Leitsätze:
Wendet der Vermieter die entgegenstehende höhere Vormiete nicht schon auf vorprozessuale Anfrage des Mieters, sondern erst im Prozess um die Feststellung der höchstzulässigen Miete ein, so ist er dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet.
Auf eine etwaig ihm vor Mietvertragsschluss erteilte mündliche Auskunft muss sich der Mieter nicht verweisen lassen.
Der Schaden besteht in der Höhe der Prozesskosten, welche bei zuvor erteilter schriftlicher Auskunft nicht entstanden wären, da der Mieter insofern von vorneherein nur die Herabsetzung auf die Vormiete geltend gemacht hätte.
AG Mitte vom 1.11.2021 – 15 C 354/20 –
Mitgeteilt von RA Daniel Friedrichs
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die vertraglich vereinbarte Nettomiete betrug 1386 Euro monatlich. Mit Schreiben vom 24.8.2020 rügte die Mieterin unter Fristsetzung zum 10.9.2020 die Überschreitung der gemäß §§ 556 d BGB ff. höchstzulässigen Miete. Zugleich forderte sie den Vermieter unter anderem auf, Auskunft über die Höhe der im Vormietverhältnis zuletzt geschuldeten Miete, der ein Jahr vor Ende des Vormietverhältnisses geschuldeten Miete sowie des Datums der Beendigung des Vormietverhältnisses zu erteilen.
Die Vermieter erteilte die begehrte Auskunft schriftlich zunächst nicht.
Daraufhin beantragte die Mieterin mit Klageschrift vom 15.10.2020, festzustellen, dass die Miete nicht mehr als 691,84 Euro betrage, so dass von ihr ab 1.11.2020 lediglich Nettomiete in dieser Höhe geschuldet werde. Sie behauptete insofern unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2017, die gemäß höchstzulässige Nettomiete betrage lediglich 691,84 Euro.
Der Vermieter anerkannte mit Schriftsatz vom 6.1.2021 die Klageforderung unter Protest gegen die Kostenlast, soweit die Feststellung begehrt werde, dass die Nettokaltmiete den Betrag in Höhe von 1260 Euro übersteige. Im Übrigen beantragte er Klageabweisung und trug vor, die zulässige Vormiete habe 1260 Euro betragen.
Am 4. 8.2021 erging ein entsprechendes Anerkenntnisteilurteil. Nach Einsicht in den Vormietvertrag während des Rechtsstreits stellte die Mieterin die Höhe der Vormiete unstreitig und beantragte nunmehr im Wege der Klageänderung, festzustellen, dass der Vermieter die Kosten des gesamten Rechtsstreits, dass heißt auch hinsichtlich des Teils der Klageforderung zu tragen habe, der sich aufgrund der nunmehr erteilten Auskunft über die Vormiete als unbegründet erwiesen hatte.
Die Mieterin war der Ansicht, da der Vermieter vorprozessual die Vormiete nicht schriftlich mitgeteilt habe, sei er ihr zum Schadenersatz in Höhe der auf den nunmehr unbegründeten Teil der Klageforderung entfallenden Prozesskosten verpflichtet.
Der Vermieter meinte, die Mieterin habe die Vormiethöhe gekannt. Denn der Hausverwalter habe ihr diese bei der Wohnungsbesichtigung am 25.2.2018 mitgeteilt.
Das Amtsgericht entschied wie aus dem Leitsatz ersichtlich.
Urteilstext
Tatbestand:
Die Klägerin ist aufgrund Mietvertrag vom 02.03.2018 seit dem 01.04.2018 Mieterin einer Wohnung in der D.-straße xx in 1xxxx Berlin, die Beklagte Vermieterin. Die vertraglich vereinbarte Nettomiete beträgt 1.386,00 EUR monatlich. Die vereinbarte Wohnfläche beträgt 105 m².
Mit Schreiben vom 24. August 2020 hat die Klägerin unter Fristsetzung zum 10. September 2020 die Überschreitung der gemäß §§ 556d BGB ff. höchstzulässigen Miete gerügt. Zugleich forderte die Klägerin die Beklagte u.a. auf, Auskunft über die Höhe der im Vormietverhältnis zuletzt geschuldeten Miete, der ein Jahr vor Endes des Vormietverhältnisses geschuldeten Miete sowie des Datums der Beendigung des Vormietverhältnisses zu erteilen.
