Kein Platz im Hinterhof und das Treppenhaus ist auch zu klein: Das Abstellen von Fahrrädern ist nicht immer einfach zu bewerkstelligen. Wer sein Rad täglich nutzt, hat häufig ein Problem. Denn nach wie vor sind vernünftige Fahrradabstellplätze auf Berliner Wohngrundstücken nicht in ausreichender Zahl vorhanden. Und einen Rechtsanspruch auf einen Stellplatz hat der Mieter schon gar nicht.
Die neuen Bedürfnisse nach alternativer Mobilität erfordern ein Umdenken. „Fast die Hälfte aller zurückgelegten Wege in Berlin sind nicht länger als fünf Kilometer – das sichere und bequeme Abstellen des Fahrrades auf dem Wohngrundstück trägt maßgeblich dazu bei, dass das Fahrrad regelmäßig genutzt wird“, sagt Sarah Stark, Berliner Landesvorsitzende des „Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs“ (ADFC).
Maßgeschneiderte Lösungen
„Wir suchen immer nach Möglichkeiten, Abstellanlagen zu errichten“, sagt Thomas Gilges-Klemt, der beim Wohnungsunternehmen Gewobag als Landschaftsplaner tätig ist. Der Trend gehe zu Abstellanlagen auf Grundstücksfreiflächen. Doch was sich dort findet, ist häufig nicht auf der Höhe der Zeit. In der Paul-Hertz-Siedlung in Charlottenburg-Wilmersdorf bestehen noch viele Abstellanlagen aus sogenannten „Felgenkillern“: Das Fahrrad wird mit dem Vorderrad eingestellt und damit an der empfindlichsten Stelle fixiert – die Folge ist, dass die Felge schnell verbiegt und das Vorderrad neu eingespeicht werden muss. Doch gibt es in der Sied-lung auch Fahrradkeller und fest im Boden verankerte Bügel vor den Haustüren – das ermöglicht das Parken des Zweirades, ohne Schäden befürchten zu müssen.
Auf Fahrrad fahrende Mieter ist die Wohnungsgenossenschaft „Märkische Scholle“ gut eingestellt. Durch Begehung der Außenanlagen wird regelmäßig der Bedarf an Fahrradabstellplätzen ermittelt. Auf den Grundstücken entstehen Lösungen, die sich gut einfügen, zum Beispiel eine Abstellmöglichkeit vor einer Haustür, die mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer kombiniert ist. Für die Errichtung neuer Plätze und die Wartung der alten Plätze ist ein festes jährliches Budget vorhanden. Errichtet werden überdachte Anlagen, Einstellplätze und Fahrradboxen. Die Fahrradboxen – im Prinzip Minigaragen für Fahrräder – können für 90 Euro pro Jahr gemietet werden und bieten Platz für mindestens zwei Fahrräder. Für die Wohnungsgenossenschaft, die vor allem in den Bezirken Reinickendorf, Tempelhof und Lichterfelde Wohnungsbestände hat, ist das Bereitstellen von vernünftigen Fahrradparkmöglichkeiten ein wichtiger Bestandteil attraktiven Wohnens. „Wir möchten aber möglichst vielen Mietern künftig auch kostenlose Abstellmöglichkeiten zur Verfügung stellen“, so Sven Starl-Syring von der Genossenschaft. Etwa jeder fünfte Haushalt der „Märkischen Scholle“ hat die Möglichkeit, seine Fahrräder im Fahrradständer oder in einem Fahrradkeller abzustellen. In diesem Jahr werden weitere überdachte Abstellmöglichkeiten errichtet.
Die Auswahl an Abstellanlagen ist mittlerweile groß und die Möglichkeiten vielfältig. Der ADFC testet diese auf ihre Gebrauchstauglichkeit und ihre Sicherheit. Allgemein zu beachten ist, dass ein Fahrrad ausreichend Platz hat. Standardfahrräder haben eine Breite von 60 bis 70 Zentimeter, eine Länge von etwa 1,90 Meter und sind rund einen Meter hoch. Bei abwechselnd hoher und tiefer Einstellung der Räder an einer Abstellvorrichtung liegt der Platzbedarf in der Breite bei 50 Zentimeter, stellt man die Räder in gleicher Höhe nebeneinander, so braucht es pro Rad 70 Zentimeter. Ihre Gebrauchstauglichkeit beweisen Abstellanlagen freilich erst dann, wenn auch Fahrräder mit breiteren Reifen und ungewöhnlichen Rahmenformen Platz finden. Es gibt immer mehr spezielle Konstruktionen – Lastenräder oder Fahrräder mit integriertem Kinderanhänger. Hier ist der Platzbedarf größer.
