Pressemitteilung Nr. 27/23
„Unverschämt, rechtswidrig, fast kriminell“, kommentiert Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, das Vorgehen der Eigentümerin, die gestern mit Hilfe von Security-Leuten diverse Fenster und Stromzähler ausbauen, Schlösser der Hauseingangstüren auswechseln und die Warmwasserversorgung kappen ließ. „Offenbar meint die zunehmend nervöse Eigentümerin, fehlendes Recht mit einer kalten Räumung beschleunigen zu können“, vermutet Bartels. „Wir erleben zwar leider immer wieder, dass Vermieterinnen verbotenerweise Schlösser auswechseln. Dies aber nur wenige Tage vor einem Gerichtstermin zu tun, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.“ Der Berliner Mieterverein (BMV) geht allerdings davon aus, dass die Eigentümerin sich zumindest in dieser Folge der Wild-West-Serie auf dem Berliner Wohnungsmarkt selbst keinen Gefallen getan hat. Das Amtsgericht Mitte hat nämlich in einem der zahlreichen Räumungsverfahren angedeutet, dass es dem Räumungsinteresse kein besonderes Gewicht zumisst. In dem richterlichen Hinweis heißt es zutreffend, dass die Renditeerwartung der Klägerin aus dem beabsichtigtem Verkauf des neuen Wohnraums resultiert. Die Frage, ob der Eigentümerin durch den Fortbestand eines Mietvertrags ein erheblicher Nachteil entsteht, sei vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses der Mieter:innen, in ihrer bisherigen Wohnung zu verbleiben, zu beantworten.
Der BMV fordert von der Eigentümerin, unverzüglich ihrer Instandhaltungspflicht nachzukommen, das Haus künftig ordnungsgemäß instand zu halten und den entstandenen Schaden soweit wie möglich wiedergutzumachen: vor allem durch die Gutschrift für eine angemessene Mietminderung sowie durch Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Mieterschaft und die ehemaligen Wohnungslosen, die in den vielen bis dahin leerstehenden Wohnungen eine Bleibe gefunden haben. „Sollte das nicht passieren, wird der BMV seine Mitglieder bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen“, kündigt Bartels an.
Der BMV lobt die schnelle Reaktion der bezirklichen Wohnungsaufsicht, die gestern Mittag eine Begehung des Hauses durchführte. „Wir appellieren an das Bezirksamt, dass es in dem geplanten Erörterungstermin mit der Eigentümerin nicht nur um die Instandsetzung, sondern auch die ehemaligen Wohnungslosen im Haus geht: Der zuständige Sozialstadtrat Carsten Spallek sollte mit Hilfe eines geeigneten Trägers dafür sorgen, dass diese Menschen hier weiterhin wohnen können“, so der BMV-Geschäftsführer. Seit längerem schlägt der BMV zudem einen „Runden Tisch Abriss“ vor, an dem das Bezirksamt, die jeweiligen Eigentümer:innen, Betroffene und der BMV teilnehmen
10.08.2023