Der Gesetzgeber hat eine Reihe von Veränderungen im Mietrecht auf den Weg gebracht, die voraussichtlich zum 1. April 2013 in Kraft treten. Das MieterMagazin erklärt, was es mit ihnen in der Praxis auf sich hat.
1. In welchen Fällen ist das Recht zur Mietminderung künftig ausgeschlossen?
Bei energetischen Modernisierungen ist zukünftig eine Mietminderung für die Dauer der ersten drei Monate nicht mehr möglich. Eine solche Modernisierung ist zum Beispiel die Wärmedämmung, der Einbau von Isolierglasfenstern oder die Ausstattung mit einer effizienteren Heizanlage. Treten bei diesen baulichen Maßnahmen typische Einschränkungen wie Lärm, Schmutz oder die Einrüstung des Gebäudes auf, muss der Mieter dennoch die volle Miete zahlen. Handelt es sich bei den baulichen Maßnahmen hingegen um eine Reparatur des kaputten Daches oder der heruntergekommenen Fassade, bleibt das Minderungsrecht zumindest anteilig bestehen.
2. Warum ist es zukünftig für Mieter schwieriger, sich gegen Modernisierungen zu wehren?
Grundsätzlich ist der Mieter zur Duldung von Modernisierungsarbeiten verpflichtet, es sei denn, die Modernisierung bedeutet für ihn eine Härte. Härtegründe können sich aus der Art und Weise der Bauarbeiten (Austausch der Fenster zur kalten Jahreszeit), den baulichen Folgen (Verkleinerung der Wohnung) oder der persönlichen Situation des Mieters (hohes Alter, Krankheit, Schwangerschaft) ergeben. Für die Entscheidung, ob der Mieter die Duldung verweigern kann, werden zukünftig dessen Härtegründe nicht nur mit den Interessen des Vermieters und der übrigen Mietparteien abgewogen, sondern auch – und das ist neu – mit den Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes. Es darf vermutet werden, dass viele Härtegründe in der Abwägung hinter dem Klimaschutz zurückstehen und damit praktisch nicht mehr anerkannt werden.
3. Muss ich beim Einwand von Härtegründen Fristen beachten?
Der Mieter muss seine Härtegründe zukünftig bis zum Ablauf des Folgemonats nach Zugang der Modernisierungsankündigung mitteilen. Auf diese Frist hat der Vermieter den Mieter hinzuweisen. Verpasst der Mieter diese Frist, muss er die Modernisierungsmaßnahme dulden. An diese Frist ist man auch bei finanziellen Härtegründen gebunden, obwohl die Duldung der Bauarbeiten mit diesem Einwand nicht mehr verweigert werden kann. Die Frage, ob die Mieterhöhung den Mieter finanziell überfordert, wird zukünftig erst im Rahmen der Mieterhöhung geprüft, also nach Abschluss der Bauarbeiten.
4. Gibt es Neuerungen bei der Ankündigung der Modernisierung?
Nein. Der Vermieter ist nach wie vor verpflichtet, dem Mieter die Modernisierungsmaßnahme spätestens drei Monate vor Beginn anzukündigen. Allerdings sind die Konsequenzen gering, wenn eine Ankündigung unterbleibt. In diesem Fall greift die modernisierungsbedingte Mieterhöhung nicht drei, sondern erst sechs Monate nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens. Neu ist diese Praxis nicht – eine bereits gängige Rechtsprechung wurde nun lediglich Gesetz. Relevant ist dies aber nur für Baumaßnahmen im Außenbereich. Beabsichtigt der Vermieter Modernisierungen innerhalb der Wohnung des Mieters, kann der bei Verletzung der Ankündigungspflicht die Wohnungstür einfach zulassen.
5. Wer profitiert von der – ebenfalls neuen – Senkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen?
Der Gesetzgeber hat die sogenannte Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in bestehenden Verträgen von 20 auf 15 Prozent in drei Jahren gesenkt. Voraussetzung ist allerdings, dass eine ausreichende Versorgung mit Mietwohnungen in der Kommune nicht gegeben ist. Diesen Sachverhalt muss die jeweilige Landesregierung feststellen und durch eine Rechtsverordnung festlegen. Ist das nicht der Fall, bleibt es bei der alten Kappungsgrenze von 20 Prozent in drei Jahren. Der Berliner Senat hat jedoch angedeutet, dass er eine entsprechende Verordnung erlassen wird, so dass die Berliner Mieter in den Genuss der Regelung kommen dürften.