Guter, alter Fahrradkeller
Eine sichere und praktische Sache ist ein Fahrradkeller im Haus. Dort stehen die Fahrräder trocken und meist gut vor Diebstahl geschützt. Grundsätzlich sollten die Abstellplätze möglichst nicht weit weg vom Hauseingang liegen, da sie sonst von den Radfahrern nicht angenommen und die Fahrräder dann doch „wild“ geparkt werden. Ein Zugang über eine Treppe ist nicht geeignet, es sei denn, es befindet sich eine Schieberampe an ihrem Rand.
Auch wenn die Fahrräder im Freien stehen müssen und nicht gegen die Witterung geschützt sind, gibt es gute Lösungen – zumindest als Schutz gegen Diebstahl. Fahrradständer vom Typ „Kreuzberger Bügel“ etwa werden in den Boden eingelassen. Zwei Fahrräder können so am Rahmen angeschlossen werden. Die U-förmige Stahlkonstruktion ist so lang wie das Fahrrad und häufig noch mit einer Querstrebe versehen. So ist immer ein Anschließen des Fahrrades am Rahmen möglich. Bügel und Aufstellung kosten pro Stellplatz etwa 70 Euro. „Wir stellen fest, dass mittlerweile mehr Qualität gefordert wird: Wenn Abstellanlagen vorhanden sind, das Fahrrad aber nicht optimal eingestellt werden kann, werden sie nicht angenommen“, sagt André Gläser, der Technik-Referent des ADFC-Bundesverbandes.
Für Neubauten sieht die Berliner Bauordnung vor, dass pro Wohnung zwei Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zu schaffen sind. Doch die Bauordnung hat ihre Tücken: Die Qualität der Anlagen ist nicht vorgeschrieben. Wird keinerlei Möglichkeit geschaffen, das Fahrrad einzustellen, muss ein Ablösebetrag entrichtet werden: 550 Euro pro gefordertem Abstellplatz innerhalb des S-Bahn-Rings und 250 Euro außerhalb. „Das Problem ist aber, dass im vorhandenen Gebäudebestand keine baulichen Nachforderungen möglich sind“, sagt Thomas Nagel vom Büro „Spath + Nagel“. „Auch bei der Planung von Neubauten kommen Abstellplätze für Fahrräder oft zu kurz: Einem Architekten einen Abstellraum für Fahrräder schmackhaft zu machen, ist nach wie vor schwierig“, sagt Nagel.
Michaela Müller
Schrotträder darf der Vermieter entsorgen
Es kommt vor, dass Hausverwaltungen unberechtigt abgestellte Fahrräder entsorgen, um Platz zu schaffen. Der Mieter findet dann eine Benachrichtigung im Postkasten – etwa mitsamt einem Kabelbinder und der Bitte, das Fahrrad damit zu kennzeichnen. Wird der Aufforderung nicht nachgekommen, werden nicht mehr fahrbereite Räder entsorgt. „Wenn die Frist lang genug war, um das Fahrrad als sein Eigentum zu kennzeichnen – etwa fünf Wochen -, ist das erlaubt“, so Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein. Die Fahrräder können dann im Rahmen einer Sperrmüllentsorgung entfernt werden. Ist die Frist kürzer, kann der Vermieter die Fahrräder auch für eine Übergangszeit einlagern, damit der Eigentümer die Möglichkeit hat, sein Fahrrad zurückzufordern.
mm
MieterMagazin 4/10
Der Normalfall: Die Räder stehen im Hinterhof und sind der Witterung ausgeliefert
Foto: Udo Hildenstab
Passabel: Fahrradständer …
… und Bügel in Hauseingangsnähe –
aber Vorsicht vor dem Felgenkill-Effekt
Besser: Abstellanlage im Haus …
… oder in abschließbaren Mietboxen
Fotos: Sven Stark-Syring
Zum Thema
Kein Recht auf einen Stellplatz
Der Mieter darf sein Fahrrad auf dem Balkon abstellen. Im Flur oder im Treppenhaus darf es nur dann geparkt werden, wenn niemand behindert wird. Zwar darf ein Kinderwagen oder ein Rollstuhl im Hausflur stehen, der Fahrradfahrer hat jedoch keinen Rechtsanspruch darauf, sein Fahrrad dort unterzubringen (Bundesgerichtshof, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2007, Seite 29).
Ein Rechtsanspruch auf einen Fahrradabstellplatz besteht generell nicht. Doch das Amtsgericht Menden entschied im März 2007, dass eine Mietminderung in Höhe von 2,5 Prozent wegen Entzugs des Fahrradkellers gerechtfertigt sei. Der Mieterin war zuvor die Benutzung zugesagt worden (Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2007, Seite 190).
mm
06.06.2018