Hat der Mieter seine Wohnung mit neutralen Wandfarben gemietet, darf er sie am Ende des Mietverhältnisses nicht mit bunt gestrichenen Wänden zurückgeben, entschied kürzlich der Bundesgerichtshof. Obwohl im Mietvertrag die Klausel zur Durchführung der Schönheitsreparaturen unwirksam und der Mieter nicht zur Durchführung verpflichtet gewesen war, billigte der BGH dem Vermieter einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter in Höhe der Renovierungskosten zu, da die bunten Wände eine Pflichtverletzung des Mieters darstellten.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. November 2013 (VIII ZR 416/12) gibt Anlass, einmal die Renovierungspflichten bei Rückgabe der Wohnung näher zu betrachten.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
- Was sind Schönheitsreparaturen?
- Wann ist der Mieter zur Durchführung
von Schönheitsreparaturen verpflichtet? - Wann besteht Renovierungsbedarf?
- Wer muss die Schönheitsreparaturen durchführen,
wenn im Mietvertrag nichts dazu geregelt ist? - Wann sind Schönheitsreparaturklauseln unwirksam?
- Muss im Rahmen der Schönheitsreparaturen
tapeziert werden, und wenn ja, wie oft? - Muss man Dübellöcher beseitigen?
- Was versteht man unter einer Beschädigung der Mietsache?
- Was gilt, wenn der Mieter eine unrenovierte Wohnung
zu Mietbeginn übernommen hat? - Warum müssen bunt gestrichene Wände beim Auszug
neu gestrichen werden, wenn man nicht
zu den Schönheitsreparaturen verpflichtet ist?
1. Was sind Schönheitsreparaturen?
Schönheitsreparaturen sind malermäßige Arbeiten, die erforderlich sind, um die Räume in einen zur Vermietung geeigneten Zustand zu versetzen. Maßgeblich ist nach dem Bundesgerichtshof (18. Februar 2009 – VIII ZR 210/08) eine gesetzliche Definition aus dem Sozialen Wohnungsbau (§ 28 Abs. 4 Zweite Berechnungsverordnung), wonach Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen umfassen.
2. Wann ist der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet?
Voraussetzung ist eine wirksame Klausel zur Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Mieter im Mietvertrag. Grundsätzlich gehören Schönheitsreparaturen als Instandhaltungspflichten in den Verantwortungsbereich des Vermieters. Nur in engen Grenzen ist die Übertragung auf den Mieter erlaubt. Die Schönheitsreparaturen betreffen daher nur den Innenbereich der Wohnung und gehen über Malerarbeiten nicht hinaus. Weitere Voraussetzung ist, dass die Renovierung auch nötig ist. Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit Schönheitsreparaturklauseln mit starren Fristen für unwirksam erklärt, da hier ohne Berücksichtigung des Renovierungsbedarfs die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung allein auf Grund des Zeitablaufs angenommen wurde.
3. Wann besteht Renovierungsbedarf?
Renovierungsbedarf besteht, wenn die Mieträume unansehnlich geworden sind. Anhaltspunkte dafür geben die nach Räumen gestaffelten üblichen Fristen von drei, fünf und sieben Jahren. Sind diese Zeiträume abgelaufen, ist zu vermuten, dass Schönheitsreparaturen notwendig sind. Vor Ablauf der Fristen muss der Vermieter den Renovierungsbedarf beweisen, nach Ablauf der Fristen ist der Mieter gegebenenfalls in der Pflicht darzulegen, dass ein Renovierungsbedarf noch nicht gegeben ist.
4. Wer muss die Schönheitsreparaturen durchführen, wenn im Mietvertrag nichts dazu geregelt ist?
Ohne vertragliche Regelung greift die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Vermieters, der dann renovieren muss. Der Mieter braucht die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses nur besenrein übergeben (Bundesgerichtshof, 28. Juni 2006 – VIII ZR 124/05). Im laufenden Mietverhältnis kann er die Renovierung durch den Vermieter verlangen. In diesem Fall ist der Vermieter verpflichtet, für die Durchführung einen neutralen beziehungsweise gedeckten Farbton zu wählen (Amtsgericht Mitte, 8. August 2013 – 121 C 135/13) oder er muss ihm hinsichtlich der Farbgestaltung ein gewisses Mitspracherecht einräumen (Landgericht Berlin, 4. Oktober 2013 – 65 S 190/12 -).
5. Wann sind Schönheitsreparaturklauseln unwirksam?
Auf Grund der Vielzahl von Entscheidungen kann hier nur eine Orientierung gegeben werden. Vorformulierte Schönheitsreparaturklauseln in Mietverträgen sind zum Beispiel unwirksam,
- wenn sie starre Ausführungsfristen ohne Verlängerungsspielraum enthalten (Bundesgerichtshof, 23. Juni 2004 – VIII ZR 361/03). Aber Vorsicht! Wird der Fristenplan mit Formulierungen wie „im Allgemeinen“, „regelmäßig“, „in der Regel“ oder „üblicherweise“ verknüpft, liegt keine starre Fristenregelung vor.
