Beim Neubau von Wohnungen sollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften die Bürger stärker an der Planung beteiligen. Dazu haben die sechs Unternehmen zusammen mit dem Senat und der „Humboldt-Viadrina Governance Platform“ unter der Leitung der Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan Leitlinien entwickelt.
Nach den neuen Leitlinien soll die Öffentlichkeit über jedes Bauvorhaben der landeseigenen Gesellschaften frühzeitig informiert werden. Je nach Größe und Konfliktträchtigkeit eines Projekts wird dann nachvollziehbar die Stufe der Beteiligung festgelegt: „Konsultation“ etwa in Form einer Bürgerversammlung, „Mitgestaltung“ an einem Runden Tisch oder in einem Werkstattverfahren und „Mitentscheidung“ beispielsweise durch ein Bürgervotum. Dabei müssen auch verschiedene Bebauungsvarianten zur Debatte stehen. Das neue Verfahren soll nach einem Jahr ausgewertet werden und bei Bedarf soll es Verbesserungen geben.
Ganz freiwillig verpflichten sich die Gesellschaften nicht auf die Bürgerbeteiligung. Noch im September hatten sie sich in einem Brief an Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher über Neubauhindernisse beschwert, unter anderem auch über die vermeintlich ausufernde Bürgerbeteiligung.
„Kritiker setzen Partizipation häufig mit Verzögerung gleich. Dabei ist es genau umgekehrt“, meint Katrin Lompscher. „Wenn wir bei den Berlinern Akzeptanz für die großen Neubauvorhaben der kommenden Jahre erreichen wollen, müssen wir sie frühzeitig einbeziehen.“
Der Berliner Mieterverein begrüßt die Leitlinien. „Wir sind der festen Überzeugung, dass mit der Beteiligung Neubauvorhaben auch besser werden können“, erklärt Geschäftsführer Reiner Wild. „Geringfügige Zeitverzögerungen müssen hingenommen werden, denn die bebaute Umwelt begleitet uns Jahrzehnte.“ Wünschenswert wäre es, wenn auch die private Wohnungswirtschaft zu mehr Bürgerbeteiligung verpflichtet würde.
Jens Sethmann
14.02.2020