Ein klimaneutrales Berlin bis 2050, Kohleausstieg bis 2030 sowie die Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze – das hat eine Enquete-Kommission des Abgeordnetenhauses zum Thema „Neue Energie für Berlin“ nahezu einstimmig beschlossen. In Sachen Netzrückkauf bleibt der Senat allerdings dahinter zurück.
Nach eineinhalbjähriger Arbeit hat die 16-köpfige Enquete-Kommission – bestehend aus elf Abgeordneten und fünf Experten – im November einen 300-seitigen Bericht vorgelegt.
„Um das ehrgeizige Ziel einer klimaneutralen Stadt bis zum Jahr 2050 zu erreichen, müssen jetzt weitreichende Entscheidungen getroffen werden“, sagt der Kommissionsvorsitzende Jörg Stroedter (SPD).
Die Kommission empfiehlt den Ausstieg aus der Braunkohle bis zum Jahr 2020 und aus der Steinkohle bis zum Jahr 2030. Die Kraftwerke Klingenberg, Moabit und Reuter-West sollen stillgelegt oder zu klimafreundlichen Gaskraftwerken umgerüstet werden. Der Gebäudebestand soll bis 2050 weitgehend energetisch saniert sein. „Da Berlin eine Mieterstadt ist, müssen soziale Belange ein Kernbestandteil der energiepolitischen Umsetzungsstrategie sein“, so Stroedter. Die Kommission spricht sich dafür aus, das Strom- und das Gasnetz zu rekommunalisieren. Und auch die Rücknahme des Fernwärmenetzes in die öffentliche Hand soll geprüft werden.
Der Bericht wird fast vollständig von allen Fraktionen getragen. Nur bei den Fragen der Rekommunalisierung schert die CDU aus. Mit ihrer Minderheitsposition konnte die CDU im Senat gegen die SPD durchsetzen, dass das Stromnetz künftig hälftig von dem Energieunternehmen Vattenfall und dem Land Berlin betrieben wird und eine vollständige Übernahme durch Berlin frühestens 2023 erfolgen kann.
Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz kritisiert den Senatsbeschluss: „Wir würden eine echte Rekommunalisierung für lange Zeit zurückstellen müssen.“ Michael Schäfer von den Grünen stellt mit Entsetzen fest, „dass ganz offensichtlich mehrere Tausend Stunden Arbeit komplett ignoriert wurden und der Senat völlig an den Empfehlungen der Kommission vorbei entschieden hat“. Auch Harald Wolf von den Linken spricht von einer „klaren Missachtung“ der Enquete-Kommission durch den Senat. Pavel Mayer von den Piraten appelliert: „Der aktuelle, der nächste und der darauffolgende Senat wären gut beraten, diesen Bericht sehr ernst zu nehmen, denn eine bessere Handlungsgrundlage wird eine Berliner Regierung in den nächsten zehn Jahren nicht in die Hand bekommen.“
Jens Sethmann
Vollständiger Bericht der Enquete-Kommission unter
www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-2500.pdf
28.01.2016