mit ihren Namen an die Öffentlichkeit gehen. Mit ihrem Anliegen jedoch schon. Darum haben sie sich der Initiative Blaczko-Mieter:innen angeschlossen. Gemeinsam wollen sie sich gegen die Missstände und fragwürdigen Methoden der Hausverwaltung wehren, die etwa 25 Häuser der Immobilienfirma Blaczko in Berlin verwaltet.
Mieterinnen und Mieter wehren sich
Auslöser war eine hämische E-Mail der Blaczko-Hausverwaltung, in der es um Mietnachforderungen nach dem Scheitern des Mietendeckels ging. Die E-Mail begann ohne Anrede mit den Worten: „Zu früh gefreut“ und enthielt die Aufforderung (in Originalschreibweise): „zusätzlich schlagen wir ihnen vor, das Mietverhältnis so schnell wie möglich zu beenden, solche Mieter brauchen wir nicht“.
Dieses Verhalten wollten sich die Mieter und Mieterinnen nicht länger gefallen lassen. „Uns war schon bei der Unterzeichnung des Mietvertrages einiges dubios vorgekommen“, sagt Stefan. „Aber wir haben halt dringend eine Wohnung gebraucht.“ So stimmten sie damals einer (illegalen) Vertragsabschlussgebühr zu und zahlen heute neben einer langjährigen Staffelmiete einen monatlichen Pauschalbetrag für eine Möblierung, die es in der Wohnung gar nicht gibt. Andere berichten in der Versammlung der Initiative auch von Videokameras in den Häusern (teils echt, teils Attrappen), von Teilgewerbeverträgen oder Untermietverträgen mit Mitarbeitern der Hausverwaltung, womit diese wohl versuchen, Anforderungen der Mietpreisbremse und des Kündigungsschutzes zu umgehen.
Mieterinnen und Mieter gehen gemeinsam vor
Regelmäßig, ein bis zweimal im Monat, treffen sich die mehr als 30 betroffenen Haushalte der Initiative –persönlich oder virtuell –, um sich auszutauschen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Sie haben unter anderem einen Offenen Brief an den Eigentümer Uscher Blaczko geschrieben – doch keine Antwort erhalten. Reaktionen jedoch schon. „Immer wieder hat die Hausverwaltung versucht, einzelne Mieter:innen einzuschüchtern und Einzelabsprachen zu treffen“, sagt Stefan. „Doch das wollen wir nicht, wir wollen uns vernetzen und gemeinsam vorgehen, damit alle zu ihrem Recht kommen.“
Mit Flyern machten sie auf ihre Initiative aufmerksam, um weitere Bewohner und Bewohnerinnen zu informieren und zum Mitmachen zu bewegen. Darauf reagierte die Hausverwaltung recht rabiat, engagierte Sicherheitsleute und erteilte Hausverbote, an die, die Flyer verteilen wollten. Darüber berichteten auch die „taz“ und „Der Tagesspiegel“. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, sagt Stefan.
Unterstützung vom Berliner Mieterverein
Die Initiative der ‚Blaczko-Mieter:innen‘ kämpfen nicht allein. Sie haben Unterstützung bekommen von der Initiative ‚Mieter:innen Gewerkschaft Berlin‘ und vom Berliner Mieterverein. „Wir hatten mit den anderen Mitgliedern der Initiative ein langes ausführliches Gespräch mit dem Berliner Mieterverein mit vielen wichtigen Infos“, berichtet Stefan. „Das war sehr hilfreich.“ Dabei spielte es keine Rolle, ob jemand Mitglied im BMV war oder nicht.
„Seit mehreren Jahren unterstützt der BMV Initiativen wie die der Blaczko-Mieter:innen mit der Koordination von Mieter:innenversammlungen“, berichtet Sebastian Bartels, stellvertretender Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Wir gehen in die Häuser, wir klären auf und helfen den Mieterinnen und Mietern auch wohnungspolitisch.“ Das geschieht parallel zur individuellen Rechtsberatung in den Beratungsstellen. Auf der virtuellen Versammlung der Blaczko-Mieter:innen etwa informierte Bartels die Betroffenen über die Rechtslage – zum Beispiel in Bezug auf Videoüberwachung, Hausverbote, Untermietverträge und Miethöhe. „Der BMV will aufklären und Mieter auf Rechtsprobleme aufmerksam machen, auch diejenigen, die nicht im BMV organisiert sind“, sagt Stefan Bartels. „Unser politisches Ziel ist der Zusammenschluss und die Stärkung der Rechte aller Mieterinnen und Mieter.“
Inzwischen ist die Initiative Blaczko-Mieter:innen gut organisiert. Sie haben sich eine Struktur gegeben, Arbeitsgruppen gebildet. Immer wieder richten sie neue Gesprächsangebote an die Blaczko-Hausverwaltung, doch bisher kam keine Antwort. „Wir haben die Initiative gegründet, um Lösungen zu finden, nicht um Stunk zu machen“, sagt Stefan. Die Hausverwaltung sieht das offenbar anders.
Maria und Stefan freuen sich, dass sie jetzt so einen guten Kontakt zu anderen Mietern und Mieterinnen haben. „Wir tauschen uns in der Initiative aus und verstehen uns gut. Alle sind bereit, sich einzubringen, damit sich die Situation verbessert, auch für diejenigen, die nach uns kommen“, sagt Stefan. Und die Initiative hat weitere Pläne. Demnächst ist zum Beispiel ein Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Canan Bayram (B90/Die Grünen) geplant. So schnell werden die Mieter:innen der Blaczko-Häuser nicht aufgeben.
17.08.2021