Leitsätze:
1. Erfordert die Vermietung oder Verpachtung keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb und handelt es sich deshalb um eine private und nicht um eine berufsmäßig betriebene Vermögensverwaltung, verliert der Vermieter oder Verpächter, der einen Darlehensvertrag schließt, seine Eigenschaft als Verbraucher im Sinne des Verbraucherdarlehensrechts nicht dadurch, dass er für die Umsätze aus Vermietung oder Verpachtung nach § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a, § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer optiert.
2. Eine langfristige Vermietung an lediglich vier Parteien erfordert im Allgemeinen keinen planmäßigen Geschäftsbetrieb, so dass der Vermieter als Verbraucher anzusehen ist.
BGH vom 3.3.2020 – XI ZR 461/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Frage, wann ein Privatvermieter Unternehmer ist. Die Abgrenzung zwischen Unternehmer und Verbraucher ist unter anderem maßgeblich für die Anwendbarkeit des Verbraucherwiderrufsrechts nach § 312 ff. BGB sowie für die Geltung des § 310 BGB bei der Beurteilung von Formularklauseln.
Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Verwaltung eigenen Vermögens grundsätzlich keine gewerbliche Tätigkeit. Zur Verwaltung eigenen Vermögens gehöre generell auch der Erwerb oder die Verwaltung einer Immobilie. Die Aufnahme von Fremdmitteln könne insbesondere beim Immobilienerwerb der ordnungsgemäßen Verwaltung zugeordnet werden und lässt daher nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe schließen. Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung sei vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erforderten diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liege eine gewerbliche Betätigung vor (BGH vom 23.10. 2001 – XI ZR 63/01 –).
Die Höhe der verwalteten Werte sei dabei nicht maßgeblich. Handele es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, so sei dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, halte sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spreche die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand danach insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittele, bleibe eine im Einzelfall zu beurteilende Frage.
In dem am 3.3.2020 vom BGH entschiedenen Fall habe der Vermieter keine gewerbliche Verwaltung eigenen Vermögens vorgenommen. Das Berufungsgericht habe zu Recht entscheidend auf den Umfang der mit der Immobilienverwaltung verbundenen Tätigkeiten abgestellt und dabei die geringe Zahl (nämlich nur vier) und unbestimmte Dauer der langfristig angelegten Mietverhältnisse sowie den geringen Aufwand bei deren Verwaltung berücksichtigt. Seine Würdigung, dass diese Tätigkeiten insgesamt nicht das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelten, sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Auch die Option zur Umsatzsteuer für aus der Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks erzielte Umsätze lasse weder unwiderleglich noch widerleglich vermuten noch begründe sie ein Indiz dafür, der Vermieter oder Verpächter sei Unternehmer im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Denn wer umsatzsteuerrechtlich „Unternehmer“ sei, bestimme § 2 UStG. Der „Unternehmer“ im Sinne des § 2 UStG sei als zentraler Rechtsbegriff des Umsatzsteuerrechts autonom ohne Rückgriff auf andere Definitionen in anderen Rechtsvorschriften – etwa in § 14 BGB – auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs umfasse der Begriff auch die private Vermögensverwaltung durch die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.
Die §§ 13 und 14 BGB stünden dagegen in einem anderen Regelungszusammenhang. Sie würden sich mit der Frage befassen, unter welchen Voraussetzungen bei dem Abschluss privatrechtlicher Rechtsgeschäfte eine besondere Schutzbedürftigkeit einer der an diesem Rechtsgeschäft beteiligten Parteien im Verhältnis zur anderen Partei bestehe. Für die bürgerlich-rechtlich maßgebliche Abgrenzung von Verbraucher und Unternehmer sei höchstrichterlich seit Langem anerkannt, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, soweit sie allein der privaten Vermögensverwaltung diene, die Qualifikation des Vermieters oder Verpächters als Verbraucher nicht hindere (BGH vom 23.10. 2001 – XI ZR 63/01 –).
25.10.2021