- wenn sie Farbvorgaben enthalten. Während des Mietverhältnisses kann nicht das Weißen der Wohnung verlangt werden (Bundesgerichtshof, 14. Dezember 2010 – VIII ZR 198/ 10), denn der Mieter kann während des Mietverhältnisses die Wohnung so gestalten, wie er möchte, solange keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden. Farbvorgaben sind nur für den Zeitpunkt der Wohnungsrückgabe wirksam. Sie müssen dem Mieter zudem noch einen gewissen Gestaltungsspielraum lassen, wie zum Beispiel das Streichen in „neutralen Farben“ (Bundesgerichtshof, 22. Februar 2012 – VIII ZR 205/11).
- wenn mehr gefordert wird als rechtlich zulässig. Weder können Malerarbeiten außerhalb der Wohnung verlangt werden noch das Abschleifen des Holzfußbodens oder die Erneuerung eines Teppichs. Es darf auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Mieter die Schönheitsreparaturen eigenhändig vornimmt.
6. Muss im Rahmen der Schönheitsreparaturen tapeziert werden, und wenn ja, wie oft?
Tapezieren gehört im Grundsatz zu den Schönheitsreparaturen. Im Einzelfall ist zu bewerten, ob die Erneuerung einer Tapete erforderlich ist. Eine Raufasertapete kann der Mieter überstreichen, soweit das noch möglich ist. Drei Anstriche und mehr sind zulässig, wenn die Tapete nicht abgenutzt ist (Amtsgericht Münster, 10. März 2003 – 49 C 774/97 -; Amtsgericht Charlottenburg, 26. April 2004 – 202 C 100/04 -).
7. Muss man Dübellöcher beseitigen?
Ist der Mieter durch eine wirksame Klausel im Vertrag zu Schönheitsreparaturen verpflichtet, gehört auch das Verschließen von Dübellöchern dazu. Braucht der Mieter wegen einer unwirksamen Klausel keine Schönheitsreparaturen durchführen, können auch die Dübellöcher bleiben. Etwas anderes gilt, wenn die Anzahl von Dübellöchern ein angemessenes Maß überschreitet. Dann liegt eine Beschädigung der Mietsache vor, deren Beseitigung der Vermieter verlangen kann. Was ein angemessenes Maß ist, hängt vom Einzelfall ab. Unstreitig überschreiten 50 bis 60 Dübellöcher in einem Zimmer den üblichen Umfang (Amtsgericht Mönchengladbach, 2. August 2013 – 11 C 329/11 -).
8. Was versteht man unter einer Beschädigung der Mietsache?
Als Beschädigung gilt beispielsweise ein Sprung im Emaille einer Badewanne oder in einer Wandfliese, tiefe Kerben im Parkett und auch die übermäßige Anzahl von Dübellöchern – immer vorausgesetzt, der Schaden wurde vom Mieter verursacht.
9. Was gilt, wenn der Mieter eine unrenovierte Wohnung zu Mietbeginn übernommen hat?
Dann kann ihn trotzdem die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen treffen, wenn sie wirksam im Vertrag vereinbart wurde. Klauseln mit der Verpflichtung zu einer Anfangsrenovierung sind jedoch unwirksam, da dem Mieter nicht die Lasten des Vormieters aufgebürdet werden sollen.
10. Warum müssen bunt gestrichene Wände beim Auszug neu gestrichen werden, wenn man nicht zu den Schönheitsreparaturen verpflichtet ist?
Diese Entscheidung betrifft nur Fälle, in denen der Mieter die Schönheitsreparaturen im Prinzip nicht durchführen muss. Der Bundesgerichtshof urteilte in seiner eingangs zitierten Entscheidung, dass knallbunte Wände eine Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs darstellen können und gegebenenfalls zu einem Schadensersatzanspruch des Vermieters führen. Der Mieter muss dann die bunten Wände in neutralen Farben streichen, ist allerdings nicht zur Renovierung der ganzen Wohnung verpflichtet. Eine andere Bewertung kann sich dann ergeben, wenn der Mieter zu Vertragsbeginn eine nicht renovierte Wohnung übernommen hat. Im Übrigen kann sich der Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen eines anzusetzenden Abzugs „neu für alt“ reduzieren, das heißt, der Vermieter muss sich eventuelle Kosten anrechnen lassen, die er ohne den Vertragsverstoß des Mieters (die bunten Wände) für eine Renovierung hätte aufwenden müssen.
Wibke Werner
MieterMagazin 1+2/14
Eine grellfarbene Wand muss der Vermieter bei der Wohnungsrückgabe nicht hinnehmen – auch wenn der Mieter ansonsten nicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet ist
Foto: Christian Muhrbeck
Ist man vertraglich zum Renovieren verpflichtet, kann man eine Raufasertapete überstreichen, wenn sie keinen substanziellen Schaden aufweist – verschuldete Schäden an Wänden und Böden muss ein Mieter in jedem Fall reparieren
Fotos: Nils Richter
18.12.2017