Jeder vierte Mieterhaushalt zahlt zu viel für die Erfassung des Heiz- und Warmwasserverbrauchs. Der Ablesemarkt wird von wenigen großen Firmen beherrscht, obwohl es günstigere Alternativen gibt. Allerdings haben Eigentümer:innen meist kein Interesse, den Anbieter zu wechseln.
Das Bundeskartellamt hat schon 2017 den Ablesemarkt untersucht und ein Oligopol, also eine marktbeherrschende Stellung weniger Firmen, festgestellt. Die beiden Marktführer Ista und Techem beherrschen zusammen über 50 Prozent des Marktes, gemeinsam mit Brunata, Minol und Kalorimeta sogar mehr als 70 Prozent.
Auch wenn kein Kartell mit illegalen Preisabsprachen vorliegt, erschweren die Firmen den Wettbewerb. „Ein Anbieterwechsel ist regelmäßig mit hohen Kosten verbunden und durch lange Vertragslaufzeiten und technische Hürden zusätzlich erschwert“, moniert der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. So betragen die Eichfristen bei Kaltwasserzählern sechs Jahre und bei Warmwasserzählern fünf Jahre. Ein Anbieterwechsel mit verlustfreiem Austausch beider Zähler ist so nur alle 30 Jahre möglich.
Vermieter haben kein Interesse an günstigerem Anbieter
Mundt wies auch auf die fehlende Preissensibilität hin: „Es ist ein Grundproblem, dass die Kosten für das Ablesen in der Regel vom Mieter getragen werden, die Auswahl und die Beauftragung des Ablesedienstes hingegen der Vermieter trifft.“ In Deutschland sind rund 200 Firmen am Markt. Doch Vermieter:innen haben schlicht kein Interesse, einen günstigeren Ablesedienst zu suchen, weil ohnehin die Mieter:innen alles bezahlen.
Das Bundeskartellamt hatte deshalb 2017 empfohlen, die Eichfristen gesetzlich zu vereinheitlichen und Zähler zu verwenden, die auch für andere Firmen ablesbar sind. Außerdem solle man prüfen, ob die Verbrauchserfassungskosten nicht von der Vermieterseite zu tragen seien. Der Berliner Mieterverein (BMV) fordert dies seit Längerem.
Nach der geänderten Heizkostenverordnung müssen bis Ende 2026 alle Erfassungsgeräte fernablesbar sein. Sie müssen zudem interoperabel sein. Das bedeutet, dass das Ablesesystem in einem Haus auch bei einem Anbieterwechsel weitergenutzt werden kann.
Wechselwillige Hausverwaltungen berichten, dass sie die großen Ablesefirmen beim Versuch eines Bluffs ertappten: sie drohten den sofortigen Ausbau ihrer Geräte an – was sie dann aber nicht in die Tat umgesetzt haben.
Obwohl die Funkablesung gegenüber der Ablesung an jedem Heizkörper der Wohnung viel weniger Personal erfordert, sind die Ablesekosten nicht gesunken. Die Verbrauchserfassungs-Dienstleister haben ihr Geschäftsfeld zudem auf Rauchwarnmelder ausgeweitet. Inzwischen sind Ista und Techem für Milliardensummen an chinesische beziehungsweise schweizerische Investoren verkauft worden.
Jens Sethmann
Ein Viertel der Mieter:innen zahlt zuviel
Wenn die Kosten der Verbrauchserfassung mehr als 15 Prozent der eigentlichen Heizkosten ausmachen, sind sie eindeutig zu hoch. In den Abrechnungen sind sie oft als „Kosten Geräte Heizung“ oder „Zusatzkosten Warmwasser“ verklausuliert. Die Kosten der Verbrauchserfassung sind häufig zu hoch und verstoßen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. „Mehrkosten, die nicht in Relation zum Nutzen stehen, dürfen Vermieter:innen nicht umlegen“, sagt BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels. Nach einer Erhebung des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes von 2019 zahlen 26 Prozent der Haushalte mehr als 15 Prozent ihrer Heizkosten an die Ablesefirmen, weitere 26 Prozent auch schon grenzwertige 10 bis 15 Prozent.
js
25.02.2024