6. Auch zum sogenannten Wärmecontracting wurden neue Regelungen getroffen. Welche sind das?
Beim Wärmecontracting schließt der Vermieter mit einem gewerblichen Wärmelieferanten einen Vertrag und verpflichtet ihn, die Wärmeversorgung des Hauses und die Wartung der Heizanlage zu übernehmen. Dies führt oft zu höheren Heizkosten für den Mieter, da der Wärmelieferant neben den herkömmlichen Heizkosten auch Zinsen, Abschreibung, Rücklagen und Gewinne einkalkulieren darf. Stellt der Vermieter zukünftig die gewerbliche Wärmelieferung um, muss der Mieter die dadurch entstandenen Kosten nur zahlen, wenn die Wärmelieferung energieeffizienter ist und die Kosten der Wärmelieferung die bisherigen Kosten für Heizung und Warmwasser nicht übersteigen („Betriebskostenneutralität“). Allerdings profitieren nur die Mieter von der Regelung, bei denen zukünftig eine Umstellung auf gewerbliche Wärmelieferung erfolgt. Für die Vergangenheit gelten die Regelungen nicht.
7. Was hat es mit dem neuen Kündigungsschutz von Mietern gegen Gesellschafter einer GbR („Gesellschaft bürgerlichen Rechts“) nach Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung auf sich?
Der Kündigungsschutz an sich ist nicht neu, er wurde nur auf Gesellschafter einer GbR erweitert. Schon vorher galt: Wird eine Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft, kann der neue Eigentümer den Mietvertrag für drei Jahre nicht wegen Eigenbedarfs oder Hinderung an einer wirtschaftlichen Verwertung kündigen. Die Frist von drei Jahren kann per Rechtsverordnung durch die Länder verlängert werden, wie in Berlin für einige Bezirke geschehen. Dieser Mieterschutz wurde nun dahingehend erweitert, dass – anders als früher – auch die einzelnen Gesellschafter einer GbR innerhalb der Kündigungssperrfrist keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder Hinderung an wirtschaftlicher Verwertung aussprechen können.
8. Trifft es zu, dass ein neuer Kündigungsgrund eingeführt wird, wenn der Mieter seine Kaution nicht bezahlt?
Eigentlich ist hier nichts Neues geregelt worden, sondern nur eine Klarstellung erfolgt. Auch vor der Mietrechtsänderung konnte die Nichtzahlung der Kaution zur ordentlichen oder auch zur fristlosen Kündigung führen. Nun ist die Nichtzahlung der Kaution ausdrücklich in den Katalog der Gründe für eine fristlose Kündigung aufgenommen worden. Außerdem verdeutlicht die Gesetzesänderung, dass die Kaution zwar in drei Raten gezahlt werden kann, diese Raten jedoch an drei aufeinander folgenden Monaten, gerechnet ab Mietbeginn, geschuldet sind.
9. Ist es tatsächlich so, dass Mieter jetzt schneller geräumt werden können als früher?
Es gibt zwei wesentliche Änderungen. Ausgangslage ist immer eine anhängige Räumungsklage des Vermieters wegen Zahlungsverzugs des Mieters. Der Vermieter kann dann beantragen, dass der Mieter Sicherheit leistet für die Mieten, die bis zur gerichtlichen Klärung anfallen. Zahlt der Mieter nicht, kann er per einstweiliger Verfügung zur Räumung der Wohnung gezwungen werden, und das, obwohl im Hauptverfahren noch gar nicht abschließend über die eigentliche Räumungsklage entschieden ist. Erfahrungsgemäß wird der einmal geräumte Mieter nicht mehr zurück in die Wohnung kommen, selbst wenn das Hauptsacheverfahren die Räumungsklage abweist und entscheidet, dass der Mieter die Wohnung eigentlich gar nicht hätte räumen müssen.
10. Und was passiert bei einer solchen Räumung, wenn der Mieter gar nicht mehr da ist und die Wohnung einem Dritten überlassen hat?
Wenn der Gerichtsvollzieher mit einem Vollstreckungstitel die Räumung gegen den Mieter durchführen soll, aber in der Wohnung nicht den Mieter antrifft, sondern eine andere Person, die weder im Mietvertrag noch im Vollstreckungstitel erwähnt ist, kann der Vermieter per einstweiliger Verfügung einen Titel gegen diese andere Person erwirken. Er muss also nicht noch einmal den gesamten Räumungsprozess anstrengen und ein Räumungsurteil („Vollstreckungstitel“) gegen die dritte Person erwirken.
Wibke Werner
MieterMagazin 3/13
Wo hört die Reparatur auf und wo fängt die energetische Sanierung an? Die Mietrechtsänderung wird für neue Streitfälle sorgen
Foto: Christian Muhrbeck
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05.02.2018