Die Beklagte erteilte die begehrte Auskunft schriftlich zunächst nicht.
Mit Klageschrift vom 15.10.2020 hat die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Miete für die von der Klägerin bewohnte und im Vorderhaus DG links des Hauses D.-str. xx, 1xxxx Berlin gelegene Wohnung nicht mehr als 691,84 EUR beträgt, so dass von der Klägerin ab 1. November 2020 lediglich Nettomiete in dieser Höhe geschuldet wird.
Sie hat insofern behauptet, die gemäß § 556d BGB für die Streitwohnung höchstzulässige Nettomiete betrage lediglich 691,84 EUR monatlich unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2017.
…
Die Beklagte hat insoweit mit Schriftsatz vom 06.01.2021 die Klageforderung unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt, soweit die Feststellung begehrt wird, dass die Nettokaltmiete den Betrag in Höhe von 1260 EUR übersteigt.
Im Übrigen hat die Beklagte Klageabweisung beantragt und vorgetragen, die zulässige Vormiete habe 1260 EUR betragen.
Unter dem 04.08.2021 erging ein entsprechendes Anerkenntnisteilurteil.
Nach Einsicht in den Vormietvertrag vom 28. Februar 2013 während des Rechtsstreits hat die Klägerin die Höhe der Vormiete unstreitig gestellt.
Die Klägerin beantragt nunmehr im Wege der Klageänderung, festzustellen, dass die Beklagte die Kosten des gesamten Rechtsstreits, d.h. auch hinsichtlich des Teils der Klageforderung zu tragen hat, der sich aufgrund der nunmehr erteilten Auskunft über die Vormiete als unbegründet erweist.
Die Beklagte beantragt auch insoweit, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, da die Beklagte vorprozessual die Vormiete nicht schriftlich mitgeteilt habe, sei sie ihr zum Schadenersatz in Höhe der auf den nunmehr unbegründeten Teil der Klageforderung entfallenden Prozesskosten verpflichtet.
Die Beklagte meint, die Klägerin habe die Vormiethöhe gekannt. Der Hausverwalter habe ihr diese bei der Wohnungsbesichtigung am 25.02.2018 mitgeteilt.
…
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klageänderung ist sachdienlich i.S. des§ 263 ZPO, da das Gericht mit dem auch hier zugrundeliegenden Sachverhalt bereits befasst ist.
Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO ist gegeben, da Sicherheit über die Kostentragungspflicht erzielt werden soll. Ein vorrangiger Leistungsantrag kann nicht gestellt werden, da sich erst nach einem Kostenfestsetzungsverfahren eine Summe ermitteln ließe.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadenersatzanspruch auch gemäß § 280 BGB i.V.m. dem Mietvertrag und § 556g Abs. 3 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung zu.
Gemäß § 556g Abs. 3 BGB hat der Mieter einen Anspruch auf Erteilung einer schriftlichen Auskunft über die Höhe der vom Vormieter gezahlten Nettomiete gegen den Vermieter. Eine schriftliche Auskunft hat die Beklagte vor vorprozessual unstreitig nicht erteilt.
Wendet der Vermieter die entgegenstehende höhere Vormiete nicht schon auf vorprozessuale Anfrage des Mieters, sondern erst im Prozess um die Feststellung der höchstzulässigen Miete ein, so ist er dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet.
Die Klägerin hatte die Beklagte auch mit Schreiben vom 24. August 2020 zur entsprechenden Auskunft aufgefordert.
Auf eine etwaig ihr vor Mietvertragsschluss erteilte mündliche Auskunft musste sich die Klägerin nicht verweisen lassen. Der Schaden besteht in der Höhe, der Prozesskosten, welche bei zuvor erteilter schriftlicher Auskunft nicht entstanden wären, da die Klägerin insofern von vorneherein nur die Herabsetzung auf die Vormiete geltend gemacht hätte.
Bezüglich des anerkannten Teils der Klage beruht die Kostenentscheidung auf § 91 ZPO. Die Voraussetzungen für ein sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO liegen nicht vor. Die Klägerin hatte unstreitig vorprozessual die Herabsetzung der Miete auf die gemäß den § 556d BGB zulässige Höhe gefordert. Unstreitig hat die Beklagte hierauf nicht reagiert und die Miete weder auf die jetzt zugestandene Höhe ermäßigt noch eine Ermäßigung zugesagt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25.02.2022